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Muss ein Ladeninhaber Miete zahlen, wenn er wegen Corona schließen musste? Das klärt der Bundesgerichtshof. Am Europäischen Gerichtshof geht es um die Frage, ob Mehrarbeitszuschläge ein unzulässiger Anreiz sein können, auf den Mindesturlaub zu verzichten. Und auch ein Disziplinarverfahren gegen einen polnischen Rechtsanwalt beschäftigt die Europarichter. 

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung, 6. Jan 2022.

Läden dicht. Muss ein Einzelhändler Miete zahlen, wenn er wegen Corona die Türen zulassen muss? Das will der BGH am 12.1. klären. Nach § 313 BGB ist dann bei Gewerbeimmobilien ein Wegfall der Geschäftsgrundlage zu vermuten, wie der Bundestag bereits 2020 in Art. 270 § 7 EGBGB festgelegt hat. In dem ­aktuellen Fall klagt Kik, eine Einzelhandelskette für Textilien sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Der Discounter musste im März/April des vorletzten Jahres aufgrund einer Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vier Wochen lang den Verkauf von Bekleidung und Wäsche einstellen – und wollte deshalb auch den Mietzins nicht entrichten. Er habe alle seine 3.000 Filialen geschlossen und einen Großteil der Belegschaft in „Kurzarbeit 0“ geschickt, teilte der Konzern mit. Der Vermieter seiner Filiale (eine Grundstücksverwaltung GmbH & Co. KG) im sächsischen Sehma im Erzgebirge verwies hingegen darauf, dass ein Teil des Sortiments weiter verkauft werden durfte und das Objekt auch zur Lagerhaltung genutzt werden konnte. Das LG Chemnitz verurteilte die Handelskette zur vollständigen Zahlung der Miete, das OLG Dresden wählte demgegenüber eine salomonische Lösung und verteilte die Lasten hälftig.

Verhandelt hat der XII. Zivilsenat darüber bereits Anfang Dezember (NJW-aktuell 48/2021, 6). Dessen Vorsitzender Hans-Joachim Dose machte dabei deutlich, dass ihm das Vorgehen der Vorinstanz zu pauschal erscheint. Die Dresdener Richter müssen also wohl noch mal ran und sich näher mit den konkreten Umständen des Falls befassen.

Bonus verfehlt. Schafft der deutsche Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit einen unzulässigen Anreiz, auf Urlaub zu verzichten? Diese Frage des BAG will der EuGH am 13.1. beantworten. Die Tarifpartner hatten im Jahr 2013 Mehrarbeitszuschläge von 25 % für Zeiten vereinbart, die in einem Kalendermonat über eine bestimmte Zahl geleisteter Stunden hinausgehen. Dabei werden jedoch nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt – nicht aber jene, in denen ein Arbeitnehmer seinen Mindestjahresurlaub in Anspruch nimmt. Geklagt hat ein Leiharbeitnehmer in Vollzeit mit einem Bruttostundenlohn von 12,18 Euro, der für ein Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist. Wegen eines zehntägigen Erholungsurlaubs blieb er im August 2017 unter der Schwelle für den Zuschlag. Das aber, so meinen die Erfurter Bundesrichter, könnte gegen die Arbeitszeitrichtlinie der EU verstoßen.

Polnischer Anwalt. Auch ein Disziplinarverfahren gegen einen polnischen Rechtsanwalt beschäftigt die Europarichter. Die Staatsanwaltschaft beim Disziplinarbeauftragten der Bezirksrechtsanwaltskammer Warschau hatte die Einleitung eines Verfahrens gegen den Rechtsanwalt des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Rates, Donald Tusk, beantragt. Er soll mit einer verklausulierten öffentlichen Äußerung den Tatbestand einer rechtswidrigen Drohung erfüllt haben. Zweimal lehnte der Disziplinarbeauftragte ein Einschreiten ab, doch beide Male hob das Disziplinargericht der Kammer nach Beschwerden der Staatsanwaltschaft bzw. des Justizministers diese Entscheidungen auf. Als der Beauftragte standhaft blieb, rief das Disziplinargericht in der dritten Runde den EuGH an. Der will am 13.1. verkünden, ob hier die Dienstleistungsrichtlinie und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 GRCh) tangiert sind. Generalanwalt Michal Bobek befand: Notfalls müssten die Disziplinarrichter die Vorgaben übergeordneter Instanzen in Polen außer Acht lassen, wenn sie meinten, dass sie mit dem Unionsrecht – insbesondere dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit – unvereinbar seien. Allerdings schrieb er auch, die Aufteilung von Zuständigkeiten sei im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens „möglicherweise nicht ideal, um mit insgesamt pathologischen Situationen in einem Mitgliedstaat umzugehen, in dem die normalen Regeln des rechtlichen Zusammenwirkens und des ordnungsgemäßen Umgangs miteinander außer Kraft geraten zu sein scheinen“.