Urteilsanalyse
Keine Terminsgebühr für bloße Mitteilung der Anspruchserfüllung
Urteilsanalyse
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Die bloße Mitteilung, dass ein Anspruch anerkannt beziehungsweise erfüllt werde, reicht nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg für die Annahme einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung nicht aus.

23. Dez 2021

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 25/2021 vom 22.12.2021

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Sachverhalt

Der Antragsteller klagte auf Zuweisung eines Kita-Ganztagesbetreuungsplatzes. Eine Mitarbeiterin der Beklagten teilte dessen Prozessbevollmächtigten in der Folge telefonisch mit, dass dem Antragsteller ein Ganztagesplatz in einer von ihm begehrten Kita angeboten werden könne. Der Antragsteller nahm den Platz an und erklärte das Verfahren für erledigt. Das Verwaltungsgericht stellte das Verfahren ein. Die außergerichtlichen Kosten musste die Beklagte tragen. Der Antragsteller begehrte die Festsetzung auch einer 1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG für eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung. Der Antragsgegner verwies darauf, dass das Gespräch rein informativ gewesen sei. Die Urkundsbeamtin ließ die Terminsgebühr unberücksichtigt. Nach erfolgloser Erinnerung legte der Prozessbevollmächtigte Beschwerde ein.

Zur Begründung führte er aus, unmittelbar nach Klageerhebung habe eine Mitarbeiterin der Hansestadt A-Stadt angerufen und angegeben, sie könne dem Antragsteller einen Ganztagesplatz in der Kindertagesstätte der AWO anbieten. Damit sei auch offensichtlich gefragt worden, ob er den Platz annehmen wolle. Man habe wissen wollen, ob der Kläger von mehreren Präferenzen, die er angegeben habe, die AWO würde auswählen wollen. Andernfalls hätte der Anruf keinen Sinn gemacht, sie hätten das Angebot auch einfach herausschicken können. Offensichtlich hätten sie durch den Anruf ein gerichtliches Verfahren vermeiden oder beenden wollen.

Entscheidung: Mitteilung enthält lediglich Information über Anspruchserfüllung

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Anspruch auf die beantragte Terminsgebühr bestehe nicht. Es fehle an einer diese Gebühr auslösenden «Besprechung» im Sinn von Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG. Der Prozessbevollmächtigte sei lediglich darüber informiert worden, dass dem gerichtlich geltend gemachten Begehren des Antragstellers ohne weitere Bedingungen entsprochen werde. Eigene, auf eine Erledigung des Verfahrens abzielende Erwägungen seien dem Prozessbevollmächtigten durch die telefonische Mitteilung nicht abverlangt worden. Dies gelte umso mehr, als der vom Antragsteller gerichtlich geltend gemachte Anspruch auch grundsätzlich (bereits) durch das Angebot eines Ganztagesplatzes in einer der von ihm ausdrücklich und alternativ genannten Kindertagesstätten erfüllt werde, unabhängig von dem weiteren Verhalten des Antragstellers oder seines Prozessbevollmächtigten. Dementsprechend habe es auch keiner Besprechung bedurft. Die bloße Mitteilung, dass ein Anspruch anerkannt oder erfüllt werde, reiche für die Annahme einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung nicht aus.

Praxishinweis

Das OVG Lüneburg liegt mit seiner Entscheidung auf der Linie des OVG Brandenburg (Beschluss vom 26.09.2016 - OVG 3 K 100.16, BeckRS 2016, 52926 m. Anm. Mayer FD-RVG 2016, 382266), das entschieden hat, dass die bloße Mitteilung, dass ein Anspruch anerkannt werde, nicht für eine Terminsgebühr aus Anlass einer außergerichtlichen Erledigungsbesprechung ausreicht. Wichtig ist, den Inhalt von Telefonaten genau zu dokumentieren. Denn wenn der Inhalt einer die Terminsgebühr auslösenden anwaltlichen Erledigungsbesprechung vom Gesprächsteilnehmer bestritten wird, muss der Anspruchssteller seine Darstellung beweisen (siehe hierzu Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, Vorbem. 3 Rn. 73).

OVG Lüneburg, Beschluss vom 19.11.2021 - 10 OA 160/21, rechtskräftig (VG Stade), BeckRS 2021, 37039