Ob das Zahlungsverhalten des zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner wusste oder billigend in Kauf nahm, seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung, insbesondere der Dauer des Rückstands für einzelne Beitragsmonate, des Zeitraums, in dem rückständige Beiträge auftreten, und der Entwicklung der rückständigen Beiträge. Zahlt der Schuldner Sozialversicherungsbeiträge stets vollständig, aber im Wesentlichen gleichbleibend durchgängig um einen bis weniger als zwei Monate verspätet, stellt dies - so der BGH - für sich genommen kein ausreichendes Indiz dar, um eine Zahlungseinstellung zu begründen.
Mehr lesenEin Facharzt für Humangenetik, der in vier aufeinanderfolgenden Quartalen (hier: Quartale IV/19 bis III/20) nach Zulassung lediglich ein bis zehn Fälle abrechnet und in den drei Folgequartalen keinen einzigen Fall, füllt von Anfang an seinen halben Versorgungsauftrag nicht aus, weshalb ihm die Zulassung wegen Nichtausübens der vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen werden kann. Dabei ist nach einer Entscheidung des SG Marburg unerheblich, ob der Arzt nie beabsichtigt hat, den hälftigen Versorgungsauftrag tatsächlich auszufüllen oder lediglich äußere Umstände, wie die Coronakrise, einen Praxisaufbau verhindert haben.
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Mieter können - so das Landgericht München I - gem. § 554 Abs. 1 S. 1 BGB vom Vermieter verlangen, dass der Vermieter die Installation einer Ladestation für elektrisch betriebene Fahrzeuge duldet. Dabei dürfe der Mieter entscheiden, welches Unternehmen mit der Baumaßnahme beauftragt wird, soweit dies für den Vermieter zumutbar ist.
Mehr lesenEin Antrag auf Versagung der Vollstreckung nach der Brüssel Ia-Verordnung ist nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs unzulässig, wenn der Gläubiger aus einer als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung gegen den Schuldner vorgeht.
Mehr lesenDem BGH sind wichtige Fragen des Gesellschaftsrechts verloren gegangen, haben namhafte Juristen an Bundesjustizminister Marco Buschmann geschrieben. Grund sei eine restriktive Praxis der Nichtzulassungsbeschwerde. Richtig: Das wirtschaftliche Gewicht einer Rechtssache sowie der offensichtliche Rechtsfehler sollten als Zulassungsgründe in § 543 ZPO aufgenommen werden. Denn ein Vakuum an Leitentscheidungen darf es auch im Unternehmensrecht nicht geben.
Mehr lesenDarf ein ausländischer Mautbetreiber bei einer deutschen Autovermietung Gebühren eintreiben, die deren Kunden angeblich nicht bezahlt haben? Das muss der Bundesgerichtshof entscheiden. Und dürfen Arbeitgeber das Gehalt von ins Ausland geschickten Mitarbeitern kürzen, um für sie dort Steuern zu zahlen? Dieses „Hypotax“-Modell landet nun vor dem Bundesfinanzhof.
Mehr lesenEin Vertretungsmangel kann nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs gemäß § 89 Abs. 2 ZPO dadurch geheilt werden, dass ein Gläubiger die ohne beigebrachte Vollmacht vorgenommenen Prozesshandlungen genehmigt. Dies ist in jeder Lage des Verfahrens möglich.
Mehr lesenDie Anwendung des gemäß Art. 22 Abs. 1 EuErbVO gewählten englischen Erbrechts verstößt nach Ansicht des BGH jedenfalls dann gegen den deutschen ordre public i.S.v. Art. 35 EuErbVO, wenn sie dazu führt, dass bei einem Sachverhalt mit hinreichend starkem Inlandsbezug kein bedarfsunabhängiger Pflichtteilsanspruch eines Kindes besteht.
Mehr lesenDer EuGH wird nach Art. 267 AEUV vom BAG um Vorabentscheidung über folgende Frage ersucht: Sind Art. 7 RL 2003/88/EG und Art. 31 II GrC dahingehend auszulegen, dass sie einer innerstaatlichen Regelung oder Praxis entgegenstehen, der zufolge ein vom Arbeitnehmer beantragter und vom Arbeitgeber bewilligter bezahlter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung durch die zuständige Behörde wegen Ansteckungsverdachts angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nicht nachzugewähren ist, wobei beim Arbeitnehmer während der Quarantäne keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit besteht?
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Das Schweigerecht ist von einer Verständigung per se nicht berührt. Es bedarf, so der Bundesgerichtshof, keiner Belehrung darüber gemäß § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO, bevor eine Verständigung zustande kommt.
Mehr lesenWerden mehrere Klagen gegen den an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichteten Bescheid über die endgültige Leistungsfestsetzung einerseits und andererseits gegen die deshalb an die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gerichteten Bescheide über die Erstattung von zunächst vorläufig zu hoch bewilligten Leistungen für denselben Zeitraum erhoben, handelt es sich nach Ansicht des LSG Nordrhein-Westfalen gebührenrechtlich um «dieselbe Angelegenheit» i.S.v. § 15 Abs. 2 RVG.
Mehr lesenDer Würzburger Anwalt Chan-jo Jun hat sich dem Kampf gegen Hass und Hetze im Netz verschrieben. Darum wird er auch selbst regelmäßig angefeindet. Jetzt hat er daraus Konsequenzen gezogen und seinen reichweitenstarken Twitter-Account deaktiviert. Hierzu und zu wirkungsvollen Maßnahmen gegen Hatespeech haben wir ihn befragt.
Mehr lesenDas Jahr 2022 markiert mehrere Meilensteine bei der Digitalisierung der Rechtspflege. Den Auftakt machte die Anwaltschaft, die seit Jahresbeginn verpflichtend alle Schriftsätze elektronisch bei Gericht einreicht. Ebenfalls seit 1.1.2022 führen Notarinnen und Notare ihre Verzeichnisse nur noch elektronisch, die Urkundenrolle hat ausgedient. Anfang Juli folgte mit der elektronischen Urkundensammlung die vollständige Inbetriebnahme des Elektronischen Urkundenarchivs. Seitdem werden alle notariellen Urkunden digitalisiert und anschließend für 100 Jahre verschlüsselt in einer von der Bundesnotarkammer zur Verfügung gestellten Infrastruktur sicher verwahrt.
Mehr lesenAls die Covid-Pandemie einsetzte, hat dies zahlreiche Urlaubspläne zerschlagen. Der Bundesgerichtshof nimmt sich drei Fälle vor, in denen verhinderte Pauschalreisende auf ihren Kosten sitzen geblieben sind. Ob der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die rechtsextremistische Vereinigung „Nordadler“ zu Recht verboten und aufgelöst hat, prüft das Bundesverwaltungsgericht. Und der Bundesfinanzhof befasst sich mit der Besteuerung von Renten.
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Bei der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen fordert Art. 3 Abs. 1 GG die Beachtung des Gebots der Belastungsgleichheit, das sich auf alle staatlich geforderten Abgaben erstreckt. Wirken sich Beitragsregelungen innerhalb der Gruppe der Familien zu Lasten bestimmter Familienkonstellationen nachteilig aus, so muss der Staat den besonderen Schutz beachten, den er der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG schuldet. In der sozialen Pflegeversicherung führt die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung von Eltern nach Ansicht des BVerfG zu einer verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem.
Mehr lesenDer Insolvenzverwalter kann Dividendenzahlungen an Aktionäre nach rechtskräftiger Nichtigerklärung des der Auszahlung zugrunde liegenden Gewinnverwendungsbeschlusses nach § 134 InsO anfechten, so das OLG Frankfurt a.M.. § 62 Abs. 1 Satz 2 AktG stehe einem entsprechenden Rückforderungsanspruch auch gegenüber gutgläubigen Aktionären nicht entgegen.
Mehr lesenBei den Kosten für die Miete von Rauchwarnmeldern handelt es sich nach Ansicht des BGH nicht um sonstige Betriebskosten i.S.v. § 2 Nr. 17 BetrKV, sondern - da sie den Kosten für den Erwerb von Rauchwarnmeldern gleichzusetzen sind - um betriebskostenrechtlich nicht umlagefähige Aufwendungen.
Mehr lesenEine Verfahrensvollmacht ist im Original vorzulegen und kann nach Ansicht des Amtsgerichts Calw daher zum Nachweis ausreichender Bevollmächtigung nicht per beA übermittelt werden.
Mehr lesenDie Inflation macht sich bemerkbar. Nun hat auch Amazon angekündigt, die Prime-Abos anzuheben. Auch wenn dies Wellen der Empörung durch die sozialen Medien spült – für den Juristen stellt sich die Frage: Geht das rechtlich?
Mehr lesenDas Bundessozialgericht urteilt über zwei Fälle, in denen Menschen bei Ausübung ihres Berufs einen Raubüberfall miterleben mussten. Der eine betrifft eine Drogistin, die von den Tätern obendrein misshandelt wurde; der andere einen Geschäftsmann, der als Bankkunde betroffen war. Umstritten ist hier, welche Geldleistungen die beiden nach fünf verschiedenen Rechtsgrundlagen beanspruchen können. Außerdem: Das Bundesarbeitsgericht entscheidet, ob eine Corona-Prämie des Arbeitgebers gepfändet werden kann.
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