Donnerstag, 27.7.2017
FG Rheinland-Pfalz bejaht Kindergeldanspruch bis zum Abschluss des angestrebten Berufsziels
Der Anspruch auf Kindergeld endet nicht schon dann, wenn das Kind (vor Erreichen des 25. Lebensjahres) einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat, sondern erst, wenn das von Beginn an angestrebte Berufsziel einer mehraktigen Ausbildung erreicht ist. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 28.06.2017 klargestellt (Az.: 5 K 2388/15). Mehr lesen
VG Koblenz verneint Namensänderung eines Kindes zulasten des Vaters
Ein aus den Nachnamen beider Eltern zusammengesetzter Doppelname darf nach der Trennung der Eltern nur dann verkürzt werden, wenn schwerwiegende Gründe die Änderung des Nachnamens zum Wohl des Kindes erforderlich machen. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 18.07.2017 klargestellt. Die Einwände der Mutter, die Tochter habe aufgrund des Namens schulische Probleme und fühle sich aus dem Familienverband ausgeschlossen, überzeugten das Gericht im entschiedenen Fall nicht (Az.: 1 K 759/16.KO). Mehr lesen
OLG Frankfurt a. M.: Abzug eines Freibetrages vom Verkehrswert eines Grundstücks bei der Wertfestsetzung in Ehesachen

FamGKG § 43

Der Auffassung, selbstbewohnte Eigenheime in Anlehnung an das Schonvermögen nach § 90 II Nr. 8 SGB XII bei der Wertfestsetzung in Ehesachen gänzlich unberücksichtigt zu lassen, folgt der Senat nicht. Ebensowenig schließt sich der Senat derjenigen Auffassung an, wonach der Verkehrswert des Grundstücks ohne jeglichen Freibetrag in die Wertbemessung einzufließen habe. Vielmehr erscheint es sachgerecht, es den Ehegatten durch die Einräumung eines Vermögensfreibetrages zu ermöglichen, eine durchschnittliche Vorsorge für die Wechselfälle des Lebens zu treffen. Angesichts der im Zuständigkeitsbereich des Senats im Vergleich zu anderen Gerichten als eher moderat anzusehenden Immobilienpreise erscheint ein Ansatz in der Größenordnung von 20.000 EUR je Ehegatten angebracht. (Leitsatz der Schriftleitung)

OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 24.05.2017 - 2 WF 93/17, BeckRS 2017, 115043

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EGMR: Sex auch für Frauen über 50 wichtig
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Portugal daran erinnert, dass Sex auch für Frauen über 50 wichtig sein kann. In der Justiz des Landes herrsche das Vorurteil vor, dass dies anders als bei Männern nicht der Fall sei, stellten die Straßburger Richter in einem Urteil von 25.07.2017 fest (Az.: 17484/15). Mehr lesen
EuGH: Hamas bleibt vorerst auf Terror-Liste der Europäischen Union
Das Gericht der Europäischen Union hat die Rechtsakte, mit denen die Hamas auf der europäischen Liste terroristischer Vereinigungen belassen wurde, zu Unrecht für nichtig erklärt. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union am 26.07.2017 entschieden und die Sache an das EuG zurückverwiesen. Damit dürfen auch weiterhin Vermögenswerte der Organisation eingefroren werden. Die Nichtigerklärung der Rechtsakte, mit denen die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) auf der Liste belassen wurde, war nach Auffassung des EuGH dagegen rechtens (Az.: C-599/14 P und C-79/15 P). Mehr lesen
EuGH-Generalanwalt: Auch Slowakei und Ungarn müssen im Rahmen der Umverteilung Flüchtlinge aufnehmen
Nach Auffassung von Generalanwalt Yves Bot sind die Klagen der Slowakei und Ungarns gegen den vorläufigen obligatorischen Mechanismus zur Umsiedlung von Asylbewerbern abzuweisen. Dies geht aus seinen Schlussanträgen vom 26.07.2017 hervor. Der Mechanismus trage wirksam und in verhältnismäßiger Weise dazu bei, dass Griechenland und Italien die Folgen der Flüchtlingskrise von 2015 bewältigen können, heißt es in der Begründung (Az.: C-643/15 und C-647/15). Mehr lesen
EuGH: Keine Ausnahme vom Dublin-Verfahren während Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016
Die Ankunft einer außergewöhnlich hohen Zahl von Flüchtlingen in der Europäischen Union rechtfertigt es nach Ansicht des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht, von den geltenden Regelungen der Dublin-III-Verordnung abzuweichen. Deswegen sei Kroatien auch für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz von Personen zuständig, die seine Grenze während der Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 in großer Zahl überschritten haben (Urteil vom 26.07.2017, Az.: C-646/16). Mehr lesen
Mittwoch, 26.7.2017
EU-Kommission droht Polen wegen umstrittener Justizreform mit weiteren Konsequenzen
Die Europäische Kommission hat in Bezug auf die geplante Justizreform in Polen weitere Maßnahmen angekündigt. Wie sie am 26.07.2017 mitteilte, hat sie ihre Bedenken in einer an die polnischen Behörden gerichteten Empfehlung zur Rechtsstaatlichkeit zum Ausdruck gebracht. Die von der Kommission vorgenommene Bewertung komme zu dem Schluss, dass die systemimmanente Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit in Polen, die bereits in dem von der Kommission im Januar 2016 eingeleiteten Rechtsstaatsverfahren festgestellt wurde, durch diese Reform weiter verschärft wird. Würden Maßnahmen zur Entlassung von Richtern des obersten Gerichtshofs ergriffen oder diese gezwungen, aus dem Amt zu scheiden, will die Kommission mit sofortiger Wirkung das Verfahren nach Art. 7 Absatz 1 EUV auslösen. Darüber hinaus hat die Kommission beschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen wegen möglicher Verstöße gegen das EU-Recht vorzubereiten. Mehr lesen
OLG Düsseldorf: Fünfeinhalb Jahre Haft für Islamist Lau
Der Islamist Sven Lau ist als Terrorhelfer zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sprach den 36-Jährigen am 26.07.2017 der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung schuldig. Er habe die islamistische Miliz Jamwa unterstützt (Az.: III-5 StS 1/16). Mehr lesen
EU-Kommission leitet nächste Stufe in Vertragsverletzungsverfahren um Flüchtlingsumverteilung ein
Die Europäische Kommission erhöht den Druck auf die Tschechische Republik, Ungarn und Polen, ihren rechtlichen Verpflichtungen bei der Umverteilung von Flüchtlingen nachzukommen. Wie sie am 26.07.2017 mitteilte, hat sie durch Übersendung einer mit Gründen versehenen Stellungnahme, mit der die Mitgliedstaaten förmlich aufgefordert werden, das EU-Recht einzuhalten, die nächste Stufe der Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Erhält die Kommission binnen Monatsfrist keine oder keine zufriedenstellende Antwort, droht eine Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. Mehr lesen
EuGH: Asylsuchender kann aus verspätetem Übernahmegesuch eines Mitgliedstaats Rechte für sich ableiten
Ein Asylsuchender kann sich vor Gericht darauf berufen, dass ein Mitgliedstaat infolge des Ablaufs der Frist von drei Monaten, binnen deren er einen anderen Mitgliedstaat um Aufnahme des Asylbewerbers ersuchen kann, für die Prüfung des Asylantrags zuständig geworden ist. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 26.07.2017 klargestellt. Die Frist beginne vor der Stellung eines "förmlichen" Asylantrags zu laufen, wenn der zuständigen Behörde ein Schriftstück zugegangen ist, das bestätige, dass eine Person um internationalen Schutz nachsuche, betonte der EuGH (Az.: C-670/16). Mehr lesen
EuGH tritt geplantem Fluggastdaten-Abkommen mit Kanada entgegen
Das geplante Abkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union über die Übermittlung von Fluggastdatensätzen darf in seiner jetzigen Form nicht geschlossen werden. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union am 26.07.2017 mitteilte, ist dies das Ergebnis eines EuGH-Gutachtens. Zwar sei die systematische Übermittlung, Speicherung und Verwendung sämtlicher Fluggastdatensätze im Wesentlichen zulässig. Doch genügten mehrere Bestimmungen des Abkommensentwurfs nicht den Anforderungen, die sich aus den Grundrechten der Union ergeben (Gutachten 1/15). Mehr lesen
BGH: Anforderungen an das Bestreiten (hier: Wohnfläche)

ZPO § 138 III

Ein einfaches Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Wohnfläche ohne eigene positive Angaben genügt im Mieterhöhungsverfahren nicht den Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten. (vom Verfasser bearbeiteter Leitsatz des Gerichts)

BGH, Urteil vom 31.05.2017 - VIII ZR 181/16, BeckRS 2017, 113924

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EuGH-Generalanwalt: Luxuswarenhersteller darf Verkauf seiner Produkte auf Amazon und eBay verbieten
Ein Anbieter von Luxuswaren kann es seinen autorisierten Händlern verbieten, seine Waren auf Drittplattformen wie Amazon oder eBay zu verkaufen. Diese Auffassung vertritt zumindest Nils Wahl, Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, in seinen Schlussanträgen vom 26.07.2017. Ein solches Verbot, das die Wahrung der luxuriösen Ausstrahlung der betreffenden Waren bezwecke, falle unter bestimmten Bedingungen nicht unter das Kartellverbot, da es geeignet sei, den auf qualitativen Kriterien beruhenden Wettbewerb zu verbessern, betonte er (Az.: C-230/16). Mehr lesen
BFH: Feststellung fehlender Freizügigkeit von Unionsbürgern auch in Kindergeldsachen Ausländerbehörden vorbehalten
Bei der Gewährung von Kindergeld haben die Familienkassen die hierfür erforderliche Freizügigkeit ausländischer Unionsbürger zu unterstellen. Wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 15.03.2017 entschieden hat, obliegt die Feststellung der fehlenden Freizügigkeit, die den Kindergeldanspruch ausschließen kann, den Ausländerbehörden. Die Familienkassen hätten insoweit kein eigenes Prüfungsrecht (Az.: III R 32/15). Mehr lesen
BFH befragt EuGH zur Umsatzsteuerpflicht bei Fahrschulen
Der Bundesfinanzhof zweifelt an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B ("Pkw-Führerschein") und C1. Mit einem Beschluss vom 16.03.2017 hat er dem Gerichtshof der Europäischen Union daher die Frage vorgelegt, ob Fahrschulen insoweit steuerfreie Leistungen erbringen. Die vom EuGH zu treffende Entscheidung sei von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung der über 10.000 Fahrschulen in der Bundesrepublik Deutschland, betont der BFH. Sollte der EuGH eine Steuerfreiheit bejahen, werde sich die Anschlussfrage stellen, ob Fahrschulen den sich hieraus ergebenden Vorteil zivilrechtlich an ihre Kunden durch eine geänderte Preisbildung weitergeben (Az.: V R 38/16). Mehr lesen
EGMR: Russland muss einen der Täter im Nemzow-Mordfall entschädigen

Russland muss einem der verurteilten Täter im Mordfall des russischen Oppositionellen Boris Nemzow 6.000 Euro Entschädigung zahlen. Die Bedingungen, unter denen der Mann inhaftiert sei, verstießen gegen das Verbot einer unmenschlichen Behandlung, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Beschwerdeverfahren am 25.07.2017 in Straßburg (Az.: 18496/16). Die Beschwerden von zwei weiteren Mittätern wies der Gerichtshof als unzulässig ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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OVG Münster: Eilverfahren von Fahrgeschäfte-Betreibern in Bezug auf Dürener Annakirmes teilweise erfolgreich

Die Auswahlentscheidung der Stadt Düren zwischen zwei um einen Platz auf der Annakirmes 2017 konkurrierenden Betreibern von artgleichen Fahrgeschäften ("Octopussy", "Polyp") war rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster in einem Eilverfahren entschieden und der Stadt im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, eine neue Auswahlentscheidung zu treffen (Beschluss vom 24.07.2017, Az.: 4 B 869/17). Zwei weitere Eilverfahren zur Auswahlentscheidung zwischen der "Wilden Maus" und "Breakdancer" blieben hingegen erfolglos (Beschlüsse vom 21.07.2017, Az.: 4 B 849/17 und 4 B 854/17).

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Dienstag, 25.7.2017
BSG: Überbrückungsleistungen des Arbeitgebers bis zum Renteneintritt beitragsfrei

Für ein "betriebliches Ruhegeld" aus einer Direktzusage des früheren Arbeitgebers sind keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, solange die Zahlung Überbrückungsfunktion hat. Mit Renteneintritt, spätestens aber mit Erreichen der Regelaltersgrenze unterliegen solche Leistungen als Versorgungsbezüge der Beitragspflicht. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 20.07.2017 entschieden (Az.: B 12 KR 12/15 R).

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BGH: Berufungsgericht muss noch einmal zu hohen Anzahlungen für Pauschalreisen entscheiden

Der Streit um die Frage, wie hoch bei bestimmten Pauschalreisen die von TUI Deutschland geforderten Anzahlungen sein dürfen, geht weiter. Der Bundesgerichtshof hat am 25.07.2017 zum zweiten Mal ein dazu ergangenes Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Konkret geht es um Anzahlungen in Höhe von 40% des Gesamtreisepreises, die TUI für bestimmte Pauschalreisen verlangt (Az.: X ZR 71/16). Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände.

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