Aus der NJW
Erosion der Gewaltenteilung

In der täglichen Praxis der Strafjustiz beschleicht einen häufig ein Störgefühl: Wenn in einer Hauptverhandlung ein Richter in der Kammer sitzt, der noch vor Kurzem in der Abteilung des Anklageverfassers als Staatsanwalt tätig war. Oder wenn in dem für die Haftkontrolle zuständigen Senat des OLG ein Richter zur Entscheidung berufen ist, der in seiner Laufbahn ebenfalls eng verwobene Schnittstellen mit dem Anklagevertreter aufweist. Nicht minder anachronistisch und neuralgisch ist das ministerielle Weisungsrecht.

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NJW-Editorial
(A)soziale Medien

Mehr als 65 Millionen Menschen in Deutschland nutzen soziale Medien – als Nachrichtenquelle, zur Selbstdarstellung und oft genug als Freifahrtschein für all das, was sie auf offener Straße nicht zu sagen wagen. Die Reichweite manches Posts übertrifft selbst die der auflagenstärksten Zeitungen um ein Vielfaches. Wer heute diskutiert, demonstriert oder diffamiert, der tut es online. Wahlen werden heute (auch) auf Social Media gewonnen. 

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NJW-Editorial
Probier’s nicht mit Gemächlichkeit

Aus Karlsruhe kommt ein mahnendes Wort an eine allzu gemächliche Kammer des Landgerichts Hamburg. Dort hatte man sich viel Zeit mit der Begründung eines Urteils gelassen, das im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen war. Das BVerfG erinnerte daran, dass § 315 II 3 ZPO verlangt, dass die Entscheidungsgründe nach einem Stuhlurteil „alsbald“ abgesetzt werden.

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NJW-Editorial
Richtschnur für Kanzleiaustritt

Bei der Auflösung eines Beratungsvertrags mit Rechtsanwälten gilt seit jeher das Interesse des Mandanten vorrangig vor jenen seiner Anwälte (§ 627 BGB). Deren Innenverhältnis regelt § 32 BORA, der jetzt neu gefasst worden ist. Die geänderte Vorschrift beschreibt die einzelnen Maßnahmen – jetzt auch einschließlich der Abgrenzung der Honorare – ausführlicher als bisher und bezieht dabei die neuen Medien mit ein (bisher drei, jetzt acht Absätze).

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NJW-Editorial
Vorliegend liegt ein Editorial vor

Juristinnen und Juristen gelten gemeinhin nicht als Sprachkünstler. Sie bilden oft Bandwurmsätze, verwenden zu viele Passivkonstruktionen und zu viel Konjunktiv (dazu Gappa JuS 2024, 297). Auch das Verb ist ihnen fremd. So entstehen herrliche Substantivierungen wie „Geltendmachung“ (BGH ZIP 2025, 761, Ls.), gerne noch gesteigert zum „Geltendmachungsbeschluss“ (BGH NZG 2025, 117 [Ls. 1], für BGHZ vorgesehen). 

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NJW-Editorial
Effizienz über alles?

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD gibt sich investitions- und bürgernah. Zur Verkürzung der Verfahrensdauer sollen – offenbar in allen Verfahrensordnungen – der Zugang zur zweiten Tatsacheninstanz begrenzt sowie weitere richterliche Befugnisse zur Verfahrensstraffung und -strukturierung geschaffen werden.

 

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Karlsruher Konklave

Jüngst stieg in Karlsruhe weißer Rauch auf. Nicht am Schlossplatz, wo das BVerfG weiterhin auf einen Nachfolger für Josef Christ wartet, sondern 800 Meter weiter südlich in der Herrenstraße beim Bundesgerichtshof. Elf neue Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte beim BGH waren gefunden.

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NJW-Editorial
Handlungsfähige Gerichte

Die viel beachtete Initiative für einen handlungsfähigen Staat adressiert zutreffend, gleichzeitig lösungsorientiert Defizite staatlichen Handelns. Wenn sie dabei auch robustere Mandate für die Verwaltung und den Verwaltungsvollzug fordert, muss die Dritte Gewalt mitgedacht werden.

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NJW-Editorial
IFG abschaffen! Transparenz schaffen!

Diese Nachricht hat die volle Aufmerksamkeit erst durch die Heftigkeit ihrer reflexhaften Reaktionen erhalten: Die CDU/CSU wolle, so lasse sich den geleakten (!) Arbeitspapieren der Koalitionsverhandlungen entnehmen, das IFG (Informationsfreiheitsgesetz) abschaffen.

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NJW-Editorial
Wert der Anwaltschaft

Der Berg kreißte und gebar ein Mäuschen. Seit dem 21.3.​2025 ist es amtlich: Die Gebührenerhöhung für Anwälte ist beschlossen. Das ursprüngliche KostRÄG 2025 ist nach Scheitern der Ampel dann doch noch aus der Mitte des Bundestags ins Parlament eingebracht worden. Verbunden wurde es mit dem Gesetz zur Regelung der Vergütung für Betreuer und Vormünder. 

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NJW-Editorial
Rückkehr richterlicher Zurückhaltung

„Alt-Bundestag I–X“: Mit zehn Beschlüssen binnen vier Tagen erteilte das BVerfG den Versuchen, die Sondersitzungen des 20. Deutschen Bundestags am 13. und 18.3.​2025 zu verhindern, eine klare Absage. Auf der Tagesordnung stand nicht weniger als die Änderung des Grundgesetzes mit dem Ziel, den finanziellen Handlungsspielraum des neugewählten 21. Bundestags auf den buchstäblich letzten Metern doch noch zu erweitern – was der bisherigen Regierung verweigert worden war und wofür es im 21. Bundestag wohl keine notwendige Mehrheit gegeben hätte. 

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Grundlegende Werte und ihr Preis

Seit 80 Jahren stellen das Verbot der militärischen Gewalt, der Schutz der Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker die elementaren Grundlagen der internationalen Friedensordnung dar. Insbesondere in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war dies ganz wesentlich das Verdienst der Vereinigten Staaten von Amerika, deren Verfassung von Anfang an für diese Werte stand. 

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Ist § 1365 BGB (noch) zeitgemäß?

Rechtsgeschäfte über das (nahezu) gesamte Vermögen werden in der Zugewinnehe durch § 1365 BGB rigoros vinkuliert, einerlei, ob das Hausgrundstück oder zum Beispiel eine Gesellschaftsbeteiligung betroffen ist. 

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„Entnahmt Ihr was der Worte Schwall?“

„Überlang“ – dieses Verdikt kennt das geltende Prozessrecht nur als plakative Überschrift (17. Titel des GVG) für eine „unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens“ (§ 198 I 1 GVG). Als „überlang“ kann aber auch der verschriftlichte Richterspruch am Ende eines Gerichtsverfahrens empfunden werden.

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Kurswechsel im Digitalrecht

Die neue EU-Kommission hat mit ihrem Arbeitsprogramm 2025 einen Kurswechsel in der Digitalpolitik eingeleitet. Statt neuer Rechtsakte zur Digitalisierung stehen Vereinfachung und Evaluierung auf der Agenda. Mit der KI-Haftungsrichtlinie und der ePrivacy-Verordnung wurden gleichzeitig zentrale Regulierungsvorhaben der letzten Jahre aufgegeben. 

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Zustellungsrecht der Zukunft

Eine Effizienzsteigerung des Zivilprozesses ist überfällig. In Berlin scheut man Änderungen in der ZPO aber wie der Teufel das Weihwasser. Jetzt haben eine vom Bundesjustizministerium eingesetzte Kommission und eine Arbeitsgruppe von Gerichtspräsidentinnen und -präsidenten ihre Ansätze für den „Zivilprozess der Zukunft“ veröffentlicht.

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Alte und neue „Todsünden“

Die Straßenverkehrsgefährdung beschäftigt Justiz und Verteidigung vor allem in Gestalt nicht folgenlos gebliebener Fahrten unter dem Einfluss betäubender Substanzen (§ 315c I Nr. 1 StGB). Zuweilen geht es auch um die dort in Nr. 2 erfassten „sieben Todsünden im Straßenverkehr“, die im Arbeitskreis IV des gerade beendeten Verkehrsgerichtstags auf den Prüfstand gestellt wurden. 

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Gesellschafterdarlehensrecht am Ende?

Die EuGH-Vorlage des IX. Zivilsenats vom 16.1.​2025 (IX ZR 229/23, BeckRS 2025, 486) birgt enorme Sprengkraft. Die Antwort des EuGH könnte dem deutschen Recht der Gesellschafterdarlehen (§§ 39 I 1 Nr. 5, 44a, 135 InsO) den Garaus machen.

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Resozialisierung ist Opferschutz

Die Bun­des­län­der müs­sen spa­ren, die Kas­sen sind nur knapp ge­füllt, und das gilt auch für die Jus­tiz­haus­hal­te. Sieht man sich die Haus­halts­plä­ne für die je­wei­li­gen Jus­tiz­res­sorts der ein­zel­nen Län­der an, sind gra­vie­ren­de Un­ter­schie­de fest­zu­stel­len. Für 2025 geben Län­der wie Bre­men oder Ber­lin (inkl. Ver­brau­cher­schutz) pro Kopf ca. 235 EUR bzw. 231 EUR pro Jahr für die Jus­tiz aus, wäh­rend an­de­re Bun­des­län­der deut­lich spen­da­bler sind: Nie­der­sach­sen ca. 480 EUR, Ham­burg (inkl. Ver­brau­cher­schutz) knapp 600 EUR pro Kopf pro Jahr. Das sind schon ganz er­heb­li­che Un­ter­schie­de.

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(Kein) Schutz für Unternehmen

Der strafprozessuale Schutz von Unternehmen in (drohenden) strafrechtlichen Ermittlungen beschäftigt die Gerichte seit Jahren. Nach der Entscheidung des BVerfG im Verfahren der Kanzlei Jones Day (NJW 2018, 2385) hat sich nun der EGMR (BeckRS 2024, 32743) mit dieser Frage auseinandergesetzt. Ein Widerspruch blieb aus: Das Anwaltsgeheimnis ist weiterhin nicht absolut geschützt.

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