Urteilsanalyse
Terminsgebühr für richterliche Telefongespräche mit beiden Verfahrensbeteiligten
Urteilsanalyse
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Die Besprechungsterminsgebühr entsteht nach einem Beschluss des LSG Schleswig-Holstein auch dann, wenn der Richter zur Vorbereitung eines gerichtlichen Vergleichs Telefonate mit beiden Verfahrensbeteiligten führt.

10. Mrz 2023

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Berufsrecht 05/2022 vom 09.03.2023

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Sachverhalt

Ein grundsicherungsrechtliches Beschwerdeverfahren vor dem LSG, für das die Antragstellerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Anwältin erhielt, endete durch Vergleich. Die Beteiligten hatten einem schriftlichen Vergleichsvorschlag des Berichterstatters zugestimmt. Dem Vergleichsvorschlag waren getrennte Telefonate des Berichterstatters mit der Anwältin der Antragstellerin und einem Mitarbeiter des Antragsgegners vorausgegangen, in denen der Berichterstatter die Vergleichsbereitschaft der Beteiligten sondiert und die Konditionen des Vergleichs erörtert hatte. Die Anwältin der Antragstellerin begehrte als aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung für das Beschwerdeverfahren auch eine Terminsgebühr. Dem kam die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle schließlich auf Erinnerung der Anwältin nach. Dagegen legte der Antragsgegner die vom SG zugelassene Beschwerde ein.

Entscheidung: Terminsgebühr für Telefonate zwischen Richter und beiden Hauptbeteiligten

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Laut LSG entsteht die Besprechungsterminsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG zumindest auch dann, wenn – wie hier – Telefonate zwischen Richter und beiden Hauptbeteiligten geführt würden, sofern Inhalt der Gespräche jeweils ein qualifiziertes auf die Erledigung des Verfahrens gerichtetes Gespräch sei. Denn es könne nach Sinn und Zweck der Regelung angesichts der vielfältigen Möglichkeiten der unmittelbaren oder mittelbaren, der analogen oder digitalen Kommunikation in der heutigen Lebenswirklichkeit für das Entstehen der Terminsgebühr keine Rolle spielen, ob die Gesprächsführung zwischen den Beteiligten gleichzeitig im selben (eventuell virtuellen) Raum stattfinde oder ob die Gesprächsinhalte den Beteiligten wechselseitig durch das Gericht ver- oder übermittelt würden.

Die Besprechung sei hier auch auf die (unstreitige) Erledigung des Verfahrens gerichtet gewesen. Eine solche Besprechung liege zumindest dann vor, wenn die Beteiligten in dem mündlichen – oder mündlich durch das Gericht vermittelten – Austausch auf den Abschluss eines Vergleichs zielten. Der Berichterstatter habe den von ihm dem Grunde nach ins Auge gefassten Beschluss mit der Anwältin der Antragstellerin und einem Vertreter des Antragsgegners vorsondiert und habe das Ergebnis der wechselseitig geführten Telefonate in einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag einfließen lassen, den die Beteiligten sodann jeweils schriftsätzlich angenommen hätten.

Praxishinweis

Die Terminsgebühr für die außergerichtliche Erledigungsbesprechung bereitet der Rechtsprechung immer wieder Anwendungsschwierigkeiten. Zutreffend hat das LSG Schleswig-Holstein im vorliegenden Fall nach richterlichen Telefongesprächen mit beiden Verfahrensbevollmächtigten die Terminsgebühr für eine außergerichtliche Erledigungsbesprechung zugebilligt, obwohl es nicht zu einem unmittelbaren Gespräch zwischen den Verfahrensbevollmächtigten gekommen war. Müller-Rabe bejaht sogar mit guten Gründen eine Terminsgebühr für richterliche Telefongespräche mit nur einem Verfahrensbevollmächtigten (siehe hierzu Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, VV Vorbem. 3 Rn. 216).

LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.02.2023 - L 5 SF 30/22 B E (SG Itzehoe), BeckRS 2023, 2264