Aus der NJW
beA-Nutzungszwang für bestimmende Schriftsätze eines Rechtsanwalts auch bei Bevollmächtigung einer interprofessionellen Sozietät

Reicht ein Berufsträger, der (zumindest auch) als Rechtsanwalt zugelassen ist, ab dem 01.01.2022 einen bestimmenden Schriftsatz bei einem Finanzgericht ein, ist dieser - so das FG Rheinland-Pfalz - formunwirksam, wenn er nicht über das besondere elektronische Anwaltspostfach eingereicht wird und Hinderungsgründe nicht glaubhaft gemacht sind.

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Urteilsanalyse
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Anforderungen an Widerrufsbelehrung nach § Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG

Die Widerrufsbelehrung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG muss auch die Rechtsfolgen des Widerrufs umfassen. Hierzu gehört nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart auch der Hinweis, dass die vom Versicherer gezogenen Nutzungen zurückzugewähren sind. Die Vertragsinformationen nach §§ 12 VVG-InfoV müssen auch die Angabe einer Antragsbindungsfrist enthalten. Ist im Antragsformular keine Antragsbindungsfrist – wirksam – geregelt, gilt die gesetzliche Bindungsfrist nach § 147 Abs. 2 BGB und es ist auf diese hinzuweisen.

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Urteilsanalyse
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Die Termine der 37. Kalenderwoche

Eine ungewöhnlich anmutende Konstellation: Vor dem Bundesarbeitsgericht kämpft ein Betriebsrat für die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung – nicht dagegen. Über die Verteilung des Selbstbehalts einer Gebäudeversicherung streitet sich vor dem Bundesgerichtshof eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Europarichter in Luxemburg befassen sich mit einer Milliardengeldbuße gegen Google und mit Corona-Beihilfen für deutsche Unternehmen. Außerdem: Zum 31. Mal treffen sich Juristen aller Sparten zum EDV-Gerichtstag.

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Agenda
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15 Jahre Rückstand

Die im Juni 2022 erschienene Studie "The Future of Digital Justice" (BCG, Bucerius Law School und Legal Tech Verband Deutschland) hat ein höchst beunruhigendes Ergebnis erbracht: Im Vergleich zu den "digitalen Vorreiterstaaten" Singapur, Kanada, dem Vereinigten Königreich und Österreich liegt die deutsche Justiz in Digitalisierungsfragen zehn bis 15 Jahre zurück. Angesichts der exponentiellen Entwicklung der Digitaltechnologie ist dieser Rückstand gigantisch.

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NJW-Editorial
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Anforderungen an Berufungsbegründung

Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen in erster Instanz zu verweisen. Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

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Urteilsanalyse
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Benachteiligungsvorsatz bei Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge

Ob das Zahlungsverhalten des zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner wusste oder billigend in Kauf nahm, seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung, insbesondere der Dauer des Rückstands für einzelne Beitragsmonate, des Zeitraums, in dem rückständige Beiträge auftreten, und der Entwicklung der rückständigen Beiträge. Zahlt der Schuldner Sozialversicherungsbeiträge stets vollständig, aber im Wesentlichen gleichbleibend durchgängig um einen bis weniger als zwei Monate verspätet, stellt dies - so der BGH - für sich genommen kein ausreichendes Indiz dar, um eine Zahlungseinstellung zu begründen.

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Urteilsanalyse
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Zulassungsentziehung – Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit

Ein Facharzt für Humangenetik, der in vier aufeinanderfolgenden Quartalen (hier: Quartale IV/19 bis III/20) nach Zulassung lediglich ein bis zehn Fälle abrechnet und in den drei Folgequartalen keinen einzigen Fall, füllt von Anfang an seinen halben Versorgungsauftrag nicht aus, weshalb ihm die Zulassung wegen Nichtausübens der vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen werden kann. Dabei ist nach einer Entscheidung des SG Marburg unerheblich, ob der Arzt nie beabsichtigt hat, den hälftigen Versorgungsauftrag tatsächlich auszufüllen oder lediglich äußere Umstände, wie die Coronakrise, einen Praxisaufbau verhindert haben.

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Urteilsanalyse
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Duldungsanspruch des Mieters auf Installation einer Ladestation für elektrisch betriebene Fahrzeuge

Mieter können - so das Landgericht München I - gem. § 554 Abs. 1 S. 1 BGB vom Vermieter verlangen, dass der Vermieter die Installation einer Ladestation für elektrisch betriebene Fahrzeuge duldet. Dabei dürfe der Mieter entscheiden, welches Unternehmen mit der Baumaßnahme beauftragt wird, soweit dies für den Vermieter zumutbar ist.

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Urteilsanalyse
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Vollstreckungsrechtsschutz gegen Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen

Ein Antrag auf Versagung der Vollstreckung nach der Brüssel Ia-Verordnung ist nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs unzulässig, wenn der Gläubiger aus einer als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung gegen den Schuldner vorgeht.

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Urteilsanalyse
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Besserer Zugang zum BGH

Dem BGH sind wichtige Fragen des Gesellschaftsrechts verloren gegangen, haben namhafte Juristen an Bundesjustizminister Marco Buschmann geschrieben. Grund sei eine restriktive Praxis der Nichtzulassungsbeschwerde. Richtig: Das wirtschaftliche Gewicht einer Rechtssache sowie der offensichtliche Rechtsfehler sollten als Zulassungsgründe in § 543 ZPO aufgenommen werden. Denn ein Vakuum an Leitentscheidungen darf es auch im Unternehmensrecht nicht geben.

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NJW-Editorial
Thomas_Winter
Die Termine der 36. Kalenderwoche

Darf ein ausländischer Mautbetreiber bei einer deutschen Autovermietung Gebühren eintreiben, die deren Kunden angeblich nicht bezahlt haben? Das muss der Bundesgerichtshof entscheiden. Und dürfen Arbeitgeber das Gehalt von ins Ausland geschickten Mitarbeitern kürzen, um für sie dort Steuern zu zahlen? Dieses „Hypotax“-Modell landet nun vor dem Bundesfinanzhof.

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Agenda
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Rückwirkende Heilung eines Vertretungsmangels

Ein Vertretungsmangel kann nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs gemäß § 89 Abs. 2 ZPO dadurch geheilt werden, dass ein Gläubiger die ohne beigebrachte Vollmacht vorgenommenen Prozesshandlungen genehmigt. Dies ist in jeder Lage des Verfahrens möglich. 

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Unwirksamkeit der Rechtswahl einer ausländischen Rechtsordnung ohne Pflichtteilsrecht

Die Anwendung des gemäß Art. 22 Abs. 1 EuErbVO gewählten englischen Erbrechts verstößt nach Ansicht des BGH jedenfalls dann gegen den deutschen ordre public i.S.v. Art. 35 EuErbVO, wenn sie dazu führt, dass bei einem Sachverhalt mit hinreichend starkem Inlandsbezug kein bedarfsunabhängiger Pflichtteilsanspruch eines Kindes besteht.

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Urteilsanalyse
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Behördlich angeordnete Quarantäne während des Urlaubs

Der EuGH wird nach Art. 267 AEUV vom BAG um Vorabentscheidung über folgende Frage ersucht: Sind Art. 7 RL 2003/88/EG und Art. 31 II GrC dahingehend auszulegen, dass sie einer innerstaatlichen Regelung oder Praxis entgegenstehen, der zufolge ein vom Arbeitnehmer beantragter und vom Arbeitgeber bewilligter bezahlter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung durch die zuständige Behörde wegen Ansteckungsverdachts angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nicht nachzugewähren ist, wobei beim Arbeitnehmer während der Quarantäne keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit besteht?

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Urteilsanalyse
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Keine (erneute) Pflicht zu Belehrung über Schweigerecht vor Verständigung

Das Schweigerecht ist von einer Verständigung per se nicht berührt. Es bedarf, so der Bundesgerichtshof, keiner Belehrung darüber gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO, bevor eine Verständigung zustande kommt. 

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Urteilsanalyse
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«Dieselbe Angelegenheit» bei mehreren Klagen verschiedener Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft

Werden mehrere Klagen gegen den an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichteten Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung einerseits und andererseits gegen die deshalb an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichteten Bescheide über die Erstattung von zunächst vorläufig zu hoch bewilligten Leistungen für denselben Zeitraum erhoben, handelt es sich nach Ansicht des LSG Nordrhein-Westfalen gebührenrechtlich um «dieselbe Angelegenheit» i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG.

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Urteilsanalyse
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Plattformregulierung nur auf Papier

Der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun hat sich dem Kampf gegen Hass und Hetze im Netz verschrieben. Darum wird er auch selbst regelmäßig angefeindet. Jetzt hat er daraus Konsequenzen gezogen und seinen reichweitenstarken Twitter-Account deaktiviert. Hierzu und zu wirkungsvollen Maßnahmen gegen Hatespeech haben wir ihn befragt.

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Interview
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Rechtspflege im digitalen Umbruch

Das Jahr 2022 markiert mehrere Meilensteine bei der Digitalisierung der Rechtspflege. Den Auftakt machte die Anwaltschaft, die seit Jahresbeginn verpflichtend alle Schriftsätze elektronisch bei Gericht einreicht. Ebenfalls seit 1.1.2022 führen Notarinnen und Notare ihre Verzeichnisse nur noch elektronisch, die Urkundenrolle hat ausgedient. ­Anfang Juli folgte mit der elektronischen Urkundensammlung die vollständige Inbetriebnahme des Elektronischen Urkundenarchivs. Seitdem werden alle notariellen Urkunden digitalisiert und anschließend für 100 Jahre verschlüsselt in einer von der Bundes­notarkammer zur Verfügung gestellten Infrastruktur sicher verwahrt.

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NJW-Editorial
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Die Termine der 35. Kalenderwoche

Als die Covid-Pandemie einsetzte, hat dies zahlreiche Urlaubspläne zerschlagen. Der Bundesgerichtshof nimmt sich drei Fälle vor, in denen verhinderte Pauschalreisende auf ihren Kosten sitzen geblieben sind. Ob der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die rechtsextremistische Vereinigung „Nordadler“ zu Recht verboten und aufgelöst hat, prüft das Bundesverwaltungsgericht. Und der Bundesfinanzhof befasst sich mit der Besteuerung von Renten.

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Agenda
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Nach Zahl der Kinder gestaffelter Beitrag zur Pflegeversicherung

Bei der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen fordert Art. 3 Abs. 1 GG die Beachtung des Gebots der Belastungsgleichheit, das sich auf alle staatlich geforderten Abgaben erstreckt. Wirken sich Beitragsregelungen innerhalb der Gruppe der Familien zu Lasten bestimmter Familienkonstellationen nachteilig aus, so muss der Staat den besonderen Schutz beachten, den er der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG schuldet. In der sozialen Pflegeversicherung führt die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung von Eltern nach Ansicht des BVerfG zu einer verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem.

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