Donnerstag, 13.4.2017
OLG Schleswig zur Prokon-Insolvenz: Anfechtung des Genussrechtserwerbs bedingt keine Besserstellung als Gläubiger
Gläubiger, die den Erwerb von Genussrechten der insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Täuschung angefochten haben, werden nach dem Insolvenzplan nicht gegenüber anderen Gläubigern mit "Forderungen aus Genussrechten" bevorzugt. Sie müssen sich laut schleswig-holsteinischem Oberlandesgericht nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vielmehr so behandeln lassen wie alle Genussrechtsinhaber (Urteile vom 06.04.2017, Az.: 11 U 96/16, 11 U 127/16, 11 U 128/16). Mehr lesen
FG Berlin-Brandenburg nimmt Stellung zur Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen
Eine beim Finanzgericht erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Ziel der Feststellung, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung einer Finanzbehörde in Bezug auf Rundfunkbeiträge rechtswidrig war, ist unzulässig. Es fehle am berechtigten Interesse an einer solchen Feststellung, weil die Rundfunkbeiträge nur bei Feststellung der Rechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Beitragsbescheide zurückerlangt werden könnten, so das Finanzgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 24.08.2016 (Az.: 11 K 11123/16, rechtskräftig). In einem weiteren Verfahren betreffend die Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Weg der Zwangsvollstreckung (Az.: 11 V 11240/16) stellt das FG klar, dass das einfache Bestreiten, gleich mehrere Leistungsbescheide nicht erhalten zu haben, nicht glaubhaft ist, wenn sich der Wille, sich hartnäckig der Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags zu entziehen, als offenkundig darstellt (Beschluss vom 16.11.2016, BeckRS 2016, 117658). Mehr lesen
BVerwG: EuGH soll über Zulässigkeit von Planerhaltungsvorschriften bei UVP-pflichtigen Bebauungsplänen entscheiden
Der Gerichtshof der Europäischen Union soll klären, ob nationale Vorschriften über die Planerhaltung von Bebauungsplänen den Anforderungen des Unionsrechts genügen. Hierum bittet das Bundesverwaltungsgericht in einem Vorabentscheidungsersuchen. Konkret geht es um die Vereinbarkeit von § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB mit der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (Beschluss vom 14.03.2017, Az.: 4 CN 3.16). Mehr lesen
BVerfG: Erneute Eilanträge gegen Vorratsdatenspeicherung abgelehnt

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschlüssen vom 26.03.2017 erneute Eilanträge gegen das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten abgelehnt. Auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2016 (BeckRS 2016, 109826) stellten sich hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bewertung der angegriffenen Regelungen Fragen, die nicht im Eilrechtschutzverfahren zu klären seien (Az.: 1 BvR 3156/15 und 1 BvR 141/16).

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OLG München: YouTube muss Marlene-Dietrich-Aufnahmen nicht löschen
YouTube muss Aufnahmen von Marlene Dietrich bei einem Konzert in London 1972 nicht löschen. Das hat das Oberlandesgericht München am 13.04.2017 entschieden (Az.: 6 U 3515/12). Es wies eine Klage der Gesellschaft Marlene Dietrich Collection GmbH ab, die die Rechte von Dietrichs Tochter Maria Riva vertritt. Mehr lesen
EGMR verurteilt Russland wegen des Geiseldramas in Beslan
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland schweres Versagen bei dem blutigen Geiseldrama in Beslan vorgeworfen. Die Straßburger Richter verurteilten Moskau am 13.04.2017 dazu, 409 Opfern insgesamt knapp drei Millionen Euro Schmerzensgeld zu zahlen (Az.: 26562/07, 14755/08, 49339/08, 49380/08, 51313/08, 21294/11 und 37096/11, nicht rechtskräftig). Mehr lesen
FG Düsseldorf: Wohnungseinrichtung fällt bei doppelter Haushaltsführung nicht unter nur begrenzt abzugsfähige Unterkunftskosten
Die Kosten für die notwendige Einrichtung der Wohnung im Rahmen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung gehören nicht zu den Unterkunftskosten, deren Abzug auf 1.000 Euro im Monat begrenzt ist. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14.03.2017 (Az.: 13 K 1216/16 E). Das Gericht tritt damit der Ansicht der Finanzverwaltung entgegen, wie sie aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums zum neuen steuerlichen Reisekostenrecht hervorgeht. Es hat deswegen die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Mehr lesen
OLG Hamm: Öffnen der Beifahrertür kann gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sein

StGB §§ 224 I, 315b I; StPO § 473 I

Täter eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr kann im Fall des sogenannten verkehrsfremden Inneneingriffs auch der Beifahrer sein, wenn er durch diese Handlung ein Hindernis bereiten will und mit Schädigungsabsicht handelt. (Leitsatz der Verfasserin)

OLG Hamm, Beschluss vom 31.01.2017 - 4 RVs 159/16, BeckRS 2017, 102989

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LSG Baden-Württemberg: Hartz-IV-Empfängerin darf kein Vermögen "für schlechte Zeiten“ verheimlichen

Wer über Vermögen verfügt, das die relevanten Freibeträge der Grundsicherung für Arbeitsuchende übersteigt, muss dieses angeben und vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts verwenden. Wer relevantes Vermögen verheimlicht, muss damit rechnen, dass das Jobcenter nachträglich Leistungen zurückverlangt. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden und eine Hartz-IV Empfängerin dazu verurteilt, an das Jobcenter 16.500 Euro zurückzuzahlen (Urteil vom 23.03.2017, Az.: L 7 AS 758/13).

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Schweden: An Krankenhaus beschäftigte Hebamme muss zu Hilfe bei Abtreibungen bereit sein

Ein Krankenhaus in Schweden kann eine Hebamme ablehnen, die aus christlicher Überzeugung nicht bei Abtreibungen helfen will. Das hat ein Arbeitsgericht des Landes am 12.04.2017 entschieden. Eine schwedische Hebamme hatte sich diskriminiert gefühlt, weil ihre Bewerbungen abgelehnt worden waren.

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Bundeskabinett will Kindergeld für im Heimatland lebende Kinder von EU-Ausländern kürzen

Die Bundesregierung will das Kindergeld für EU-Ausländer kürzen, wenn der Nachwuchs der Betroffenen gar nicht in Deutschland lebt. Eine entsprechende Absichtserklärung hat das Kabinett am 12.04.2017 beschlossen. Einen konkreten Gesetzentwurf soll es allerdings erst nach einer zugehörigen Änderung des EU-Rechts geben.

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OLG Hamm: Naturkindergarten kann von nichtwirtschaftlichem Verein betrieben werden

Ein Verein, der einen Naturkindergarten unterhalten will, kann als nichtwirtschaftlicher Verein in das Vereinsregister einzutragen sein. Unter Hinweis auf diese Rechtslage hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm den erstinstanzlichen Beschluss des Amtsgerichts Essen aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, die Vereinsregisteranmeldung des antragstellenden Vereins unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden (Beschluss vom 06.04.2017, Az.: 27 W 24/17 ).

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Mittwoch, 12.4.2017
Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen
Das Bundeskabinett hat am 12.04.2017 den von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen beschlossen. Die geplante Neuregelung sieht Verbesserungen beim Kinderschutz, der Lebenssituation von Pflegekindern sowie des Schutzes in Flüchtlingsunterkünften vor. Außerdem sollen Inklusion und gleichberechtigte Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen sichergestellt werden. Mehr lesen
Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zur Schaffung einer "Bildungs- und Wissenschaftsschranke" im Urheberrecht
Die Bundesregierung will das Wissenschafts-Urheberrecht modernisieren. Dafür hat sie am 12.04.2017 den von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft beschlossen. Wie das Bundesjustizministerium mitteilt, setzt der Entwurf die Maßgabe des Koalitionsvertrages um, eine sogenannte Bildungs- und Wissenschaftsschranke – also eine gesetzliche Nutzungserlaubnis – im Urheberrecht zu schaffen. Mehr lesen
VGH Mannheim bestätigt uneingeschränkten Zugang zu Umweltinformationen über Emissionen eines Zementwerks
Die Klage eines Unternehmens der Zementindustrie gegen die Gewährung uneingeschränkten Zugangs zu Umweltinformationen über Emissionen des Werkes bleibt erfolglos. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat mit Urteil vom 21.03.2017 das Recht auf Zugang bei der informationspflichtigen Behörde bekräftigt. Das Gericht verwies in seiner Begründung auf europarechtliche Vorgaben, wonach ein hohes Maß an Transparenz erforderlich sei. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen könne dem Recht nicht wirksam entgegengehalten werden. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen (Az.: 10 S 413/15). Mehr lesen
OLG Hamm: Ohne Sachverständigengutachten keine Änderung der Geschlechtszugehörigkeit

Ohne sachverständige Begutachtung kann ein Gericht keine Namensänderung und keine Veränderung der Geschlechtszugehörigkeit nach dem Transsexuellengesetz aussprechen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 22.02.2017 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund bestätigt. Das gesetzliche Begutachtungserfordernis sei weder verfassungswidrig noch verstoße es gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (Az.: 15 W 2/17).

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BFH: Kosten für Bebauung eines Grundstücks können rückwirkend Gegenstand der Grunderwerbsteuer werden
Wird ein Bauerrichtungsvertrag zeitlich nach dem Grundstückskaufvertrag und nach der Festsetzung der Grunderwerbsteuer geschlossen, kann die Finanzbehörde berechtigt sein, im Wege der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung die Bauerrichtungskosten zusätzlich zu den Kosten des Grundstückserwerbs mit Grunderwerbsteuer zu belasten. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 25.01.2017 entschieden und damit eine weitere Entscheidung zu dem Themenkomplex des einheitlichen Erwerbsgegenstands im Grunderwerbsteuerrecht getroffen (Az.: II R 19/15). Mehr lesen
BVerwG: Soldaten auf Zeit müssen Kosten für Bundeswehrstudium bei vorzeitigem Verlassen des Dienstes erstatten

Soldaten auf Zeit, die auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolvieren, die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit verlassen, sind grundsätzlich verpflichtet, dem Bund die Ausbildungskosten zu erstatten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 12.04.2017 entschieden (Az.: 2 C 16.16, 2 C 5.16, 2 C 8.16, 2 C 14.16, 2 C 15.16, 2 C 4.16, 2 C 23.16, 2 C 24.16, 2 C 29.16, 2 C 47.16, 2 C 48.16, 2 C 3.17, 2 C 1.17, 2 C 2.17 und 2 C 9.17).

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BFH akzeptiert Gestaltungen betreffend gewerblicher Verluste durch Ankauf physischen Goldes
Der Bundesfinanzhof hat zwei – auch als "Goldfinger-Modelle" beschriebene – Gestaltungen akzeptiert, bei denen Personengesellschaften durch den Ankauf physischen Goldes Verluste aus Gewerbebetrieb erzielt haben. Diese Gestaltungen führen bei den Gesellschaftern zu Steuervorteilen, wenn kein sogenanntes Steuerstundungsmodell vorliegt (Urteile vom 19.01.2017, Az.: IV R 10/14 und IV R 50/14). Mehr lesen
BFH klärt Zuständigkeit der Familienkassen für Auslandsfälle
Die Anordnung der Bundesagentur für Arbeit, mit der sie die Zuständigkeit für Auslandsfälle bei bestimmten Familienkassen konzentriert hat, begründet keine sachliche, sondern (nur) eine örtliche Zuständigkeit ihrer Familienkassen. Hat eine danach örtlich unzuständige Familienkasse den Antrag auf Kindergeld abgelehnt, kann sie auf den Einspruch hin entweder ihren Ablehnungsbescheid aufheben und den Antrag an die örtlich zuständige Familienkasse weiterleiten oder die Entscheidung über den Einspruch der zuständigen Familienkasse überlassen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 19.01.2017 entschieden (Az.: III R 31/15). Mehr lesen