Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit (Art. 157 AEUV, §§ 3 I, 7 EntgTranspG), begründet nach Ansicht des BAG der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach §§ 10 ff. EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt (Median-Entgelt) der männlichen Vergleichsperson(en), regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.
Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur 24-Stunden-Bereitschaftspflege offenbart einen sozialpolitischen Missstand, für den der Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode eine Lösung finden muss. Es geht dabei um nicht weniger als das Leistungsspektrum, die Finanzierbarkeit und die Fachkräftegewinnung in der Pflege.
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In Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB ist ein Minderjähriger auch dann, wenn er mindestens 14 Jahre alt ist, nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG verfahrensfähig. Für solche Verfahren kann nach einem Beschluss des BGH auch dem mindestens 14 Jahre alten Minderjährigen Verfahrenskostenhilfe nicht auf eigenen Antrag bewilligt werden, weil er mangels Verfahrensfähigkeit keinen wirksamen Verfahrenskostenhilfeantrag stellen kann.
Ein Einkommensrückgang aufgrund Kurzarbeit erklärt in keiner Weise den Einbehalt der vollständigen Miete. Einem noch anteilig zahlungskräftigen Mieter ist nach Ansicht des Landgericht Hanau zuzumuten, jedenfalls anteilig Zahlungen zu leisten.
Ein Prozessbevollmächtigter, der erkennt, eine Rechtsmittelbegründungsfrist nicht einhalten zu können, muss nach der Rechtsprechung des BGH durch einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Fristverlängerung dafür Sorge tragen, dass ein Wiedereinsetzungsgesuch nicht notwendig wird. Dies setzt allerdings voraus, dass die Fristverlängerung rechtlich zulässig und ein Vertrauen auf deren Bewilligung begründet ist.
Es herrscht Ferienzeit: Unsere obersten Bundesgerichte und der EuGH haben für die 31. Kalenderwoche keine Termine angekündigt. Auch wenn der Betrieb hinter den Kulissen sicherlich weitergeht und für allfällige Eilfälle genug Richter in Bereitschaft sind. Ein Grund also, in dieser Rubrik ausnahmsweise nicht nach vorn, sondern zurück zu schauen: Auf die juristische Stolperfallen, die Urlaub und Reisen mit sich bringen können und die Gerichte wieder beschäftigen dürften.
Mehr lesenDer Mündlichkeitsgrundsatz hat im Zivilprozess schon länger einen eher schweren Stand. Praktisch kommt dem schriftsätzlichen Vortrag regelmäßig ein größeres Gewicht zu als den „in freier Rede“ gehaltenen Vorträgen (vgl. § 137 II ZPO). Und wo eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich ist, wird so gut wie ausnahmslos davon Gebrauch gemacht.
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Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Antragsstellers und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit kommt laut LG Offenburg der Schwere der vorgeworfenen Tat nur im Grundsatz besondere Bedeutung zu. Eine Berichterstattung, insbesondere unter Namensnennung, sei nicht auf Fälle schwerer Kriminalität beschränkt. Die Geringfügigkeit des Tatvorwurfs könne zugleich geeignet sein, die Bedeutung der Persönlichkeitsverletzung zu mindern.
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Erhält der Schuldner aus einer Kapitallebensversicherung, die ihm zur Sicherung für Ansprüche aus einer seiner für seine Tätigkeit als Geschäftsführer erteilten Pensionszusage wirksam verpfändet ist, nach Pfandreife eine Einmalleistung, kann er hierfür Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte geltend machen. Dem steht nach Ansicht des BGH nicht entgegen, dass die Voraussetzungen des besonderen Pfändungsschutzes bei Altersrenten nicht gegeben sind.
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Nach § 2 Abs. 1 KugV steht die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht im Ermessen der Bundesagentur für Arbeit, so das LSG Bayern. Ein solcher Anspruch kann auch dann gegeben sein, wenn sich das Unternehmen im vorläufigen Insolvenzverfahren befindet. Dem Anspruch auf Erstattung der SV-Beiträge gemäß § 2 Abs. 1 KugV kann danach nicht entgegengehalten werden, dass nach erfolgter Insolvenzanfechtung u.U. ein Anspruch auf Rückgewähr der gezahlten Sozialversicherungsbeiträge in Betracht kommt.
Mehr lesenDie Gerichte sind durch sogenannte Massenverfahren stark belastet. Exemplarisch steht hierfür der Dieselskandal, der auch nach ersten Leitentscheidungen des BGH noch lange nicht abgearbeitet ist. Ebenfalls für eine hohe Auslastung sorgen Fluggastrechteklagen sowie Widerrufe von Versicherungs- und Bankverträgen. Zuletzt hat sich die Justizministerkonferenz mit der Frage befasst, wie die Gerichte hiermit besser umgehen können. Hierzu haben wir den Vorsitzenden Richter am OLG München Dr. Nikolaus Stackmann befragt, dessen Senat mit vielen Massensachverhalten befasst ist.
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Wird ein ehemaliger Rechtsanwalt zum Abwickler seiner eigenen Kanzlei bestellt und wird dieser ehemalige Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit durch den Abwickler vertreten, fällt nach einem Beschluss des LG Lübeck keine anwaltliche Vergütung an, die der Prozessgegner im Unterliegensfall zu erstatten hätte.
Kurz vor Toresschluss hat der 19. Deutsche Bundestag einen, so will es scheinen, elementaren Gesetzesbeschluss gefasst: ein „Gesetz zur Herstellung materieller Gerechtigkeit“. Wer wäre schon gegen Gerechtigkeit, gar gegen materielle Gerechtigkeit? Bei näherem Hinsehen erweist sich die anspruchsvolle Bezeichnung freilich als ein Fall von schönfärbendem und verschleierndem Sprachgebrauch. Hinter dem Gerechtigkeitspathos verbirgt sich ein Angriff auf den zum Kernbestand liberal-rechtsstaatlicher Strafrechtspflege zählenden, in das römische Recht zurückreichenden, nun in der Tat elementaren Grundsatz des ne bis in idem.
Mehr lesenDie Datenschutz-Grundverordnung hat die Datenschutz-Richtlinie ersetzt, an die Stelle der ePrivacy-Richtlinie soll die ePrivacy-Verordnung treten: Diese Beispiele illustrieren eine auf verschiedenen Rechtsgebieten anzutreffende Tendenz des europäischen Gesetzgebers, Richtlinien bei einer Reform nicht (nur) inhaltlich zu überarbeiten, sondern die Neuregelungen zugleich in Verordnungsform zu gießen. Dieser Wechsel kann geboten, aber auch problematisch sein.
Mehr lesenManche halten die Cum/Ex-Transaktionen für den größten Wirtschaftskrimi in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Bundesgerichtshof klärt nun erstmals, ob die massenhaften Börsendeals, die den Fiskus geschätzte 12 Milliarden Euro gekostet haben sollen, tatsächlich strafbar waren. Außerdem geht es in Karlsruhe um Marketing im Netz durch Influencerinnen. Und vor dem Oberlandesgericht Stuttgart klagen Aktionäre gegen Porsche wegen ihrer Kursverluste durch „Dieselgate“.
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Auch wenn ein Mieter seine Behauptung, ihm sei ein Umzug wegen einer bestehenden Erkrankung nicht zuzumuten, unter Vorlage bestätigender ärztlicher Atteste geltend macht, ist im Falle des Bestreitens dieses Vortrags nach Ansicht des BGH regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Art, dem Umfang und den konkreten Auswirkungen der beschriebenen Erkrankung auf die Lebensführung des betroffenen Mieters im Allgemeinen und im Besonderen im Fall des Verlusts der vertrauten Umgebung erforderlich.
Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen nach einem Beschluss des BGH denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a V 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine solche Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war.
Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Arbeitsstunden. Dazu gehört - so das BAG - auch Bereitschaftsdienst. Ein solcher kann darin bestehen, dass die Betreuungskraft im Haushalt der zu betreuenden Person wohnen muss und grundsätzlich verpflichtet ist, zu allen Tag- und Nachtstunden bei Bedarf Arbeit zu leisten.
Immer dann, wenn sich nach dem festgestellten Sachverhalt die Anwendung des § 59 StGB aufdrängt, müssen nach einem Beschluss des OLG Hamm die Urteilsgründe - schon nach den materiellrechtlichen Begründungsanforderungen - ergeben, aus welchem Grunde das Tatgericht den Angeklagten dennoch zu einer Strafe verurteilt und nicht nur verwarnt hat.
Die Politik hat immer neue Gesetze gegen "Hatespeech" erlassen. Nun klärt der Bundesgerichtshof, ob Facebook die Beiträge von zwei Nutzern löschen und ihre Konten vorübergehend sperren durfte. Auch um "Dieselgate" soll es in Karlsruhe wieder gehen. Und was die Bundeskanzlerin zur Wahl in Thüringen gesagt hat, will die AfD vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklären lassen.
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