Urteilsanalyse
Fälligkeit des Anspruchs des Insolvenzverwalters
Urteilsanalyse
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Im Allgemeinen wird der Anspruch des Insolvenzverwalters nach Erledigung der zur vergütenden Tätigkeit fällig. Eine Vergütungsfestsetzung für einzelne Zeitabschnitte eines Insolvenzverfahrens sehen - so der BGH - weder die Insolvenzordnung, noch die insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung vor. Vereinbarungen über eine von den gesetzlichen Regelungen abweichende Fälligkeit der Vergütung des Insolvenzverwalters können danach nicht Inhalt eines Insolvenzplans sein.

10. Jan 2022

Anmerkung von

Rechtsanwalt Stefano Buck, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH

Aus beck-fachdienst Insolvenzrecht 01/2022 vom 06.01.2022

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Sachverhalt

Auf einen Eigenantrag der Schuldnerin vom 3.4.2012 eröffnete das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 1.7.2012 das Insolvenzverfahren und bestellte den weiteren Beteiligten zu 10 zum Insolvenzverwalter. Die weiteren Beteiligten zu 1 – 9 sind Gläubiger.

Der Beteiligte zu 10 führte das Unternehmen der Schuldnerin fort und veräußerte den Geschäftsbetrieb mit notariellem Vertrag vom 26.8.2012. Die Gläubigerversammlung vom 29.8.2013 beschloss einen verfahrensbegleitenden Insolvenzplan. Dieser sollte es ermöglichen, vorhandene Liquidität nach Bildung angemessener Rückstellungen für die Kosten und Risiken der Verwertung des Restvermögens an die Gläubiger auszuschütten. Der Insolvenzplan bestimmte in seinem gestaltenden Teil unter anderem, dass der Insolvenzverwalter Schlussrechnung legen könne, sobald er die Prüfung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen abgeschlossen habe. Abschließend sah der Insolvenzplan vor, dass das Insolvenzverfahren abweichend von § 258 Abs. 1 InsO nach Rechtskraft des Insolvenzplans nicht aufgehoben werde, sondern das Regelverfahren nach Maßgabe des Insolvenzplans fortgesetzt und zum Abschluss gebracht werde. Das Insolvenzgericht bestätigte den Insolvenzplan; diese Entscheidung ist rechtskräftig.

Der Beteiligte zu 10 legte am 12.5.2015 eine Schlussrechnung für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis 31.12.2014 vor und beantragte, seine Vergütung und Auslagen für diesen Zeitraum festzusetzen. Das Insolvenzverfahren war zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen. Gleichwohl setzte das Insolvenzgericht die Vergütung und Auslagen mit Beschluss vom 20.7.2015 antragsgemäß auf 30.333.357 EUR fest. Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel von Gläubigern blieben ohne Erfolg. Am 27.8.2015 fand ein Schlusstermin statt. Der Beteiligte zu 10 beantragte am 31.5.2017, eine ergänzende Vergütung für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis zum 31.12.2016 einschließlich Auslagen in Höhe von 7.948.774 EUR festzusetzen. Bislang ist weder die Verwertung der Vermögenswerte vollständig abgeschlossen, noch das Insolvenzverfahren beendet.

Das Insolvenzgericht hat die weitere Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Die hiergegen von den Beteiligten zu 1 – 9 eingelegten Beschwerden, mit denen sie sich gegen die Festsetzung einer weiteren Vergütung wandten, die Festsetzung von Auslagen nebst Umsatzsteuer hingegen hinnahmen, haben keinen Erfolg gehabt. Mit ihren Rechtsbeschwerden verfolgten die Beteiligten zu 1, 3, 4 und 6 ihr Begehren weiter. Im Ergebnis mit Erfolg.

Entscheidung

Der BGH führte aus, dass die Festsetzung einer (weiteren) Vergütung des Beteiligten zu 10 derzeit ausscheide. Rechtsfehlerhaft gehe das Beschwerdegericht davon aus, dass die Vergütung fällig sei. Dies führe zum Erfolg der Rechtsbeschwerde.

Eine Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters gem. § 64 Abs. 1 InsO, § 8 InsVV setze voraus, dass der Vergütungsanspruch fällig sei. Fehle es an einer Fälligkeit, könne der Insolvenzverwalter nur einen Vorschuss auf seine Vergütung gem. § 9 InsVV verlangen.

Im Allgemeinen werde der Anspruch des Insolvenzverwalters nach Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig (BGH, ZIP 2007, 1070). Dies sei im Regelfall erst mit Beendigung des Insolvenzverfahrens der Fall (BGHZ 214, 78). Die InsVV sehe keine Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters nach Zeitabschnitten vor (BGHZ 157, 282). Teilfälligkeiten bei Verwaltertätigkeiten kenne das Gesetz nicht (vgl. Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 63 Rn. 55). Sei der Anspruch auf eine Vergütung noch nicht fällig, komme nur eine Festsetzung eines Vorschusses in Betracht (BGHZ 2011, 225).

Zwar setze die Fälligkeit nicht die Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens durch gerichtlichen Beschluss voraus. Jedoch müsse das Geschäft erledigt sein (vgl. Zimmer, InsVV, 2. Aufl., § 1 Rn. 25). Dies sei der Fall, wenn das Insolvenzverfahren abschlussreif sei. Im Regelfall gehöre zu den vom Insolvenzverwalter zuvor zu erledigenden Aufgaben nach § 66 Abs. 1 InsO, dass er bei der Beendigung seines Amtes einer Gläubigerversammlung Rechnung lege (BGH, ZIP 2007, 1070). Unabhängig davon müsse die Verwertung der Insolvenzmasse abgeschlossen sein. Solange der Insolvenzverwalter weitere Verwertungsmaßnahmen durchführe, sei seine Tätigkeit nicht erledigt. Demgemäß könne der Insolvenzverwalter im Regelfall eine Festsetzung seiner Vergütung erst verlangen, wenn nur noch der Schlusstermin und die (abschließende) Schlussverteilung ausstehe.

Diese Voraussetzungen für die Fälligkeit der Vergütung seien vorliegend nicht erfüllt. Zu Unrecht berufe sich der Beteiligte zu 10 auf die Regelung des verfahrensbegleitenden Insolvenzplans.

Dass der Beteiligte zu 10 entsprechend den Regelungen des rechtskräftigen verfahrensbegleitenden Insolvenzplans bereits am 12.5.2015 eine Schlussrechnung gelegt habe, führe nicht zur Fälligkeit der Vergütung. Gleiches gelte für den am 27.8.2015 abgehaltenen Schlusstermin. Sofern – wie im Streitfall – die Tätigkeit des Insolvenzverwalters nicht erledigt sei, begründeten weder die Vorlage einer Schlussrechnung, noch die Durchführung eines Schlusstermins die Fälligkeit der Vergütung. Eine Vergütungsfestsetzung für einzelne Zeitabschnitte eines Insolvenzverfahrens sähen weder die InsO, noch die InsVV vor.

Praxishinweis

Im vorliegenden Fall enthielt der Insolvenzplan keine Regelungen, die eine Fälligkeit der Vergütung vor Erledigung des Amtes herbeiführt. In diesem Zusammenhang wies der BGH nochmals darauf hin, dass Regelungen über die Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung nicht Gegenstand eines Insolvenzplans sein können (BGHZ 214, 78). Die gesetzlichen Vorschriften über die Vergütung des Insolvenzverwalters sind planfest (vgl. BGH, a.a.O.). Dies gelte auch für die Fälligkeit der Vergütung.

BGH, Beschluss vom 11.11.2021 - IX ZB 19/20 (LG Dessau-Roßlau), BeckRS 2021, 39633