Urteilsanalyse
Keine "informatorische" Streitwertfestsetzung
Urteilsanalyse
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Für eine «informatorische» Festsetzung eines Werts im Rahmen der Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG bietet das Gesetz nach einem Beschluss des OLG Brandenburg keine Grundlage. Festzusetzen ist nach § 63 Abs. 2 GKG der zur Bemessung der wertabhängigen Gerichtsgebühr maßgebende Gebührenstreitwert. Dieser ist in einem Klageverfahren einheitlich nach dem Wert eines jeden Streitgegenstandes zum Zeitpunkt der Anhängigmachung zu bestimmen. 

24. Feb 2023

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 04/2022 vom 23.02.2023

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Sachverhalt

Das LG setzte den Streitwert für die Gerichtsgebühren erster Instanz auf «19.833 EUR bei Klageerhebung und 17.736,74 EUR zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung» fest. Gegen die Festsetzung des gesonderten, niedrigeren Betrages für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung legten die Prozessbevollmächtigten des Klägers aus eigenem Recht Beschwerde ein. Das LG half der Beschwerde nicht ab. Es führte zur Begründung aus, die Festsetzung sei insoweit rein informatorisch erfolgt, da der Streitwert für den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung für die Gerichtskosten ohne Bedeutung sei.

Entscheidung: Keine nach Verfahrensabschnitten oder Zeiträumen gestaffelte Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren

Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil jedenfalls der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR nicht übersteige. Es hat die Streitwertfestsetzung aber gemäß § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen abgeändert und den Streitwert für die Gerichtsgebühren erster Instanz auf 19.833 EUR festgesetzt. Das LG habe fehlerhaft «informatorisch» einen Teilwert zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung festgesetzt. Für eine «informatorische» Festsetzung eines Wertes im Rahmen der Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG biete das Gesetz keine Grundlage.

Von Amts wegen festzusetzen sei nach § 63 Abs. 2 GKG der zur Bemessung der wertabhängigen Gerichtsgebühr maßgebende Gebührenstreitwert. Dieser sei in einem Klageverfahren einheitlich nach dem Wert eines jeden Streitgegenstandes zum Zeitpunkt der Anhängigmachung zu bestimmen (§§ 39, 40 GKG). Bei der Wertfestsetzung für die einheitliche gerichtliche Verfahrensgebühr sei deshalb eine nach Verfahrensabschnitten oder Zeiträumen gestaffelte Festsetzung nicht veranlasst. Soweit bei den Rechtsanwaltsgebühren unterschiedliche Werte für einzelne Gebühren maßgeblich sein könnten, erfolge – allerdings nur auf Antrag – eine gesonderte Wertfestsetzung (§ 33 Abs. 1, Abs. 2 RVG). 

Praxishinweis

Die unzulässige gestaffelte Festsetzung des Streitwerts nach bestimmten Verfahrensabschnitten oder Zeiträumen findet sich in der Praxis immer wieder. Zu Recht hat das OLG Brandenburg die landgerichtliche Entscheidung korrigiert (siehe hierzu näher auch LSG Sachsen, Beschluss vom 07.11.2022 - L 1 KR 240/19 B, BeckRS 2022, 38541 m. Anm. Mayer FD-RVG 2023, 455247 und OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.01.2022 - 2 W 4619/21BeckRS 2022, 855 m. Anm. Mayer FD-RVG 2022, 445425).

OLG Brandenburg, Beschluss vom 02.01.2023 - 6 W 73/22 (LG Cottbus), BeckRS 2023, 629