Mittwoch, 16.8.2017
BSG: Ehrenamt grundsätzlich beitragsfrei
Ehrenämter sind in der gesetzlichen Sozialversicherung grundsätzlich auch dann beitragsfrei, wenn hierfür eine angemessene pauschale Aufwandsentschädigung gewährt wird und neben Repräsentationspflichten auch Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, die unmittelbar mit dem Ehrenamt verbunden sind. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 16.08.2017 entschieden (Az.: B 12 KR 14/16 R). Mehr lesen
Trotz Zweifel: Steinmeier unterzeichnet Bund-Länder-Finanzpaket
Trotz verfassungsrechtlicher Zweifel an der künftigen Autobahngesellschaft des Bundes hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesamtpaket der neuen Bund-Länder-Finanzbeziehungen unterzeichnet. Steinmeier kritisierte im Zusammenhang mit der Autobahngesellschaft die Möglichkeit der Rückübertragung der Verwaltungsaufgaben vom Bund auf die Länder, wenn ein Land dies beim Fernstraßen-Bundesamt beantragt. Mehr lesen
BVerfG: Alte Rechtsgrundlage für medizinische Zwangsbehandlung in öffentlich-rechtlicher Unterbringung in Mecklenburg-Vorpommern nichtig

Die vom Bundesverfassungsgericht zur Zwangsbehandlung im Maßregelvollzug entwickelten Maßgaben können auf die Zwangsbehandlung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Unterbringung übertragen werden. Dies hat das BVerfG mit Beschluss vom 19.07.2017 bekräftigt und die Rechtsgrundlage für die medizinische Zwangsbehandlung im Psychischkrankengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern in der bis zum 30.07.2016 gültigen Fassung für verfassungswidrig und nichtig erklärt (Az.: 2 BvR 2003/14).

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ArbG Berlin: Signalisieren seiner Arbeitsbereitschaft im Drei-Minuten-Takt während Standzeit für angestellten Taxifahrer unzumutbar
Ein Taxiunternehmen kann von einem bei ihm als Arbeitnehmer beschäftigten Taxifahrer nicht verlangen, während des Wartens auf Fahrgäste alle drei Minuten eine Signaltaste zu drücken, um seine Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren. Das hat das Arbeitsgericht Berlin am 10.08.2017 durch Urteil entschieden (Az.: 41 Ca 12115/16, nicht rechtskräftig). Mehr lesen
FG Münster: Betreuungsgeld darf beim Abzug von Unterhaltsaufwendungen berücksichtigt werden
Das Betreuungsgeld ist als eigener Bezug der unterstützten Mutter im Sinne von § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG beim Abzug von Unterhaltsaufwendungen zu berücksichtigen, nicht aber das Kindergeld. Dies geht aus einem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11.07.2017 hervor. Während das Kindergeld der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes diene, schaffe das Betreuungsgeld einen Ausgleich zu einer nicht in Anspruch genommenen anderweitig zur Verfügung gestellten staatlichen Sachleistung, betonte das Gericht (Az.: 14 K 2825/16 E, BeckRS 2017, 118887). Mehr lesen
BAG: Wirksamkeit eines «im Auftrag» unterschriebenen befristeten Vertrags

TzBfG § 14 II 1, 2, IV; BGB §§ 133, 157, 164 I, 328; TVG § 4 I 1; BetrVG § 77 IV 1

1. Ist eine Erklärung mit dem Zusatz „Im Auftrag“ unterschrieben, kann das im Einzelfall dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen will. Der Zusatz „In Vertretung“ deutet demgegenüber darauf hin, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt.

2. Bestimmungen, die von Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat gemeinsam unterzeichnet sind, sind unwirksam, wenn sich aus ihnen nicht zweifelsfrei ergibt, wer Urheber der einzelnen Regelungen sein soll und um welche Rechtsquelle es sich jeweils handelt.

BAG, Urteil vom 12.04.2017 - 7 AZR 446/15 (LAG Hessen), BeckRS 2017, 117487

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BFH: Scheidungskosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar
Scheidungskosten sind anders als nach der bisherigen Rechtsprechung aufgrund einer seit dem Jahr 2013 geltenden Neuregelung nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Mit jetzt bekannt gewordenem Urteil vom 18.05.2017 hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die Kosten eines Scheidungsverfahrens unter das neu eingeführte Abzugsverbot für Prozesskosten fallen (Az.: VI R 9/16). Mehr lesen
BVerfG befragt EuGH zu umstrittenen Staatsanleihenkäufen der Europäischen Zentralbank
Der Gerichtshof der Europäischen Union soll die umstrittenen Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) überprüfen. Mit Beschluss vom 18.07.2017 hat das Bundesverfassungsgericht ihm die Frage vorgelegt, ob das Public Sector Purchase Programme (PSPP) der EZB zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach Auffassung des BVerfG sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die dem Anleihenkaufprogramm zugrundeliegenden Beschlüsse gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstoßen sowie über das Mandat der EZB für die Währungspolitik hinausgehen und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreifen. Das BVerfG beantragte ein beschleunigtes Verfahren, weil die Rechtssache eine rasche Erledigung erfordere (Az.: 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15 und 2 BvR 1651/15, BeckRS 2017, 120645). Mehr lesen
LG Krefeld erlaubt Vollstreckung der in Chile verhängten Haftstrafe gegen Colonia-Dignidad-Arzt

Eine in Chile verhängte Haftstrafe gegen den früheren Arzt der Sektensiedlung Colonia Dignidad, Hartmut Hopp, wegen Beihilfe zu sexuellem Missbrauch kann in Deutschland vollstreckt werden. Das hat die Zweite Große Strafkammer des Landgerichts Krefeld entschieden. Die Kammer habe die ausländische Sanktion in eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und einem Tag umgewandelt, teilte das Gericht am 14.08.2017 mit.

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Montag, 14.8.2017
Gefährder-Abschiebungen sind Bundessache
Die Abschiebung islamistischer Gefährder wird in Deutschland nach Ansicht von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer nicht effektiv genug gehandhabt. Der Bund müsse die Abschiebungen übernehmen, forderte der SPD-Politiker. "Wie es derzeit läuft, ist weder sinnvoll noch effektiv." Mäurer will eine entsprechende Initiative auf Ebene seiner Länderkollegen einbringen. Mehr lesen
Neymar zahlt über zwei Millionen Euro Strafe an brasilianischen Fiskus
Nach einem jahrelangen Rechtsstreit hat der brasilianische Fußballstar Neymar einer Strafzahlung an die Steuerbehörden seines Heimatlandes zugestimmt. Er werde acht Millionen Reais (2,1 Millionen Euro) an den Fiskus zahlen, sagte sein Anwalt Marcos Neder am Abend des 11.08.2017 (Ortszeit). "Der Prozess hat über drei Jahre gedauert. Ziel ist es, einen Schlussstrich zu ziehen und eine neue Etappe zu beginnen", sagte der Anwalt. Neymar bestehe allerdings weiterhin darauf, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Mehr lesen
AG München verhängt Leseweisung zwecks Tatauseinandersetzung

Das Amtsgericht München hat einen 19-jährigen Lageristen wegen Kennzeichenmissbrauchs rechtskräftig zu einer Leseweisung von 20 Stunden verurteilt. Die Leseweisung solle die Auseinandersetzung des Mannes mit seiner Tat fördern (Urteil vom 08.06.2017, Az.: 1022 Ds 463 Js 134042/17 jug).

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Europarats-Juristen kritisieren Ungarns Hochschulgesetz
Nach der EU-Kommission haben sich nun auch die Verfassungsexperten des Straßburger Europarats in den Streit um das ungarische Hochschulgesetz eingeschaltet. Das Gesetz richte sich de facto gegen die vom US-Milliardär George Soros gegründete Central European University (CEU), erklärte die Venedig Kommission, die die 47 Mitgliedsländer des Europarats in verfassungsrechtlichen Fragen berät, am 11.08.2017 in Straßburg. Die ungarische Regierung lehnte die Erklärung entschieden ab. Mehr lesen
OLG Hamm: Krankenhaus muss Namen und Anschriften seiner Ärzte nur bei berechtigtem Interesse mitteilen

Ein Krankenhaus muss einem Patienten die Namen und Anschriften der an seiner Behandlung beteiligten Ärzte nur dann mitteilen, wenn der Patient ein berechtigtes Interesse an diesen Daten nachweist. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 14.07.2017 entschieden (Az.: 26 U 117/16).

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Klagewelle von Flüchtlingen: Gerichte völlig überlastet
Wegen der immer weiter steigenden Zahl von Asylverfahren sind die Verwaltungsgerichte in Deutschland am Limit. "Man kann sagen: Die Lage ist dramatisch. Es knarzt jetzt an allen Ecken und Enden", sagte der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter, Robert Seegmüller, der Deutschen Presse-Agentur. Im Jahr 2017 werde sich die Zahl der Verfahren auf rund 200.000 verdoppeln. Bereits im Jahr 2016 hatte es bei den Klagen von Flüchtlingen eine Verdopplung gegeben: Von 50.000 (2015) auf 100.000 (2016). Mehr lesen
BGH: Vollstreckungsmaßnahmen alleine erlauben nicht den zwingenden Schluss auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit

InsO § 133 I 2

Setzt ein Gläubiger eine unbestrittene Forderung erfolgreich zwangsweise durch, kann daraus nicht geschlossen werden, dass der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung kannte, wenn der Gläubiger außer dieser Forderung und den von ihm zur zwangsweisen Durchsetzung der Forderung unternommenen erfolgreichen Schritten keine weiteren konkreten Tatsachen über die Zahlungsunfähigkeit oder die Vermögenslage seines Schuldners kennt. (Leitsatz des Gerichts)

BGH, Urteil vom 22.06.2017 - IX ZR 111/14 (OLG Dresden), BeckRS 2017, 116553

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Weitere umstrittene Justizreform in Polen in Kraft getreten
In Polen ist am 12.08.2017 eine weitere umstrittene Justizreform der nationalkonservativen Regierung in Kraft getreten. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Justizminister Zbigniew Ziobro künftig Gerichtsvorsitzende ohne Grund entlassen und ohne Rücksprache mit Juristen durch neue Kandidaten austauschen kann. Dadurch könne er die Posten mit eigenen Kandidaten besetzen, bemängelten Rechtsexperten und Regierungsgegner. Mehr lesen
Allianz-Vertreterin verklagt ihren Arbeitgeber wegen Rentenansprüchen
Hat die Allianz viele ihrer mehr als 8.000 Versicherungsvertreter seit Jahren um Teile ihrer Rentenansprüche gebracht? Diesen Verdacht hat eine Allianz-Vertreterin, deren Ansprüche wiederholt falsch berechnet wurden. Wie die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) am 11.08.2017 berichtete, hat sie nun beim Landgericht München Klage eingereicht. Demnach sollen mehr als 1.000 ihrer Verträge im Lebensversicherungs- und im Sachbereich falsch oder gar nicht verbucht und so auch nicht korrekt für die Altersversorgung herangezogen worden sein. Mehr lesen
AG München: Ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer errichtetes Anlehngewächshaus auf Dachterrasse zu entfernen
Ein Anlehngewächshaus auf der Dachterrasse ist in der Regel eine bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums, die der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer bedarf. Dies gilt nach einem Urteil des Amtsgerichts München vom 09.11.2016 auch dann, wenn andere Wohnungseigentümer in anderen Bereichen des Gemeinschaftseigentums bauliche Veränderungen vorgenommen haben (Az.: 481 C 26682/15 WEG, rechtskräftig). Mehr lesen
Freitag, 11.8.2017
Unabhängigkeit polnischer Gerichte trotz Duda-Vetos in Gefahr

Aus Sicht vieler Polen hat das Veto von Präsident Andrzej Duda gegen weite Teile einer umstrittenen Justizreform die unmittelbare Gefahr für den Rechtsstaat vorerst gebannt. Dabei geriet ein Aspekt der Reform, den Duda gebilligt hat, in den Hintergrund: Mitten in der Parlamentspause tritt nun am 12.08.2017 das international kritisierte Gesetz zu den allgemeinen Gerichten in Kraft, das dem Justizminister unter anderem die Befugnis verleiht, leitende Richter zu entlassen und deren Posten neu besetzen.

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