Aus der NJW
Fehlerkultur

Als Manfred Genditzki am 7.7.2023 vom Landgericht München I „aus tatsächlichen Gründen wegen erwiesener Unschuld“ freigesprochen wurde, lag ein 4.915-tägiges Martyrium hinter ihm. Über 13 Jahre hatte er zu Unrecht im Gefängnis verbracht, zu lebenslanger Haft verurteilt wegen eines Mordes, den es wahrscheinlich nie gegeben hat. Im Rahmen der Wiederaufnahme – der nach Revision nunmehr dritten Hauptverhandlung – brachten zwei neue Gutachten endlich Klarheit.

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Kolumne
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Suizidprävention statt Suizidhilfe

Der 6.7.​2023 darf in der Chronik des Deutschen Bundestags als Sternstunde verzeichnet werden. An diesem Tag hat das Parlament nahezu einstimmig den Antrag „Suizidprävention stärken“ (BT-Drs. 20/7360) angenommen. Zugleich hat der Bundestag zwei Gesetzentwürfe zum assistierten Suizid (Suizidhilfe) abgelehnt, in denen die Suizid­prävention nur eine Nebenrolle spielte.

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NJW-Editorial
Kein Verwertungsverbot bei offener Videoüberwachung trotz Missachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben

In einem Kündigungsschutzprozess besteht grds. kein Verwertungsverbot bzgl. solcher Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht.

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Urteilsanalyse
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Die Termine der 30. Kalenderwoche

Ein „Vollblutmusiker“ hofft vor dem Bundesgerichtshof auf Entschädigung für ausgefallene Auftritte in der Corona-Pandemie. Eine Anti-Raucher-Initiative klagt dort gegen einen Supermarkt, der angeblich die „Schockfotos“ auf Zigarettenpackungen versteckt. Und am Bundesarbeitsgericht geht es um die Abgeltung von Urlaubsansprüchen.

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Agenda
Ungenügende Entschuldigung eines Zeugen bei Nichterscheinen zum Termin

Das Vergessen eines mehrmalig verlegten Hauptverhandlungstermins stellt keine ordnungsgemäße Entschuldigung iSd. § 51 Abs. 2 S. 1 StPO dar. Hieran ändert auch das Anführen beruflicher Gründe nichts, sofern diese nicht glaubhaft gemacht werden.

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Urteilsanalyse
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Die Termine der 29. Kalenderwoche

Das BVerfG will sich mit „grundlegenden Fragen der Wahlprüfung“ befassen, das BVerwG prüft die umstrittenen Bauvorhaben in Außenbereichsflächen ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und beim BAG fragt man sich in bester Loriot-Manier, wie man Tarifverträge auslegt. 

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Abhilfeklage (schon) vor der Umsetzung

Die These mag auf den ersten Blick kühn anmuten: Die Verbandsklagenrichtlinie (EU) 2020/1828, deren Umsetzung in deutsches Recht auch ein halbes Jahr nach Verstreichen der Frist hierfür noch immer auf sich warten lässt, könnte in ihrem Kernanliegen auch schon im geltenden Recht verwirklicht werden.

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NJW-Editorial
Keine Befangenheit des Sachverständigen bei nicht mitgeteiltem Ruhestand

Die Besorgnis der Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen folgt, so das OLG Dresden, nicht daraus, dass dieser nicht von sich aus mitteilt, dass er nicht mehr als Arzt tätig ist. Hieraus ggfs. resultierende Bedenken gegen den Inhalt des Gutachtens sind im Instanzenzug geltend zu machen.

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Urteilsanalyse
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Kein automatischer Schluss auf Besitzwillen i.S.d. § 184b StGB für Inhalte im Browser-Cache

Befinden sich kinderpornografische Inhalte im Browser-Cache eines gebraucht gekauften Mobiltelefons, kann laut Amtsgericht Pforzheim nicht ohne Weiteres auf einen entsprechenden Besitzwillen geschlossen werden.

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Urteilsanalyse
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Und täglich grüßt Bastille

Beim Thema Fremdbesitz an Anwaltskanzleien grüßt Bastille. Der Berufsstand sträubt sich weitgehend gegen Strukturänderungen, dann kommt ein gerichtlicher Paukenschlag, der die Profession kalt erwischt und auf den der Gesetzgeber reagiert. Eine neue Folge der Reflexionen über den Rechtsmarkt.

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Kolumne
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Die Termine der 28. Kalenderwoche

Müssen Steuerberaterprüfungen zur Gewährleistung der Chancengleichheit anonym erfolgen? Unter welchen Voraussetzungen müssen Vermieter Auskunft über die Berechnung der zulässigen Miethöhe geben? Und welche Pflichten gelten bei Massenentlassungen? Das sind die Rechtsfragen der 28. Kalenderwoche.

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Agenda
EU-Recht bricht nicht Völkerrecht

Der BGH entscheidet am 27.7.​2023 in drei Verfahren zu einer strittigen Frage des internationalen Investitionsschutzrechts: Verstoßen Schiedsgerichtsverfahren nach der völkerrechtlichen ICSID-Konvention zwischen EU-Investoren und EU-Mitgliedstaaten gegen Unionsrecht? Der EuGH hat dies für Schiedsverfahren bejaht, die nicht auf der ICSID-Konvention, sondern bilateralen Investitionsschutz-Abkommen beruhen (NJW 2018, 1663 – Achmea).

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NJW-Editorial
Anwalt muss Mandanten über Vor- und Nachteile beabsichtigten Vergleichs beraten

Der Rechtsanwalt ist laut BGH im Grundsatz gehalten, dem Mandanten eine eigenverantwortliche und sachgerechte Entscheidung über den Abschluss eines Vergleichs zu ermöglichen. Hierzu hat er den Mandanten über die Vor- und Nachteile des Vergleichs zu beraten. Die Beratungsbedürftigkeit entfällt erst dann, wenn der Mandant aus anderen Gründen über die Vor- und Nachteile des Vergleichs im Bilde ist. Dies muss der Rechtsanwalt darlegen und beweisen.

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Urteilsanalyse
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Pflicht zur Nutzung des ERV durch Verbands-Syndikusrechtsanwalt

Ein Verbandssyndikusrechtsanwalt ist laut BAG zur aktiven Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs aus § 46g S. 1 ArbGG berechtigt und verpflichtet, wenn er in dieser Stellung gegenüber einem Gericht tätig wird. Die Einreichung von Erklärungen bei Gericht unter Verwendung des elektronischen Rechtsverkehrs sei eine Frage der Zulässigkeit, so das Gericht weiter. Die Wahrung der Form sei daher von Amts wegen zu prüfen.

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Urteilsanalyse
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Chefsache LkSG

Anfang des Jahres ist das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten. Es verpflichtet Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern, ab 1.1.​2024 mit mindestens 1.000 Mitarbeitern, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihrer Lieferkette einzuhalten. Darüber hinaus nimmt das Gesetz auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in die Pflicht. Auf welche Weise, das wollten wir von Torsten Safarik wissen. Er ist seit 2019 Präsident des BAFA und hat das LkSG zur „Chefsache“ erklärt.

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Interview
Regelmäßiger Fahrerlaubnisentzug nach Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter

Eine Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) mit einem E-Scooter begründet die Regelvermutung der Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kfz. Von der Entziehung der Fahrerlaubnis kann nur in Ausnahmefällen abgesehen werden. (Leitsatz des Gerichts)

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Urteilsanalyse
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Die Termine der 27. Kalenderwoche

Der EuGH hat wichtige Datentermine auf der Agenda: Er verkündet ein Urteil zur Datenpraxis des Facebook-Konzerns Meta und verhandelt über die Verwertbarkeit sogenannter Enchrochat-Daten. Der Bundestag hat in der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause die Sterbehilfe auf der Tagesordnung.

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Agenda
Menschenmaschinerie

Die Weiterentwicklung Künstlicher Intelligenz (nein, es geht in dieser Kolumne nicht um ChatGPT, versprochen) führt zu einem ständigen Mensch-Maschine-Vergleich. Wer kann was besser? Die Optimisten fühlen sich den Maschinen, von denen sie immer noch glauben, dass sie letztlich doch nur berechnen können, überlegen, weil zum menschlichen Denken und Handeln eben mehr gehöre als die logische Schlussfolgerung. Die Pessimisten fürchten hingegen, dass die Maschinen den Menschen schon bald so überlegen sind, dass sie uns ganz ersetzen.

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Kolumne
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Zu kurz gesprungen

Massenhaft gleichgelagerte Einzelklagen belasten die Ziviljustiz seit Jahren. Der Verschwendung von Justizressourcen will das Bundesjustizministerium jetzt Einhalt ge­bieten. Geplant ist ein Leitentscheidungsverfahren (LeitEVerf) beim BGH.
Die den Einzelklagen zugrunde liegenden Rechtsfragen sollen höchstrichterlich auch dann „zügig“ geklärt werden können, wenn eine Entscheidung durch prozesstaktisches Verhalten der Parteien verhindert wird. Die Überschrift dieses Beitrags macht deutlich, wie das Vorhaben zu bewerten ist.

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NJW-Editorial
Streitgegenstand einer Unterlassungsklage

Der Streitgegenstand einer Unterlassungsklage wird nicht nur durch das im Antrag umschriebene Klageziel bestimmt, sondern - so der BGH - auch durch den Lebenssachverhalt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, ohne dies ausdrücklich zu beantragen.

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Urteilsanalyse
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