Aus der NJW
Renaissance des Mündlichkeitsprinzips?

Der Mündlichkeitsgrundsatz hat im Zivilprozess schon länger einen eher schweren Stand. Praktisch kommt dem schriftsätzlichen Vortrag regelmäßig ein größeres Gewicht zu als den „in freier Rede“ gehaltenen Vorträgen (vgl. § 137 II ZPO). Und wo eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich ist, wird so gut wie ausnahmslos davon Gebrauch gemacht.

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NJW-Editorial
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Abwägung bei der Zulässigkeit von identifizierender Berichterstattung

Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Antragsstellers und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit kommt laut LG Offenburg der Schwere der vorgeworfenen Tat nur im Grundsatz besondere Bedeutung zu. Eine Berichterstattung, insbesondere unter Namensnennung, sei nicht auf Fälle schwerer Kriminalität beschränkt. Die Geringfügigkeit des Tatvorwurfs könne zugleich geeignet sein, die Bedeutung der Persönlichkeitsverletzung zu mindern.

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Urteilsanalyse
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Pfändungsschutz für im Rahmen einer Pensionszusage verpfändete Lebensversicherung

Erhält der Schuldner aus einer Kapitallebensversicherung, die ihm zur Sicherung für Ansprüche aus einer seiner für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erteilten Pensionszusage wirksam verpfändet ist, nach Pfandreife eine Einmalleistung, kann er hierfür Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte geltend machen. Dem steht nach Ansicht des BGH nicht entgegen, dass die Voraussetzungen des besonderen Pfändungsschutzes bei Altersrenten nicht gegeben sind.

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Urteilsanalyse
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Übernahme der SV-Beiträge während KUG auch bei vorläufiger Insolvenz

Nach § 2 Abs. 1 KugV steht die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht im Ermessen der Bundesagentur für Arbeit, so das LSG Bayern. Ein solcher Anspruch kann auch dann gegeben sein, wenn sich das Unternehmen im vorläufigen Insolvenzverfahren befindet. Dem Anspruch auf Erstattung der SV-Beiträge gemäß § 2 Abs. 1 KugV kann danach nicht entgegengehalten werden, dass nach erfolgter Insolvenzanfechtung u.U. ein Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten Sozialversicherungsbeiträge in Betracht kommt.

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Urteilsanalyse
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Unter Massenlast

Die Gerichte sind durch sogenannte Massenverfahren stark belastet. Exemplarisch steht hierfür der Dieselskandal, der auch nach ersten Leitentscheidungen des BGH noch lange nicht abgearbeitet ist. Ebenfalls für eine hohe Auslastung sorgen Fluggastrechteklagen sowie Widerrufe von Versicherungs- und Bankverträgen. Zuletzt hat sich die Justizministerkonferenz mit der Frage befasst, wie die Gerichte hiermit besser umgehen können. Hierzu haben wir den Vorsitzenden Richter am OLG München Dr. Nikolaus Stackmann befragt, dessen Senat mit vielen Massensachverhalten befasst ist.

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Interview
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Keine Vergütung nach dem RVG für einen ehemaligen Rechtsanwalt

Wird ein ehemaliger Rechtsanwalt zum Abwickler seiner eigenen Kanzlei bestellt und wird dieser ehemalige Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit durch den Abwickler vertreten, fällt nach einem Beschluss des LG Lübeck keine anwaltliche Vergütung an, die der Prozessgegner im Unterliegensfall zu erstatten hätte.

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Urteilsanalyse
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Materielle Gerechtigkeit?

Kurz vor Toresschluss hat der 19. Deutsche Bundestag einen, so will es scheinen, elementaren Gesetzesbeschluss gefasst: ein „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“. Wer wäre schon gegen Gerechtigkeit, gar gegen materielle Gerechtigkeit? Bei näherem Hinsehen erweist sich die anspruchsvolle Bezeichnung freilich als ein Fall von schönfärbendem und verschleierndem Sprachgebrauch. Hinter dem Gerechtigkeitspathos verbirgt sich ein Angriff auf den zum Kernbestand liberal-rechtsstaatlicher Strafrechtspflege zählenden, in das römische Recht zurückreichenden, nun in der Tat elementaren Grundsatz des ne bis in idem.

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Kolumne
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Wenn die Richtlinie zur Verordnung wird

Die Datenschutz-Grundverordnung hat die Datenschutz-Richtlinie ersetzt, an die Stelle der ePrivacy-Richtlinie soll die ePrivacy-Verordnung treten: Diese Beispiele illustrieren eine auf verschiedenen Rechtsgebieten anzutreffende Tendenz des europäischen Gesetzgebers, Richtlinien bei einer Reform nicht (nur) inhaltlich zu überarbeiten, sondern die Neuregelungen zugleich in Verordnungsform zu gießen. Dieser Wechsel kann geboten, aber auch problematisch sein.

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NJW-Editorial
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Die Termine der 30. Kalenderwoche

Manche halten die Cum/Ex-Transaktionen für den größten Wirtschaftskrimi in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Bundesgerichtshof klärt nun erstmals, ob die massenhaften Börsendeals, die den Fiskus geschätzte 12 Milliarden Euro gekostet haben sollen, tatsächlich strafbar waren. Außerdem geht es in Karlsruhe um Marketing im Netz durch Influencerinnen. Und vor dem Oberlandesgericht Stuttgart klagen Aktionäre gegen Porsche wegen ihrer Kursverluste durch „Dieselgate“.

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Agenda
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Erforderlichkeit eines Sachverständigengutachtens bei Eigenbedarfskündigung trotz Vorlage ärztlicher Atteste durch den Mieter

Auch wenn ein Mieter seine Behauptung, ihm sei ein Umzug wegen einer bestehenden Erkrankung nicht zuzumuten, unter Vorlage bestätigender ärztlicher Atteste geltend macht, ist im Falle des Bestreitens dieses Vortrags nach Ansicht des BGH regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Besonderen im Fall des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich.

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Urteilsanalyse
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Ausgangskontrolle bei Übersendung mittels beA

Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen nach einem Beschluss des BGH denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a V 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine solche Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war.

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Urteilsanalyse
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Gesetzlicher Mindestlohn für ausländische Betreuungskräfte in Privathaushalten

Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Arbeitsstunden. Dazu gehört - so das BAG - auch Bereitschaftsdienst. Ein solcher kann darin bestehen, dass die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten.

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Urteilsanalyse
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Erörterung der Möglichkeit einer Verwarnung mit Strafvorbehalt in geeigneten Fällen

Immer dann, wenn sich nach dem festgestellten Sachverhalt die Anwendung des § 59 StGB aufdrängt, müssen nach einem Beschluss des OLG Hamm die Urteilsgründe - schon nach den materiellrechtlichen Begründungsanforderungen - ergeben, aus welchem Grunde das Tatgericht den Angeklagten dennoch zu einer Strafe verurteilt und nicht nur verwarnt hat.

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Urteilsanalyse
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Die Termine der 29. Kalenderwoche

Die Politik hat immer neue Gesetze gegen "Hatespeech" erlassen. Nun klärt der Bundesgerichtshof, ob Facebook die Beiträge von zwei Nutzern löschen und ihre Konten vorübergehend sperren durfte. Auch um "Dieselgate" soll es in Karlsruhe wieder gehen. Und was die Bundeskanzlerin zur Wahl in Thüringen gesagt hat, will die AfD vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklären lassen.

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Agenda
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Wie sehr darf man abschreiben?

Eine Völkerrechtlerin schreibt ihr erstes Buch; sie hat wenig Zeit, weil sie für ein politisches Wahlamt kandidiert, also hilft ihr ein Ghostwriter. Trotzdem enthält der Text inhaltliche Ungenauigkeiten insbesondere historischer Art (dazu Zenthöfer, Cicero online v. 1.7. 2021). Die bleiben in übersichtlichen Grenzen und dürften keinen Sachmangel begründen; wenn doch, wird so bald die Erheblichkeitsschwelle des § 323 V 2 BGB noch nicht erreicht sein. Zum Problem werden vielmehr ungekennzeichnete Textparallelen, wie so oft. 

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NJW-Editorial
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Profit-Center

Diesmal bricht die Kolumne „Reflexionen über den Rechtsmarkt“ eine Lanze für die Syndikusrechtsanwälte. Schon bei der Zulassung werden sie von den Kammern und der Deutschen Rentenversicherung kritischer beäugt als ihre zugelassenen Kollegen. Auch im Unternehmen haben sie es im Kulturkampf von Profit- gegen Cost-Center mitunter nicht leicht. Tatsächlich sind Inhousejuristen unverzichtbar, bei Themen wie Digitalisierung und Legal Tech sind sie sogar Vorreiter.

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Kolumne
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Abgeltung von Mehraufwand des Insolvenzverwalters in einem größeren Insolvenzverfahren

In einem größeren Insolvenzverfahren ist der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Insolvenzverwalters nach Ansicht des BGH im Grundsatz bereits dadurch abgegolten, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt.

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Urteilsanalyse
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Ärztliche Aufklärungspflicht über eigene Gesundheitsprobleme

Ein Arzt ist nach einem Urteil des LG Kempten zur Aufklärung über solche in seiner Person liegenden Risiken verpflichtet, die Einfluss auf die sachgerechte Durchführung der ärztlichen Heilbehandlung haben können. Unterlässt er diese gebotene Aufklärung, macht er sich auch dann strafbar, wenn er die Behandlung sachgerecht ausführt.

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Urteilsanalyse
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Zeitgeringfügigkeit von Beschäftigungen

Bei der Einstufung einer Beschäftigung als kurzfristig („zeitgeringfügig“) und damit sozialversicherungsfrei kommt es auf die Verteilung der Arbeitszeit nicht an: Eine an 5 Tagen in der Woche ausgeübte Tätigkeit kann bei Einhaltung der maximalen Zahl an Arbeitstagen kurzfristig sein, auch wenn sie die maximale Zahl an Monaten überschreitet. Die insoweit anders lautenden Geringfügigkeits-Richtlinien sind nach Ansicht des BSG unzutreffend und binden die Gerichte nicht.

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Urteilsanalyse
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Beweislastverteilung bei Schimmelpilzbefall

Ist der Mangel vom Mieter bewiesen, hat der Vermieter den Beweis zu führen, dass der Mangel nicht auf die Bausubstanz zurückzuführen ist. Erst dann muss nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Mitte der Mieter beweisen, dass der Schimmel nicht durch ein vertragswidriges Heiz- und Lüftungsverhalten entstanden ist.

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Urteilsanalyse
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