Dienstag, 30.5.2017
AG Bocholt: Hohe Anforderungen an die Strafbarkeit wegen Besitzes jugend- oder kinderpornographischer Schriften

StGB §§ 184b, 184c; BGB § 854 I

1. Eine Bestrafung wegen des Besitzes jugendpornographischer Bilder kommt nur in Betracht, wenn entweder das jugendliche Alter der Person bekannt ist oder diese ganz offensichtlich nicht volljährig sind. Im letztgenannten Fall müssen sie so kindlich wirkenden dass sie fast schon in die Nähe des Besitzes kinderpornographischer Schriften fallen.

2. Sind auf einem Computer kinderpornographische Bilder nur im so genannten Cache gespeichert, so ist bereits der Besitz zweifelhaft. Zumindest beim durchschnittlichen Nutzer kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihm die Existenz der Datenspeicherung im Cache geläufig war und er wusste, wie diese Daten gelöscht werden können, so dass der Vorsatz entfällt. (Leitsätze des Gerichts)

AG Bocholt, Beschluss vom 23.03.2017 - 3 Ds 540 Js 100/16 - 581/16, BeckRS 2017, 108815

Mehr lesen
Innenausschuss: Experten überwiegend für Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von staatlicher Parteienfinanzierung

In einer Anhörung des Bundestagsinnenausschusses über Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen (BT-Drs. 18/12357, 18/12358) sowie des Bundesrates (BT-Drs. 18/12100, 18/12101) zum Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Finanzierung hatten die Experten überwiegend keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der parlamentarische Pressedienst am 30.05.2017 berichtet. Unterschiedlicher Ansicht seien sie allerdings hinsichtlich der geplanten Fristenregelung für die Möglichkeit einer betroffenen Partei gewesen, die Aufhebung des Ausschlusses zu beantragen. Hier sei zum Teil eine Regelung gefordert worden, die die "Verfahrensherrschaft" beim Staat belasse.

Mehr lesen
LG Koblenz: Großer Neonazi-Prozess endgültig eingestellt

Das Landgericht Koblenz hat einen der umfangreichsten Neonazi-Prozesse in Deutschland nach mehr als 300 Verhandlungstagen eingestellt. Das Gericht begründete diesen Beschluss am 30.05.2017 mit dem “Verfahrenshindernis der überlangen Verfahrensdauer“ von fast fünf Jahren.

Mehr lesen
Anhörung: Wissenschaft und Verleger uneins über Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (BT-Drs.:18/12329) wird von Wissenschaft und Verlegern kontrovers beurteilt. Die Lehrbuchverlage sehen die Urheberinteressen durch die sogenannte Wissenschaftsschranke zu stark beschnitten und insgesamt nicht ausreichend berücksichtigt. Die Vertreter aus der Wissenschaft waren zufriedener mit dem Entwurf, haben aber auch Verbesserungen in Einzelpunkten vorgeschlagen. Dies ist das Ergebnis einer Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages am 29.05.2017.

Mehr lesen
Arbeitsausschuss diskutiert Öffnungsklausel für Sonntagsarbeit im Bäckereihandwerk

Der Deutsche Gewerkschaftsbund bewertet die von der Bundesregierung geplanten Änderungen des Arbeitszeitgesetzes positiv. Das zeigte sich in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am 29.05.2017 zu einem Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/12041) der Bundesregierung. Die Änderungen im Arbeitszeitgesetz sehen unter anderem eine Öffnungsklausel für das Bäckereihandwerk vor.

Mehr lesen
Verfassungsschutzchef Maaßen fordert "nötige Werkzeuge gegen Terror"

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen fordert angesichts der Bedrohung durch den islamistischen Terror mehr Befugnisse und neue Strukturen für die deutschen Sicherheitsbehörden. "Es ist notwendig, dass Sicherheitslücken geschlossen werden“, sagte Maaßen am 29.05.2017 bei einem Verfassungsschutz-Symposium in Berlin. Die Sicherheitsbehörden müssten die nötigen Werkzeuge an die Hand bekommen.

Mehr lesen
Facebook: Gesetz gegen Hass im Netz verfassungswidrig und ineffizient

Facebook wehrt sich mit scharfen Worten gegen das von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz. Der Entwurf sei verfassungswidrig, zu unklar formuliert und könne die Meinungsfreiheit einschränken, kritisierte das weltgrößte Online-Netzwerk in einer ersten ausführlichen Stellungnahme zu dem Entwurf. Zudem gebe es das Risiko, dass sich mehr Menschen radikalisierten, weil sie auf nicht regulierte Plattformen abwandern.

Mehr lesen
Montag, 29.5.2017
Grünen-Vorschlag eines Bundespolizeibeauftragten löst Disput aus
Mit ihrer Forderung nach einem unabhängigen Bundesbeauftragten zur Aufklärung polizeilicher Fehler und Missstände erntet die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen energischen Widerspruch der Betroffenen. In einer Anhörung des Innenausschusses des Bundestages sprachen Vertreter der Polizeigewerkschaften am 29.05.2017 von einem "Generalverdacht" gegen die Beamten und von "politischer Paralleljustiz". Als "Element der Qualitätssicherung" und "Instrument moderner Mitarbeiterführung" möchten dagegen die Grünen den Vorschlag verstanden wissen. Ihrem Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/7616) zufolge soll der Beauftragte vom Bundestag gewählt werden und für Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Zollverwaltung zuständig sein. Mindestens alle zwei Jahre solle er schriftlich Bericht erstatten. Mehr lesen
BGH: Darlegung eines Mietmangels

GG Art. 103 I; ZPO § 529 I Nr. 1

Der Mieter genügt seiner Darlegungslast zur Darstellung eines Mangels der Mietsache, wenn er konkrete Mangelsymptome beschreibt. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschluss vom 21.02.2017 - VIII ZR 1/16, BeckRS 2017, 103891

Mehr lesen
OLG Hamm: Grundstückseigentümer müssen von Wisenten ausgehende Störungen nicht immer dulden
Eigentümer von Waldgrundstücken können aus dem Naturschutzrecht dazu verpflichtet sein, die von ausgewilderten Wisenten für ihre Grundstücke ausgehenden Störungen zu dulden. Dies gilt laut Oberlandesgericht Hamm allerdings nicht, wenn die zuständige Naturschutzbehörde eine Ausnahmegenehmigung zur Verfolgung der Wisente erteilt hat. Die beiden Urteile vom 29.05.2017 (Az.: 5 U 153/15 und 5 U 156/165) sind noch nicht rechtskräftig, nachdem das OLG jeweils die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat. Mehr lesen
USA: Strafmaß für Washington-"Sniper" Malvo muss neu festgesetzt werden

Fast 15 Jahre nach den tödlichen "Sniper"-Attacken von Washington hat ein Bundesrichter im US-Staat Virginia am 26.05.2017 die Strafen für Lee Boyd Malvo aufgehoben. Der zur Tatzeit erst 17-jährige Malvo sei widerrechtlich zu zwei lebenslangen Haftstrafen ohne Möglichkeit einer Begnadigung verurteilt worden.

Mehr lesen
SG Heilbronn: Hartz-IV-Empfänger dürfen Zwangsvollstreckung bei Jobcenter fortsetzen
In einem Streit um offene Forderungen zwischen dem Jobcenter der Stadt Heilbronn und zwei Hartz-IV-Beziehern hat das Sozialgericht Heilbronn entschieden, dass die Zwangsvollstreckung gegen das Jobcenter bis auf einen Betrag von 20 Euro (den die Hartz-IV-Empfänger dem Jobcenter tatsächlich noch schuldig sind) fortgesetzt werden darf. Eine Taschenpfändung beim Jobcenter war zuvor erfolglos verlaufen, weil bei diesem wohl kein Bargeld verfügbar war (Beschluss vom 27.04.2017, Az.: S 3 AS 1041/17 ER). Mehr lesen
LG Frankfurt am Main: "Alte Leipziger" muss Standmitteilungen bei Lebensversicherungen nachbessern

Die "Alte Leipziger" erfüllt nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen an Standmitteilungen bei kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen. Dies hat das Landgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 10.05.2017 (Az.: 2-06 O 375/16) entschieden, wie die Verbraucherzentrale Hamburg am 29.05.2017 mitteilte. Die Überschussanteile und die garantierten Teilbeträge seien in den Mitteilungen gesondert auszuweisen.

Mehr lesen
OLG Oldenburg spricht Ehewohnung nach Drohungen des Ehemannes Ehefrau zu
Wenn ein Ehepartner den anderen nach der Trennung bedroht und zudem gewaltsam in die bis dato gemeinsame Ehewohnung einbricht, muss er damit rechnen, dass die Wohnung zur Verhinderung einer "unbilligen Härte" nicht ihm, sondern dem Ex-Partner zugesprochen wird. Dies zeigt ein vom Oberlandesgericht Oldenburg entschiedener Fall (Beschluss vom 31.01.2017, Az.: 4 UFH 1/17 und Beschluss vom 29.03.2017, Az.: 4 UF 12/17). Mehr lesen
Hochschulrektorenkonferenz gegen Verwässerung der Urheberrechts-Reform
Die von der Bundesregierung geplante Reform des Urheberrechts für die Wissenschaft sollte nach Ansicht der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ohne Abstriche umgesetzt werden. Vor einer Anhörung im Bundestags-Rechtsausschuss am 29.05.2017 sagte HRK-Präsident Horst Hippler der Deutschen Presse-Agentur: "Der Regierungsentwurf weist den Weg ins digitale Zeitalter. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens muss er so erhalten bleiben, wie er ist – trotz des starken Drucks der Verlagslobby." Allerdings stößt die geplante Novelle des Urheberrechts zunehmend auch auf Widerstand in der Union. Mehr lesen
LG Stuttgart stellt Strafverfahren gegen Christa Schlecker gegen Geldauflage ein
Das Strafverfahren gegen die Frau des früheren Drogeriemarkt-Chefs Anton Schlecker ist eingestellt worden. Die wegen Beihilfe zum Bankrott mitangeklagte Christa Schlecker erklärte sich am 29.05.2017 vor dem Stuttgarter Landgericht bereit, 60.000 Euro an gemeinnützige Organisationen zu zahlen. Mehr lesen
Deutscher Richterbund: Pressearbeit der Justiz muss ausgebaut werden
Der Deutsche Richterbund (DRB) begrüßt den Vorstoß der Präsidenten der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs, die Pressearbeit in der Justiz weiter auszubauen. "Es braucht in allen Bundesländern verbindliche Vorgaben, inwieweit Richter an Amts-, Land- und Oberlandesgerichten für die Pressearbeit freigestellt werden", fordert der DRB-Vorsitzende Jens Gnisa. Wenn die Justiz ihre Arbeit in der Öffentlichkeit noch besser erklären solle, seien gut ausgebildete und schnell erreichbare Gerichtssprecher unverzichtbar. Mehr lesen
Gerichtspräsidenten dringen auf Wahrung der Rechtsstaatlichkeit auch in Polen und der Türkei
Im Rahmen ihrer 69. Jahrestagung haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs deutlich besorgt über die justizpolitischen Entwicklungen in Polen sowie die fortdauernde Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze in der Türkei gezeigt. Im Rahmen ihrer über 20 Punkte umfassenden Tagesordnung haben die Teilnehmer auch über weitere Themen diskutiert. Mehr lesen
Fahrsimulatoren in Führerscheinausbildung: Gerichte untersagen Werbung mit Preisersparnis als irreführend
Auf Betreiben der Wettbewerbszentrale haben Gerichte in zwei Grundsatzverfahren Hinweise auf eine Preisersparnis beim Einsatz von Fahrsimulatoren in der Führerscheinausbildung als irreführend untersagt. Konkret geht es um ein Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 09.05.2017 (Az.: 15 O 110/16, nicht rechtskräftig) sowie um ein Urteil des Landgerichts Gera vom 20.02.2017 (Az.: 11 HK O 57/16), wie die Wettbewerbszentrale am 23.05.2017 mitteilte. Mehr lesen
Freitag, 26.5.2017
BGH: Alleinige Inhaberin des Anspruchs auf Zahlung des Wohngeldes ist die Wohnungseigentümergemeinschaft

WEG §§ 21 IV, 28 II, V

1. Alleinige Inhaberin des Anspruchs auf Zahlung des Wohngeldes ist die Wohnungseigentümergemeinschaft.

2. Erfüllt ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtung zur Zahlung des Wohngeldes nicht, kommen gegen ihn nur Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht aber der einzelnen Wohnungseigentümer in Betracht.

BGH, Urteil vom 10.02.2017 - V ZR 166/16 (LG Saarbrücken), BeckRS 2017, 109303

Mehr lesen