OLG Hamm: Auch nach­träg­li­che "Ohne-Rech­nung-Ab­re­de" führt zu Ver­trags­nich­tig­keit

Wenn Ver­trags­par­tei­en für einen Teil des Ar­chi­tek­ten­ho­no­rars nach­träg­lich eine "Ohne-Rech­nung-Ab­re­de" tref­fen, wird der Ar­chi­tek­ten­ver­trag wegen Ver­sto­ßes gegen das Schwarz­ar­beits­be­kämp­fungs­ge­setz nich­tig. Dies hat das Ober­lan­des­ge­richt Hamm mit Ur­teil vom 18.10.2017 ent­schie­den und damit das erst­in­stanz­li­che Ur­teil be­stä­tigt. Im Er­geb­nis stün­den dem Auf­trag­ge­ber damit auch keine ver­trag­li­chen Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gegen den Ar­chi­tek­ten zu (Az.: 12 U 115/16, BeckRS 2017, 131242).

Bau­über­wa­chung nicht ord­nungs­ge­mäß wahr­ge­nom­men

Die Klä­ge­rin aus Ham­burg be­auf­trag­te den be­klag­ten Ar­chi­tek­ten aus Sie­gen münd­lich mit Ar­chi­tek­ten­leis­tun­gen für die In­stand­set­zung eines Wohn­hau­ses in Ham­burg. Die Ar­bei­ten an dem Ge­bäu­de wur­den im Jahr 2006 durch­ge­führt. Da die Klä­ge­rin Män­gel ver­mu­te­te, be­auf­trag­te sie eine wei­te­re Ar­chi­tek­tin und einen Sach­ver­stän­di­gen mit der Be­gut­ach­tung. Die hier­für auf­ge­wand­ten Kos­ten von circa 9.500 Euro sowie er­mit­tel­te Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten von circa 83.000 Euro ver­langt sie von dem Be­klag­ten mit der Be­grün­dung, er habe die ge­sam­te In­stand­set­zung des Ge­bäu­des pla­nen und über­wa­chen sol­len. Die ihm über­tra­ge­ne Bau­über­wa­chung habe er nicht ord­nungs­ge­mäß wahr­ge­nom­men. Der Be­klag­te ist der Kla­ge­for­de­rung ent­ge­gen­ge­tre­ten und hat unter an­de­rem ge­meint, mit der Bau­über­wa­chung nicht be­auf­tragt ge­we­sen zu sein.

5.000 Euro ohne Rech­nung ge­zahlt

Be­reits vor Stel­lung der Schluss­rech­nung zahl­te die Klä­ge­rin dem Be­klag­ten 5.000 Euro ohne Rech­nung und in bar. Die­ser Be­trag wurde nicht in die Schluss­rech­nung auf­ge­nom­men. Die Zah­lung hat die Klä­ge­rin damit be­grün­det, dass der zu­nächst nur mit Pla­nungs­leis­tun­gen be­trau­te Be­klag­te nach­träg­lich auch mit der Bau­über­wa­chung be­auf­tragt wor­den sei. Nach Dar­stel­lung des Be­klag­ten war diese Zah­lung eine spä­ter ver­ein­bar­te Ge­gen­leis­tung dafür, dass er von der Klä­ge­rin an aus­füh­ren­de Bau­un­ter­neh­men ge­leis­te­te Schwarz­geld­zah­lun­gen nicht in die sei­ner Ho­no­rar­be­rech­nung zu Grun­de lie­gen­de Kos­ten­be­rech­nung habe ein­flie­ßen las­sen.

Ge­richt: Vor­sätz­lich gegen das Ge­setz ver­sto­ßen

Die Scha­dens­er­satz­kla­ge der Klä­ge­rin ist er­folg­los ge­blie­ben. Dem von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten ver­trag­li­chen Scha­dens­er­satz­an­spruch fehlt nach Auf­fas­sung des Se­nats die ver­trag­li­che Grund­la­ge. Der von den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­ne Ar­chi­tek­ten­ver­trag sei wegen eines Ver­sto­ßes gegen das Schwarz­ar­bei­ter­be­kämp­fungs­ge­setz nich­tig. § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarz­ArbG ver­bie­te den Ab­schluss von Werk­ver­trä­gen oder das Er­brin­gen von Werk­leis­tun­gen, mit denen ein Un­ter­neh­mer seine sich aus der Leis­tung er­ge­ben­den steu­er­li­chen Pflich­ten nicht er­fül­le. Das Ver­bot führe je­den­falls dann zur Nich­tig­keit des Ver­tra­ges, wenn der Un­ter­neh­mer vor­sätz­lich gegen das Ge­setz ver­sto­ße, der Be­stel­ler den Ver­stoß des Un­ter­neh­mers kenne und be­wusst zum ei­ge­nen Vor­teil aus­nut­ze. Von einem der­ar­ti­gen Fall sei nach dem Vor­trag bei­der Par­tei­en aus­zu­ge­hen. Der Be­klag­te habe ver­bo­te­ne Schwarz­ar­beit ge­leis­tet, indem er von dem Ar­chi­tek­ten­ho­no­rar 5.000 Euro in bar und ohne Rech­nungs­stel­lung ver­langt und ent­ge­gen­ge­nom­men habe. Dies habe die Klä­ge­rin er­kannt und zu ihrem ei­ge­nen Vor­teil aus­ge­nutzt. Bei­den Par­tei­en sei be­wusst ge­we­sen, dass für den in bar ge­zahl­ten Be­trag Um­satz­steu­er nicht habe ent­rich­tet wer­den sol­len.

Auch nach­träg­li­che "Ohne-Rech­nung-Ab­re­de" führt zur Un­wirk­sam­keit

Der Um­stand, dass die Par­tei­en zum Zeit­punkt des ur­sprüng­li­chen Ver­trags­schlus­ses noch keine "Ohne-Rech­nung-Ab­re­de" ge­trof­fen und damit zu­nächst einen wirk­sa­men Ver­trag ab­ge­schlos­sen hät­ten, recht­fer­ti­ge keine an­de­re Be­wer­tung. Die nach­träg­li­che "Ohne-Rech­nung-Ab­re­de" habe den Ver­trag ge­än­dert und ins­ge­samt un­wirk­sam ge­macht. Ein Rechts­ver­ständ­nis, das die Nich­tig­keit auf die nach­träg­li­che Ab­re­de be­gren­ze, liefe der aus­drück­li­chen Ab­sicht des Ge­setz­ge­bers zu­wi­der, die Form der Schwarz­ar­beit in Ge­stalt von "Ohne-Rech­nung-Ab­re­den" wir­kungs­voll zu be­kämp­fen. Der Ver­stoß gegen das Schwarz­ar­bei­ter­be­kämp­fungs­ge­setz führe auch zur Ge­samt­nich­tig­keit des Ar­chi­tek­ten­ver­tra­ges, weil die­ser ins­ge­samt ein ein­heit­li­ches Rechts­ge­schäft ge­we­sen sei. Auf­grund der Ver­trags­nich­tig­keit seien die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che der Klä­ge­rin gegen den Be­klag­ten aus­ge­schlos­sen.

OLG Hamm, Urteil vom 18.10.2017 - 12 U 115/16

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2017.

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