Die erste Geige im Arbeitsrecht. Das BAG verhandelt in der Berichtswoche einen Fall, der zwar rechtlich sehr speziell ist, aber wunderbar zum gerade erschienenen NJW-Schwerpunktheft „Literatur, Kunst & Recht“ passt. Darin wird um die Anrechnung von Beschäftigungszeiten bei einem ausländischen Philharmonieorchester als Dienstzeiten nach dem Tarifvertag für die Musiker in Konzert- und Theaterorchestern (TVK) gestritten. Die Klägerin war als Tuttistin der 1. Violine seit Oktober 2013 bei einem bayerischen Staatstheater beschäftigt. Zuvor war sie unter anderem in einem Orchester in Norwegen tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TVK vom 1.10.2009 Anwendung, der in § 15 die Anrechnung von Dienstzeiten regelt. Die Musikerin klagt gegen den Freistaat auf Schadensersatz wegen verspäteter Vergütungszahlung sowie auf Anrechnung von Dienstzeiten, die sie in dem norwegischen Orchester erbracht hat. Den Anspruch auf Anrechnung haben das ArbG und das LAG in München – anders als den auf Schadensersatz – bejaht. Sie kamen nach Auslegung von § 15 TVK zu dem Ergebnis, dass Beschäftigungszeiten aus früheren Tätigkeiten als Musiker unter den dort beschriebenen Voraussetzungen zu berücksichtigen sind, unter anderem weil die Regelung der größeren Erfahrung der Arbeitnehmer als Musiker Rechnung tragen wolle. Deshalb müsse es sich in Bezug auf die Anrechnung auch nicht um ein Orchester im betrieblichen Geltungsbereich des TVK handeln. Das LAG hat die Revision zugelassen, weil die streitige Rechtsfrage wegen der bundesweiten Geltung des Tarifvertrags grundsätzliche Bedeutung habe. Der Fall hat das BAG schon einmal beschäftigt (NZA-RR 2018, 180). In dem Verfahren stritten die Parteien darum, ob das Arbeitsverhältnis der Violinistin aufgrund Befristung geendet hat, was in Erfurt verneint wurde.
Der Pool im Gemeinschaftsgarten. Beim BGH steht in der elften Kalenderwoche eine Verkündung auf der Agenda. Nach der mündlichen Verhandlung vom 24.2. (NJW-aktuell H. 8/2023, 6) will der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat sein Urteil über den Bau eines Swimmingpools in einem Gemeinschaftsgarten sprechen. Da es hierüber keine Absprache gab, klagt die Nachbarin auf Unterlassung. Nach dem seit Dezember 2020 grundlegend reformierten Wohnungseigentumsgesetz sind bauliche Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum nur noch möglich, wenn die WEG zuvor darüber abgestimmt hat. Bei bestimmten Vorhaben besteht ein Anspruch auf einen positiven Beschluss, etwa wenn durch die baulichen Veränderungen kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. Nach der mündlichen Verhandlung deutet manches darauf hin, dass der BGH hier auf den „Beschlusszwang“ pochen wird und die Urteile der Vorinstanzen, die einen Unterlassungsanspruch bejaht hatten, bestätigt.
Mietgerichtstag. Vom 17. bis zum 18.3. tagt in Dortmund der 25. Deutsche Mietgerichtstag. Das Thema der Veranstaltung drängt sich diesmal geradezu auf. Es lautet: „Mietrecht in Zeiten von Energiekrise und Klimawandel“. Neben Vorträgen und Diskussionen im Plenum kommt man am Freitagnachmittag traditionell in Arbeitskreisen zusammen. Anlässlich des halbrunden Geburtstags findet am Vortag eine Festveranstaltung mit zwei Vorträgen und einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des Wohnens statt. Auch für ausreichend Gesprächsstoff in den Pausen ist derzeit gesorgt: Es dürfte lebhaft darüber spekuliert werden, wer beim BGH den Vorsitz im VIII. Zivilsenat übernimmt, der gemeinhin als „der Mietsenat“ gilt (obwohl er nur für das Wohnraummietrecht zuständig ist). Und auch der Koalitionsstreit über das Tempo bei den Mietrechtsreformen dürfte ein Thema sein. Vereinbart sind eine Verlängerung der Mietpreisbremse bei Neuvermietungen bis 2029, eine Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 15 auf elf Prozent sowie die Pflicht zur Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln für alle Städte mit über 100.000 Einwohnern. Passiert ist zum Unmut von SPD und Grünen bisher noch nichts.