„Damit man die Macht nicht missbrauchen kann, muss durch die Anordnung der Dinge bewirkt werden, dass die Macht die Macht aufhält.“ (Montesquieu, Vom Geist der Gesetze, 1748). Diese fundamentale Einsicht bildet den Kern eines funktionierenden Rechtsstaats. Doch in der täglichen Praxis der Strafjustiz beschleicht einen häufig ein Störgefühl: Wenn in einer Hauptverhandlung ein Richter in der Kammer sitzt, der noch vor Kurzem in der Abteilung des Anklageverfassers als Staatsanwalt tätig war. Oder wenn in dem für die Haftkontrolle zuständigen Senat des OLG ein Richter zur Entscheidung berufen ist, der in seiner Laufbahn ebenfalls eng verwobene Schnittstellen mit dem Anklagevertreter aufweist. Alles für sich genommen – gerade in den süddeutschen Bundesländern – nicht ungewöhnlich und wohl auch nicht unzulässig. Aber man spürt häufig, dass hier eingespielte Mechanismen greifen, ein intransparentes System, das man nur schwer fassen und schon gar nicht kontrollieren kann. Laufbahnen von Richtern und Staatsanwälten sollten deshalb strenger getrennt werden, um die Unabhängigkeit auf beiden Seiten zu stärken. Laufbahnwechsel sind nicht nur anachronistisch, sondern auch überflüssig. Die Gewaltenteilung ist ein so hohes Gut, dass schon der bloße Anschein einer Erosion vermieden werden muss.
Nicht minder anachronistisch und neuralgisch ist das ministerielle Weisungsrecht. Solche Weisungen sind zwar nach § 147 GVG möglich, müssen aber weder schriftlich erfolgen noch begründet werden. Auch Voraussetzungen und Grenzen sind bislang nicht geregelt. Dem bösen Anschein, der von dem in § 146 GVG geregelten Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft ausgeht, wollte die alte Bundesregierung mit dessen Neufassung entgegenwirken. Dieses Gesetzesvorhaben fiel indes nicht nur der Diskontinuität des Bundestags zum Opfer, sondern blieb auch inhaltlich hinter den Erwartungen an eine Reform, die diesen Namen verdient, zurück. Vom Strafrechtsausschuss der BRAK wurde zutreffend bemängelt, dass auch nach der geplanten Neuregelung externe Weisungen nicht zur Verfahrensakte genommen werden müssen, womit nicht einmal gewährleistet wird, dass die Verfahrensbeteiligten von der Weisung erfahren, geschweige denn diese nachträglich überprüfen können (Stellungnahme Nr. 39/2024).