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Die Termine der 27. Kalenderwoche
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Alles dreht sich in dieser Woche um das Arbeitsrecht. So will das BAG klären, inwieweit bei der betrieblichen Altersversorgung auch Zeiten nach dem 65. Lebensjahr berücksichtigt werden müssen – eine Folge der Rentenreform. Auch geht es in Erfurt um den in vielen Branchen tobenden Streit um unterschiedliche Vergütungen für Nachtschichten – je nachdem, ob sie regulär anfallen oder nur sporadisch. Außerdem: Darf eine Corona-Sonderzahlung wegen Teilzeitarbeit gekürzt werden, wenn die Beschäftigte vorher einen Fulltime-Job ausübte? Und: Wie viele Bereitschaftszeiten müssen bei einem Schulhausmeister anfallen, damit der Arbeitgeber diese nur zur Hälfte bezahlen muss?

27. Jun 2024

Altersbezüge. In den ersten Bundesländern haben in dieser Berichterstattungswoche schon die Sommer­ferien begonnen. Aus den dementsprechend weniger gewordenen Vorankündigungen unserer Gerichte stechen vor allem Termine des BAG hervor – auch wenn kein einziger dort für so wichtig gehalten wurde, dass ein eigener Vorbericht verfasst wurde. So geht es am 2.7. um die Berechnung einer betrieblichen Altersversorgung. Klären müssen die Erfurter Bundesrichter, ob dabei auch Zeiten zu berücksichtigen sind, die ein Arbeitnehmer infolge der Verschiebung der gesetzlichen Rente auf ein höheres Alter hinaus tätig gewesen ist. Das LAG Hamburg hat in der Vorinstanz dem Kläger recht gegeben. Sein Arbeitgeber hatte bei Kollegen von ihm bei der Berechnung ihrer Altersversorgung über die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) die gesamte Dienstzeit berücksichtigt – auch ­solche nach Vollendung des 65. Lebensjahrs. Bei ihm jedoch nicht, weil der TV-Altersversorgung inzwischen geändert worden war und der Mann sich für eine betriebliche Altersversorgung entschieden hatte. Das verstieß nach Ansicht der hanseatischen Richter gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 I 1 GG iVm §§ 611, 242 BGB, obwohl er sich wirksam gegen eine Versorgung über die VBL entschieden habe.

Nachtarbeit. Am Tag darauf dreht es sich in Erfurt um 14 Fälle von Nachtarbeitszuschlägen in der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie von Mecklenburg-Vorpommern. Ein Dauerbrenner mit Breitenwirkung: Der 10. Senat hat am 22.5. sage und schreibe 31 Klagen erörtert – allesamt gleichzeitig (NJW-aktuell H. 21/
2024, 6). Damals lag der Manteltarifvertrag für die ­Arbeitnehmer der obst-, gemüse- und kartoffelver­arbeitenden Industrie, Essig- und Senfindustrie von Nordrhein-Westfalen zugrunde. Dahinter steckt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die will den – isoliert betrachtet – höheren tariflichen Nachtarbeitszuschlag, der für die außerhalb eines Schichtsystems geleistete Tätigkeit nach Sonnenuntergang vorgesehen ist, auch dann verlangen können, wenn sie im Rahmen der regelmäßigen Schichtarbeit geleistet wird. Nach einer Anfrage zur Erfrischungsgetränkeindustrie beim EuGH hat das BAG bereits befunden: Eine tarifvertragliche Regelung, die für unregelmäßige Nachtarbeit höhere Zuschläge vorsieht, verletze nicht den Gleichheitssatz, wenn neben dem Gesundheitsschutz weitere, aus dem Tarifvertrag erkennbare Zwecke verfolgt würden – etwa ein Ausgleich der zusätzlichen Belastungen aufgrund schlechterer Planbarkeit (NZA 2023, 638).

Corona-Verdienst. Wer während der Elternzeit in Teilzeit arbeitet, kann nach dem Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung im öffentlichen Dienst einen Anspruch auf die Zusatzvergütung haben – und zwar ungekürzt. Voraussetzung: Vor Beginn der Elternzeit war derjenige in Vollzeit tätig. So ein Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern, über das das BAG am 4.7. befinden will. Die Klägerin arbeitete für das Küstenland; bald bekam sie eine Tochter und beantragte eine direkt an den Mutterschutz anschließende Elternzeit. In dieser reduzierte sie sogleich ihren Arbeits­umfang zunächst auf zehn und dann auf 15 Stunden pro Woche. Kurz darauf trat der „TV Corona-Sonderzahlung“ in Kraft. Das Land überwies ihr nur knapp 500 Euro, weil es von einem lediglich anteiligen Anspruch ausging. Zu Unrecht, so die Richter in Rostock: Bei einem am tarifvertraglichen Stichtag ruhenden ­Arbeitsverhältnis verschiebe sich dieser nach vorne.

Überstundenvergütung. Wie viele Bereitschaftszeiten müssen bei einem Schulhausmeister anfallen, damit der Arbeitgeber diese nur zur Hälfte bezahlen muss? Darüber will das BAG am selben Tag entscheiden. Das LAG Düsseldorf meinte in der Vorinstanz: Ab 25 % der Gesamtarbeitszeit gilt dies bei Kommunen. Geht der Arbeitgeber aber sogar von 33 % aus, liegt die Beweislast für den zusätzlichen Anteil nach dem TVöD-V VKA bei ihm.

Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.