Freitag, 31.3.2017
FG Köln: Anspruch auf Kindergeld besteht bei Gendefekt auch nach Erreichen der Altersgrenze
Eltern erhalten für erwachsene Kinder zeitlich unbegrenzt Kindergeld, wenn das Kind behindert ist und es deshalb seinen Unterhalt nicht selbst bestreiten kann. Dies gilt nach einem Urteil des Finanzgerichts Köln vom 12.01.2017 auch dann, wenn der Gendefekt erst nach Erreichen der Kindergeld-Altersgrenze diagnostiziert wird und das Kind davor seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten konnte (Az.: 6 K 889/15, BeckRS 2017, 104294). Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Das Verfahren wird beim Bundesfinanzhof unter dem Az. XI R 8/17 geführt. Mehr lesen
OVG Münster: Nordrhein-westfälisches Mindestabstandsgebot zwischen Sportwettbüros und Einrichtungen für Minderjährige möglicherweise rechtswidrig
Der Betrieb eines Sportwettbüros darf voraussichtlich nicht deshalb untersagt werden, weil im Abstand von 200 Metern Luftlinie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bestehen. Dies geht aus einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in Münster vom 29.03.2017 hervor. In seiner Begründung verwies das Gericht auf das Fehlen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (Az.: 4 B 919/16). Mehr lesen
Bundestag reformiert den Mutterschutz
Auch Schülerinnen und Studentinnen sollen künftig Mutterschutz in Anspruch nehmen können. Das sieht eine umfassende Reform des Mutterschutzrechts vor, die der Bundestag am 30.03.2017 verabschiedet hat. Bevor die 65 Jahre alten Regelungen endgültig modernisiert werden, muss allerdings noch der Bundesrat zustimmen. Künftig soll es für Schwangere keine Arbeitsverbote mehr gegen ihren Willen geben. Die Möglichkeit der Sonntagsarbeit wird ebenfalls erweitert, falls die Betroffene das möchte. Mehr lesen
BVerfG: Kindererziehungszeiten in Nicht-EU-Staaten müssen rentenrechtlich nicht berücksichtigt werden
Es besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf die rentenrechtliche Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in einem Drittstaat, der nicht Mitglied der Europäischen Union ist. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit einem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 06.03.2017 bekräftigt und damit die Verfassungsbeschwerde einer Frau nicht zur Entscheidung angenommen, der die rentenrechtliche Berücksichtigung ihrer Erziehungsleistung in Kanada versagt worden war (Az.: 1 BvR 2740/16). Mehr lesen
Länder unterzeichnen Kooperationsvereinbarung zur elektronischen Akte
Die Länder Baden-Württemberg, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen wollen künftig bei der Entwicklung und Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Aktenführung in der Justiz stärker zusammenarbeiten. Wie das baden-württembergische Justizministerium mitteilte, haben die Vertreter der Justizministerien dafür am 29.03.2017 eine entsprechende Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Ziel sei es, die sich ergebenden Synergieeffekte für die Lösung einer Vielzahl sich ergebender rechtlicher, technischer und organisatorischer Fragestellung zu nutzen. Dadurch sollen beispielsweise doppelte Beauftragungen von Softwarefirmen und die parallele Erarbeitung von Lösungen vermieden werden. Mehr lesen
LG Nürnberg-Fürth: Keine einseitige Begrenzung der Laufzeit aus "bauspartechnischen Gründen"
Eine Klausel, mit der eine Bausparkasse es sich vorbehält, bei bestimmten Verträgen die Laufzeit einseitig wegen "bauspartechnischer Gründe“ zu begrenzen, ist rechtswidrig. Wie die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg mitteilte, ergibt sich dies aus einem Versäumnisurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14.03.2017. Die Verbraucherschützer waren im zugrundeliegenden Verfahren gegen eine entsprechende Klausel der BSQ Bauspar AG vorgegangen (Az.: 7 O 1987/16). Mehr lesen
AG Landstuhl: Einstecken eines Mobiltelefons in eine Ladeschale beim Führen eines Kraftfahrzeugs ist keine «Benutzung»

StVO § 23 Ia

Das Aufnehmen eines im Fahrzeug liegenden Mobiltelefons durch den Fahrer während der Fahrt, um es an einem anderen Ort im Fahrzeug in eine Ladeschale zu stecken, stellt kein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO dar. (entgegen OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.12.2015 - 2 Ss OWi 290/15-juris). (Leitsatz des Gerichts)

AG Landstuhl, Urteil vom 06.02.2017 - 2 OWi 4286 Js 12961/16, BeckRS 2017, 102956

Mehr lesen
VG Hannover: Autofahrer müssen nicht für Bergung und Entsorgung von Unfallwild zahlen
Ein durch Leistungsbescheid geltend gemachter Kostenerstattungsanspruch der Straßenbehörde für die Beseitigung und Entsorgung von Unfallwild kann nicht auf die versäumte unverzügliche Straßenreinigung durch den am Unfallgeschehen beteiligten Kfz-Fahrer gestützt werden, weil der Eintritt der Reinigungspflicht aufschiebend bedingt vom Verzicht des Jagdausübungsberechtigten auf sein Aneignungsrecht am verendeten Wild abhängt. Dies hat das Verwaltungsgerichts Hannover mit mehreren Urteilen vom 29.03.2017 klargestellt und verschiedene Leistungsbescheide der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr aufgehoben. Das VG hat die Berufung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sachen zugelassen (Az.: 7 A 5245/16 und andere). Mehr lesen
VG Berlin: Online-Portal muss Wohnungsinhaber auch bei Vermittlung von Wohnungen "schwuler oder schwulenfreundlicher" Gastgeber benennen
Auch ein Internetportal, das Unterkünfte von "schwulen oder schwulenfreundlichen" Gastgebern vermittelt, muss den Wohnungsinhaber benennen, wenn der begründete Verdacht einer Zweckentfremdung von Wohnraum besteht. Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Beschluss vom 27.03.2017 ein entsprechendes auf das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz gestütztes Auskunftsverlangen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg in einem Eilverfahren als rechtmäßig bestätigt. Die Befürchtungen des Portalbetreibers, die Bekanntgabe der Daten könne schutzwürdige Belange der Nutzer verletzen, teilte das Gericht nicht (Az.: VG 6 L 250.17). Mehr lesen
Gericht: Haftstrafen für 111 pro-kurdische Oppositionelle in der Türkei
Ein türkisches Gericht hat in einem Massenprozess gegen kurdische Oppositionelle 111 Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt. 43 Beschuldigte seien in der Verhandlung in der Kurdenmetropole Diyarbakir am 28.03.2017 freigesprochen worden, sagte Merdan Berk, ein Sprecher der kurdischen Partei DBP – dem kommunalen Ableger der im Parlament vertretenen Oppositionspartei HDP – der Deutschen Presse-Agentur am 29.03.2017. Mehr lesen
Türkei: Gericht ordnet Einstellen von Booking.com-Vermittlungen an
Ein Istanbuler Gericht hat die Einstellung aller Aktivitäten des Hotelbuchungsportals Booking.com in der Türkei angeordnet. Über die App und die Webseite des Portals waren am 30.03.2017 aus der Türkei heraus keine Unterkünfte im Land mehr zu buchen. Hotels außerhalb des Landes waren aber weiterhin im Angebot. Auch konnten aus dem Ausland heraus über Booking.com weiterhin Unterkünfte in der Türkei gebucht werden. Das Hotelbuchungsportal hat rechtliche Schritte gegen den gerichtlich angeordneten Stopp angekündigt. Zugleich teilte Booking.com mit, den Beschluss eines Istanbuler Gerichts bis zum Ausgang des Verfahrens zu respektieren. Mehr lesen
Neuregelungen zum April 2017

Zum 01.04.2017 treten verschiedene Neuregelungen in Kraft, unter anderem Änderungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, wie die Bundesregierung am 28.03.2017 mitteilte. Danach haben Leiharbeiter nach einer Beschäftigung von 18 Monaten künftig einen Anspruch auf eine Festanstellung.

Mehr lesen
Rechtsausschuss: Experten bewerten geplante Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren überwiegend positiv

Experten haben die von der Bundesregierung geplante "moderate Lockerung" des bisherigen Verbots der Medienübertragung aus der Gerichtsverhandlung überwiegend positiv bewertet. Dies zeigte eine Anhörung des Bundestagsrechtsausschusses am 28.03.2017 zum Gesetzentwurf über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in Gerichtsverfahren (BT-Dr. 18/10144), wie der parlamentarische Pressedienst berichtete. Es habe aber auch Stimmen gegeben, die den Entwurf für verfehlt erachteten und die Gefahr populärer Urteile sähen.

Mehr lesen
Donnerstag, 30.3.2017
BVerwG: Zeitlich begrenzte Fortgeltung der Rechtsschutzbeschränkung in § 35 Abs. 5 TKG mit EU-Recht vereinbar

Die vom Bundesverfassungsgericht (BeckRS 2016, 55864) angeordnete zeitlich begrenzte Fortgeltung der inzwischen verfassungswidrig gewordenen Rechtsschutzbeschränkung in § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts mit EU-Recht vereinbar. Dies geht aus einem Urteil vom 29.03.2017 hervor, wonach die Genehmigung von Entgelten für Leistungen im Zusammenhang mit Interconnection-Anschlüssen, die die Bundesnetzagentur (BNetzA) der Telekom Deutschland GmbH für den Zeitraum vom 01.12.2013 bis zum 30.11.2016 erteilt hatte, teilweise rechtswidrig war (Az.: 6 C 1.16).

Mehr lesen
BGH zum Filesharing über "Familienanschluss": Eltern müssen Namen verantwortlichen Kindes preisgeben oder haften selbst
Wird über einen (Familien-)Internetanschluss im Wege des sogenannten Filesharings eine Urheberrechtsverletzung begangen, so muss der Anschlussinhaber, der die Verletzung nicht selbst begangen haben will, Nachforschungen zum für die Rechtsverletzung Verantwortlichen anstellen. Erfährt er dabei den Namen des Familienmitglieds, das die Rechtsverletzung begangen hat, muss er diesen offenbaren, wenn er eine eigene Verurteilung abwenden will. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.03.2017 entschieden (Az.: I ZR 19/16 – Loud). In dem zugrunde liegenden Fall wussten die wegen der Urheberrechtsverletzung als Anschlussinhaber in Anspruch genommenen Eltern, welches ihrer Kinder die Rechtsverletzung begangen hatte, wollten den Namen aber nicht offenbaren. Mehr lesen
EuGH-Generalanwalt: Hohe Hürden für nationale Sofortmaßnahmen gegen genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel
Die EU-Mitgliedstaaten dürfen nur dann Sofortmaßnahmen gegen genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel treffen, wenn sie neben der Dringlichkeit ein offensichtliches und ernstes Risiko für die Gesundheit und die Umwelt nachweisen können. Hierauf weist der Generalanwalt des Gerichtshofs der Europäischen Union Michal Bobek in seinen Schlussanträgen vom 30.03.2017 hin (Az.: C-111/16). Mehr lesen
Ausschuss für Wirtschaft und Energie stimmt für Entlastung mittelständischer Unternehmen von Bürokratie
Die Entbürokratisierung soll weiter vorangetrieben, und besonders kleine und mittlere Firmen sollen entlastet werden. Der Bundestags-Ausschuss für Wirtschaft und Energie stimmte in seiner Sitzung am 29.03.2017 dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (BT-Drs. 18/9949) zu. Für den Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Fraktion Die Linke enthielt sich. Zwei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnte der Ausschuss ab. Mehr lesen
Finanzausschuss macht Weg frei für Förderung der Aktienkultur
Die Aktienkultur in Deutschland soll mit vereinfachten Produktinformationsblättern gefördert werden. Damit sollen Finanzinstitute dazu bewegt werden, ihren Kunden bei Beratungsgesprächen auch wieder zu Aktien zu raten, was in den letzten Jahren kaum noch geschehen war. Diese Vereinfachung enthält der von der Bundesregierung eingebrachte "Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte" (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz – BT-Drs. 18/10936, 18/11290), der am 29.03.2017 vom Finanzausschuss des Bundestages nach 15 Änderungen durch die Koalitionsfraktionen beschlossen worden war. Für den Entwurf stimmten CDU/CSU und SPD-Fraktion, die Fraktion die Linke war dagegen, und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich. Ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/die Grünen (BT-Drs. 18/11173), durch andere Positionslimits für Warenderivate die Spekulation mit Nahrungsmitteln zu stoppen, wurde abgelehnt. Mehr lesen
Finanzausschuss gibt grünes Licht für Maßnahmen gegen Immobilienkrise
Der Finanzausschuss des Bundestages hat ein Maßnahmenbündel beschlossen, um Gefahren für die Finanzmarktstabilität im Immobilienbereich abwehren zu können. Der Ausschuss stimmte in seiner Sitzung am 29.03.2017 dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Finanzdienstleistungsaufsichtsrechts im Bereich der Maßnahmen bei Gefahren für die Stabilität des Finanzsystems und zur Änderung der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (BT-Drs. 18/10935, 18/11420) zu. Für den Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD. Die Fraktion Die Linke lehnte ab, und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich. Mehr lesen
Lob und Kritik für Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken
Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen (BT-Drs. 18/11233, 18/11531) ist in einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses auf ein durchwachsenes Echo gestoßen. Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung Gewinnverlagerungen unterbinden und die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen einschränken. Dies soll auch für andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen, die beim Empfänger nicht oder nur niedrig besteuert werden, gelten. Mehr lesen