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Die Termine der 29. Kalenderwoche
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Ärztliche Behandlungen gegen den Willen des Patienten sind einer der schwersten Grundrechtseingriffe. Das BVerfG untersucht auf Vorlage des BGH eine Spezialregelung dazu im BGB. Außerdem zwei Fälle für die obersten Zivilrichter: Ist Martin Kind noch Aufsichtsratschef von Hannover 96? Und müssen sich auch jene Wohnungseigentümer an den Prozesskosten beteiligen, die ihren Prozess gegen die Gemeinschaft gewonnen haben? Das BVerwG untersucht, ob eine Gleichstellungsbeauftragte verlangen kann, an der Besetzung von Stellen mitzuwirken, auf die sie sich selbst beworben hat.

10. Jul 2024

Zwangsspritzen. Das BVerfG setzt bekanntlich nicht oft eine mündliche Verhandlung an. Dass der Erste ­Senat dies jetzt für den 16.7. getan hat, ist damit schon ein Signal für sich. Es geht um „ärztliche Zwangsmaßnahmen“ – also um einen der schwersten Grundrechtseingriffe überhaupt und damit um ein grundsätzliches Thema. Der BGH hat die Karlsruher Grundgesetzhüter angerufen, weil er von der Verfassungswidrigkeit einer einschlägigen Bestimmung überzeugt ist. Diese gibt es zwar nicht mehr; es handelte sich um § 1906a I 1 Nr. 7 BGB aF, die zum 1.1.​23 durch das „Gesetz zur ­Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“ außer Kraft getreten ist. Doch sieht die Nachfolge­regelung in § 1832 I 1 Nr. 7 BGB Ähnliches vor.

Die beanstandete Vorschrift klingt zwar recht speziell. Doch der BGH betont, dennoch handele es sich um eine „zahlenmäßig relevante Gruppe“ von Betroffenen. Sie schrieb vor, dass ärztliche Zwangsmaßnahmen ­gegenüber Betreuten im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus durchgeführt werden müssen, in dem die gebotene medizinische Versorgung einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist. Der Fall betrifft eine Patientin mit einer paranoiden Schizophrenie, weswegen sie für Entscheidungen zur Gesundheitsfürsorge und Auf­enthaltsbestimmung unter Betreuung gestellt wurde. Gegen die Psychose wird ihr regelmäßig ein Neuro­leptikum in Depotform gespritzt. Sie ist seit 2008 – mit zwischenzeitlichen Klinikaufenthalten – in einem geschlossenen Wohnverbund untergebracht. Zur Ver­abreichung des Medikaments wird sie stets in ein nahe gelegenes Krankenhaus gebracht, was teilweise nur durch ihre Fixierung möglich war. Der Betreuer hat deshalb eine „stationsäquivalente Behandlung“ in ihrer Wohneinrichtung beantragt, was das AG Lippstadt und das LG Paderborn aufgrund der Gesetzeslage ablehnten. Er befürchtet eine erneute Retraumatisierung, und der BGH hält die Vorschrift für unvereinbar mit der aus Art. 2 II 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates. Der XII. Zivilsenat meint unter Hinweis auf Entscheidungen des BVerfG: „Die staatliche Gemeinschaft darf den ­hilflosen Menschen – ungeachtet seiner ‚Freiheit zur Krankheit‘ – nicht einfach sich selbst überlassen.“

Hannover 96. Ob Mar­tin Kind noch Aufsichtsratschef der Management-GmbH des Fußballclubs Hannover 96 ist, will der BGH am 16.7. kurz nach Abpfiff der EM 2024 verkünden. Verhandelt hat er darüber bereits Anfang Juni (NJW-aktuell H. 23/2024, 6). Der II. Zivilsenat muss entscheiden, ob der Mutterverein ihn rechtswirksam abgesetzt hat. Letztlich steckt dahinter die umkämpfte „50+1-Regel“. Das OLG Celle hatte die Abberufung für nichtig erklärt. So sei der Rausschmiss nicht vom Aufsichtsrat der Management GmbH und damit kompetenzwidrig beschlossen worden. Auch lägen ein Verstoß gegen den „Hannover-96-Vertrag“ und (analog zu § 241 Nr. 4 AktG) Sittenwidrigkeit vor. Denn das bewusste ­Unterlaufen der satzungsmäßigen Kompetenzverteilung sei besonders treuwidrig gewesen.

Prozesskosten für Sieger. Und auch der V. Zivilsenat in Karlsruhe will ein Urteil sprechen: Müssen sich jene Eigentümer an den Kosten eines Prozesses gegen die Gemeinschaft beteiligen, den sie gewonnen haben? ­Erörtert hat er dies bereits Mitte Mai (NJW-aktuell H. 20/2024, 6). Denn nach der Reform des WEG gilt es zu klären, ob derartige Ausgaben nunmehr gemäß dessen § 16 II 1 zu den auf alle Immobilieneigner umzulegenden Verwaltungskosten gehören.

Richterin in eigener Sache. Die Gleichstellungsbe­auftragte eines Jobcenters kämpft am 18.7. vor dem BVerwG auf die Feststellung, dass sie – und nicht ihre Stellvertreterin – bei der Auswahlentscheidung für mehrere Stellen zu beteiligen gewesen wäre. Der Haken: Auf diese Jobs hatte sie sich auch selbst beworben. Die beiden Vorinstanzen in Berlin befanden, dass es ihr für eine Mitwirkung an der gebotenen Unbefangenheit gefehlt hätte.

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Prof. Dr. Joachim Jahn ist Mitglied der NJW-Schriftleitung.