Knüpft die Formulierung eines Versicherers in den AKB 2015 an den Tatbestand der Unfallflucht an, lässt dies für einen verständigen Versicherungsnehmer den Schluss zu, dass sich seine versicherungsrechtlichen Obliegenheiten mit den an ihn gestellten strafrechtlichen Verhaltensanforderungen nach § 142 Abs. 1 StGB decken und ihm versicherungsrechtlich keine weitergehenden Pflichten auferlegt werden. Dies hat das Landgericht Kassel entschieden.
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Die bloße Mitteilung, dass ein Anspruch anerkannt beziehungsweise erfüllt werde, reicht nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg für die Annahme einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung nicht aus.
Freiwillige Beiträge sind wirksam, wenn sie bis zum 31.03. des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden. Für davorliegende Zeiträume können freiwillige Beiträge nur unter den engen Voraussetzungen des § 197 Abs. 3 SGB VI wirksam entrichtet werden. Dies setzt laut LSG Hessen nicht nur den Nachweis einer „besonderen Härte“ voraus, sondern auch die Feststellung, dass der Versicherte an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert war.
Ein Gebrauchmachen i.S.d. § 22 Abs. 2 StVG kann - so das BayObLG - auch vorliegen, wenn ein Anhänger lediglich im öffentlichen Verkehrsraum am Straßenrand abgestellt wird.
Hat ein Mieter einen ihm bei Übergabe einer Mietwohnung übergebenen Wohnungsschlüssel zur Beendigung des Mietvertrages verloren, beschränkt sich laut AG Hamburg-Bergedorf der Anspruch des Vermieters regelmäßig auf die zur Anfertigung eines neuen Schlüsselrohlings erforderlichen Kosten, wenn es sich bei dem in dem betroffenen Mehrfamiliensystem verbauten Schließsystem um eine nicht sicherheitsrelevantes Schließanlage handelt, die den Anforderungen der DIN 18252 nicht entspricht.
Widerruft jeder Miterbe einzeln und für seine Person eine vom Erblasser erteilte transmortale Vollmacht, so löst dies laut OLG Köln kein Fürsorgebedürfnis zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft aus, weil der Bevollmächtigte trotzdem unter Zustimmung der weiteren Beteiligten dringende Handlungen vornehmen kann. Der Widerruf hat also nicht zur Folge, dass der Bevollmächtigte schlechthin handlungsunfähig wird, sondern führt dazu, dass er für den Nachlass nur noch zusammen mit den widerrufenden Miterben handeln kann.
Bei einem einseitigen Erinnerungsverfahren (hier: Erinnerung gegen das Vorgehen eines Gerichtsvollziehers) ergeht nach dem Amtsgericht Aalen keine Kostentscheidung.
Für eine andere als die eigentliche Tätigkeit – z.B. für das Umkleiden – kann, so das BAG, durch Arbeits- oder Tarifvertrag eine gesonderte Vergütungsregelung getroffen bzw. eine gesonderte Vergütung in den Grenzen des MiLoG gänzlich ausgeschlossen werden. Gleiches könne durch eine Betriebsvereinbarung geschehen, sofern die Binnenschranken der Betriebsverfassung beachtet werden.
Einem Insolvenzverwalter ist grobe Fahrlässigkeit anzulasten, wenn er einem sich aufdrängenden Verdacht nicht nachgeht oder auf der Hand liegende, erfolgversprechende Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt oder sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühen und Kosten beschaffen könnte. Solche Anhaltspunkte lösen nach einem Urteil des OLG Brandenburg eine Ermittlungsobliegenheit aus, die ihn sonst nicht trifft.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens abzustellen, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist – auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung. Dies hat der BGH entschieden.
Anspruch auf Transfer-Kurzarbeitergeld besteht nach Ansicht des Sozialgerichts München nur, soweit der dauerhafte Arbeitsausfall Folge einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG ist.
Die Approbation eines Arztes ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BÄO zu widerrufen, wenn nachträglich die Voraussetzung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO weggefallen ist. Das ist der Fall, wenn eine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit des Arztes zur weiteren Ausübung des Berufs gegeben ist. Unzuverlässig ist nach einer Entscheidung des Bay. VGH, wer aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür bietet, dass er in Zukunft seinen Beruf als Arzt ordnungsgemäß ausüben wird.
Die Stiefkinder der eigenen Abkömmlinge sind nicht vom Schutzbereich des § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Die formularvertraglich vereinbarte Betriebs- und Offenhaltungspflicht des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum stellt nach einem Urteil des BGH auch im Zusammenspiel mit fehlendem Konkurrenzschutz keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn sie mit keiner hinreichend konkreten Sortimentsbindung verbunden ist.
Erneut hat der BGH zur Zumutbarkeit der Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zur Übermittlung der Berufungsbegründung an das Berufungsgericht (in der Zeit bis zum Eintritt der aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte ab dem 1.1.2022), wenn am Abend des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist eine Übermittlung per Telefax aus von der Prozessbevollmächtigten des Berufungsklägers nicht zu vertretenden Gründen – hier: Defekt des gerichtlichen Empfangsgerätes – scheitert, entschieden.
Der Personalrat hat ein Mitbestimmungsrecht auch in Bezug auf solche Personalfragebögen, deren Nutzung den Betroffenen freigestellt ist. Dies gilt - so das BVerwG - jedenfalls, wenn die Nutzer mit der Beantwortung des Personalfragebogens eigene Interessen verfolgen und sich zur Vermeidung von Nachteilen womöglich gezwungen fühlen, die erbetenen Angaben zu machen (z.B. im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens).
Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren besteht laut VG Berlin nicht, wenn ein Bescheid offenkundig von falschen Tatsachen ausgeht, der Adressat die Unrichtigkeit aber selbst ohne Weiteres durch Hinweis auf die wirkliche Sachlage ausräumen kann (hier: Untersagung der Gewerbe-Fortführung in fehlerhafter Annahme der Behörde, frühere Gewerbeuntersagung – die auf Antrag des Adressaten im Rahmen eines Wiedergestattungsverfahrens aufgehoben wurde – bestehe fort).
Erklärt der Gläubiger seinen Insolvenzantrag nach Erfüllung der Antragsforderung einseitig für erledigt, kann nach Ansicht des BGH seine Kostentragungspflicht nicht damit begründet werden, dass der Insolvenzantrag trotz der Erfüllung weiterhin zulässig ist.
Nach Erteilung der Restschuldbefreiung ist nach Ansicht des LSG Thüringen eine Aufrechnung/Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I grundsätzlich nicht mehr möglich. Von der Restschuldbefreiung erfasst werden neben privatrechtlichen Ansprüchen öffentlich-rechtliche Ansprüche, wie Steuerforderungen, öffentliche Abgaben oder Sozialversicherungsbeiträge; nur die in § 302 InsO abschließend aufgezählten Verbindlichkeiten werden nicht von der Restschuldbefreiung erfasst.
Eine angemessene Verfahrensdauer ist laut EGMR anhand der Umstände des Einzelfalles und unter Berücksichtigung folgender Kriterien zu beurteilen: Komplexität des Falles, Verhalten der Verfahrensbeteiligten sowie Bedeutung des Falles für den Beschwerdeführer. In den hier vorliegenden Fällen hat der Gerichtshof keine Anhaltspunkte erkennen können, die die Gesamtdauer der Verfahren auf nationaler Ebene rechtfertigen. Somit hielten die Strafverfahren übermäßig lange an und entsprachen dem Erfordernis einer "angemessenen Verfahrensdauer" nicht.
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