Justizminister fordern effizientere Strafverfahren und moderneres Terrorismusstrafrecht

Umfangsreiche Strafverfahren sollen effizienter durchgeführt werden können, das Terrorismusstrafrecht soll modernisiert werden und zu Unrecht Inhaftierte sollen eine höhere Entschädigung erhalten. Dies und anderes haben die Justizminister der Länder auf der 88. Justizministerkonferenz beschlossen, die unter dem Vorsitz des rheinland-pfälzischen Justizministers Herbert Mertin (FDP) am 09.11.2017 in Berlin stattgefunden hat.

Effizientere Ausgestaltung umfangreicher Strafverfahren angestrebt

So soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die sich mit der Frage der effizienteren Ausgestaltung umfangreicher Strafverfahren befassen wird. Dies geht aus der gemeinsamen Abschlusserklärung vom 09.11.2017 hervor. "Wir wollen anstreben, dass solche Umfangsverfahren in der Praxis handhabbar bleiben und in kürzerer Zeit bewältigt werden können. Ansatzpunkte könnten beispielsweise die Bündelung von Nebenklägerinteressen oder die Abschichtung von bestimmten streitigen Verfahrensfragen sein", sagte Mertin.

Postauslieferungen sollen weiterhin werktäglich erfolgen

Geprüft werden soll ferner, ob eine Möglichkeit geschaffen werden kann, Strafverfahren im Fall der Schwangerschaft einer Richterin für die Dauer der Mutterschutzzeiten auszusetzen. In einem weiteren Beschluss, der auf eine rheinland-pfälzische Initiative zurückgeht, sprachen sich die Minister dafür aus, dass Postauslieferungen zur Gewährleistung rechtssicherer Justizverfahren weiterhin werktäglich erfolgen sollen, so lange dies in digitaler Form noch nicht möglich ist.

Modernisierung des Terrorismusstrafrechts gefordert

Beschlossen wurde außerdem die Modernisierung des Terrorismusstrafrechts. Neben den Änderungen, die aufgrund europäischer Vorgaben notwendig seien, besteht aus Sicht von Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) an weiteren Stellen Nachbesserungsbedarf: Bereits der Versuch der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung müsse künftig unter Strafe stehen, fordert er. Es könne nicht sein, dass die Strafverfolgungsbehörden nach geltendem Recht etwa Lieferungen von Ausrüstungsgegenständen für den IS, die nur durch Zufall an der Grenze zu Syrien gestoppt werden, – wenn überhaupt – allenfalls über juristische Hilfskonstruktionen verfolgen könnten. In diesen Fällen müssten Ermittler künftig schon viel früher strafrechtlich reagieren können. Die Strafbarkeit dürfe nicht weiter davon abhängen, dass Ausrüstungsgegenstände den Adressaten tatsächlich erreichen, so Bausback. Bayern habe sich daneben erfolgreich dafür eingesetzt, dass künftig schwere Straftaten im Darknet besser verfolgt werden können.

Erhöhung der Entschädigungspauschale für Strafverfolgungsmaßnahmen gefordert

Auf Initiative von Berlin und Hamburg hat die Konferenz sich für eine Erhöhung der Pauschale zur Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ausgesprochen. Diese beläuft sich seit acht Jahren auf 25 Euro pro Hafttag. Die Justizminister fordern den Gesetzgeber in ihrer Erklärung auf, die Entschädigungspauschale deutlich zu erhöhen. "Niemand kann die Zeit zurückgeben, die jemand unschuldig in Haft verbracht hat. Was als Wiedergutmachung erwartet werden darf, ist eine angemessene finanzielle Kompensation", betonte Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen).

Schutz für Whistleblower zu verbessern

Die Länder sehen rechtlichen Regelungsbedarf auch bei der Absicherung von Hinweisgebern. Insbesondere der Schutz auf Vertraulichkeit soll geprüft werden. Der Schutz von Whistleblowern sei überfällig, betonte Steffen. Die Gesellschaft sei auf verantwortungsbewusste Bürger angewiesen, um Verfehlungen in großen Organisationen auf die Schliche zu kommen. Mutige, die rechtswidrige Vorgänge aufdeckten und dadurch dem öffentlichen Interesse dienten, müssten besser vor Strafverfolgung oder Kündigungen geschützt werden.

Beweislastumkehr bei Infektion mit Krankenhauskeimen

Auch für eine Stärkung der Patientenrechte bei einer Infektion mit Krankenhauskeimen sprachen sich die Justizminister aus. Im Arzthaftungsrecht soll danach künftig nicht mehr allein die oder der Geschädigte nachweisen, dass sie oder er sich mit den Keimen im Krankenhaus infiziert hat.

Redaktion beck-aktuell, 10. November 2017.