Freitag, 7.4.2017
BVerwG: Für Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt darf bei weniger als 1,6 Promille grundsätzlich keine MPU gefordert werden
Ist nach einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,6 Promille im Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen worden, darf die Verwaltungsbehörde ihre Neuerteilung nicht allein wegen dieser Trunkenheitsfahrt von der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens abhängig machen. Dies ergibt sich aus zwei Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.04.2017. Anders liege es, wenn zusätzliche Tatsachen die Annahme eines künftigen Alkoholmissbrauchs begründeten (Az.: 3 C 24.15 und 3 C 13.16). Mehr lesen
BVerwG bejaht versorgungsrechtliche Wartefrist auch bei Stellenhebung
Die versorgungsrechtliche "Wartefrist", nach der die Dienstbezüge des höherwertigen Amtes nur dann für die Festsetzung der Versorgungsbezüge herangezogen werden, wenn der Beamte die Dienstbezüge dieses (oder eines mindestens gleichwertigen) Amtes vor dem Eintritt in den Ruhestand mindestens zwei Jahre erhalten hat, gilt auch, wenn die Vergabe des höherwertigen Amtes auf eine gesetzlich angeordnete Stellenhebung zurückgeht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 06.04.2017 entschieden (Az.: 2 C 13.16). Mehr lesen
BVerwG: Altersdiskriminierende Besoldung von Beamten begründet weiterhin Zahlungsanspruch von 100 Euro pro Monat
Ein Beamter kann auch nach der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Sache "Hennigs und Mai" (EuZW 2011, 883) im September 2011 vom Dienstherrn eine Zahlung von 100 Euro pro Monat verlangen, wenn sich seine Besoldung weiterhin nach Vorschriften gerichtet hat, die die Höhe der Bezüge unter Verstoß gegen das Unionsrecht allein vom Lebensalter abhängig gemacht haben. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 06.04.2017 entschieden. Der Betrag von 100 Euro sei von der Dauer der Geltung der diskriminierenden Besoldungsgesetze unabhängig und auch bei einer Teilzeitbeschäftigung nicht zu reduzieren (Az.: 2 C 11.16 und 2 C 12.16). Mehr lesen
OLG München: Einschränkung der Beteiligung an Bewertungsreserven durch das Lebensversicherungsreformgesetz ist verfassungsgemäß

VVG § 153 III 3; VAG § 56a; GG Art. 14; EGVVG Art. 4 I 2

Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts München bestehen gegen die Anwendung des mit Wirkung zum 07.08.2014 in Kraft getretenen § 56a Abs. 3, 4 VAG auf Altverträge keine verfassungsmäßigen Bedenken. Zwar sei die grundsätzlich hälftige Beteiligung der Versicherungsnehmer an den Bewertungsreserven des Versicherers durch die Neufassung des § 56a VAG sowie des § 153 Abs. 3 S. 3 VVG durch das am 07.08.2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) eingeschränkt worden. Darin liege aber weder ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot noch ein Eingriff mit enteignender Wirkung. Darüber hinaus hat das Gericht entschieden, dass für die Höhe der Beteiligung an den Bewertungsreserven allein der Zeitpunkt der Vertragsbeendigung maßgeblich ist. Eine «Fortschreibung» früherer – nicht garantierter – Wertstandsmitteilungen auf einen späteren Stichtag komme auch vor dem Hintergrund der Gesetzesänderung durch das LVRG nicht in Betracht.

OLG München, Beschluss vom 13.01.2017 - 25 U 4117/16 (LG München II), BeckRS 2017, 103732

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EU-Parlament beschließt Abschaffung der Roamingaufschläge
Das Europäische Parlament hat den Weg für das Ende der Roaming-Gebühren freigemacht. Die Abgeordneten haben in einer Abstimmung am 06.04.2017 einen Kompromiss zu Roaming-Großhandelspreisen angenommen. Ab den 15.06.2017 sollen Verbraucher im EU-Ausland zu den gleichen Kosten wie zuhause anrufen, SMS verschicken oder Datenvolumen zum Surfen im Internet nutzen können. Mehr lesen
OLG München: Check24 muss Versicherungskunden besser informieren
Das Oberlandesgericht München hat ein Urteil mit Signalwirkung für den Verbraucherschutz im Internet gesprochen: Das Internetportal Check24 muss künftig seine Kunden vor dem Online-Abschluss einer Versicherung besser informieren und gründlicher beraten als bisher. Das entschied der 29. Zivilsenat am 06.04.2017. Geklagt hatte der Bundesverband der deutschen Versicherungskaufleute (BVK). Mehr lesen
OLG Düsseldorf bestätigt Kartellamt: Unternehmen dürfen Händlern Nutzung von Preissuchmaschinen nicht generell verbieten
Das generelle Verbot der Nutzung von Preissuchmaschinen durch Händler im Rahmen eines (selektiven) Vertriebssystems ist kartellrechtswidrig und unzulässig. Wie das Bundeskartellamt (BKartA) mitteilte, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf am 05.04.2017 eine Grundsatzentscheidung der Wettbewerbsbehörde gegen den Sportschuhhersteller Asics bestätigt. "Preissuchmaschinen im Internet sind für Verbraucher ein wichtiges Mittel, um transparent Informationen über Preise zu bekommen und zu vergleichen. Sie sind gerade für kleinere und mittlere Händler wichtig, um auffindbar zu sein", betonte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Mehr lesen
OLG Düsseldorf: Haftstrafen wegen Unterstützung terroristischer Vereinigungen in Syrien
Nach 79 Sitzungstagen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den 60-jährigen Deutschen Mirza Tamoor B., den 34-jährigen Deutschen Kais B. O. und weitere Angeklagte wegen Unterstützung terroristischer Vereinigungen in Syrien zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das OLG sei zu der Überzeugung gelangt, dass die in Deutschland lebenden Angeklagten die terroristischen Vereinigungen in der Zeit von Januar 2013 bis September 2014 durch unterschiedliche Handlungen (Geldzahlungen, Übergabe von Fahrzeugen sowie die Hilfestellung bei der Ausreise und dem Anschluss von Rekruten an die Organisation) in unterschiedlichem Umfang unterstützt haben, heißt es in der Begründung (Urteil vom 06.04.2017, Az.: III-7 StS 2/15). Mehr lesen
AG Hannover: EuGH soll zu Entschädigung von Fluggästen nach massenweisen Krankmeldungen der Mitarbeiter des Flugreiseanbieters entscheiden
Der Gerichtshof der Europäischen Union soll klären, ob die Krankmeldung zahlreicher Mitarbeiter bei einem Flugreiseanbieter einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Das Amtsgericht Hannover hat ihm im Zusammenhang mit Flugausfällen und -verspätungen in den Herbstferien 2016 mit acht Beschlüssen vom 06.04.2017 mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Flugreiseanbieter wendet in den zugrundeliegenden Fällen gegen die geltend gemachten Entschädigungsforderungen jeweils ein, aufgrund eines "wilden Streiks" nicht in der Lage gewesen zu sein, die Flüge ordnungsgemäß zu erfüllen. Aufgrund dieses "außergewöhnlichen Umstandes" meint er, von der Leistungsverpflichtung frei gewesen zu sein (Az.: 406 C 11567/16, 506 C 13129/16, 506 C 12786/16, 506 C 12424/16, 506 C 13360/16, 406 C 839/17, 406 C 286/17 und 406 C 1118/17). Mehr lesen
Fußballprofi Deniz Naki in Türkei wegen "Terrorpropaganda" zu Bewährungsstrafe verurteilt
Der Fußballprofi und ehemalige FC St.-Pauli-Spieler Deniz Naki ist im südosttürkischen Diyarbakir wegen "Terrorpropaganda" zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr, sechs Monaten und 22 Tagen verurteilt worden. Die Bewährungszeit betrage fünf Jahre, sagte Nakis Anwalt Soran Haldi Mizrak der Deutschen Presse-Agentur. In dieser Zeit dürfe Naki sich nichts zuschulden kommen lassen. Haldi Mizrak kritisierte die Entscheidung zudem als "willkürlich". Mehr lesen
Donnerstag, 6.4.2017
Richterbund fordert Sicherheitspolitik mit Augenmaß

Der Deutsche Richterbund (DRB) fordert trotz der akuten Terror-Gefahr in Deutschland eine Sicherheitspolitik mit Augenmaß. "Immer neue Strafgesetze bringen nichts, wenn es im Vollzug hapert, weil Behörden den Kriminellen technisch hinterherhinken, schlecht vernetzt sind oder Personal fehlt", warnte DRB-Vorsitzender Jens Gnisa am 05.04.2017 zum Auftakt des 22. Deutschen Richter- und Staatsanwaltstages in Weimar.

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FG Düsseldorf bejaht Arbeitslohn bei Teilnahme an "Sensibilisierungswoche"
Die Teilnahme von Arbeitnehmern an einem Seminar zur Vermittlung grundlegender Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil (sogenannte Sensibilisierungswochen) ist als Zuwendung mit Entlohnungscharakter zu qualifizieren. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf mit einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 26.01.2017 entschieden und im zugrundeliegenden Fall eine lohnsteuerliche Inanspruchnahme der Klägerin bejaht. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen (Az.: 9 K 3682/15 L, BeckRS 2017, 105688). Mehr lesen
EuGH: Nordrhein-Westfalen hat nicht genug für Terrorabwehr getan
Nordrhein-Westfalen hat nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht genug für den Schutz von Häfen vor Terroranschlägen getan. Bei insgesamt elf Häfen sei die Einhaltung europäischer Standards zur Gefahrenabwehr nicht gesichert gewesen, entschied der EuGH am 06.04.2017 in Luxemburg. Dabei geht es unter anderem um die Festlegung von Hafengrenzen, Risikobewertungen sowie Pläne zur Gefahrenabwehr (Az.: C-58/16). Mehr lesen
BGH verneint Haftung einer Mutter für nicht autorisierte Einkäufe ihres Sohnes über Premiumdienstenummer
Der Inhaber eines Telefonanschlusses haftet nicht für dessen Nutzung durch einen von ihm hierfür nicht autorisierten Dritten im Rahmen eines "Pay-by-Call-Verfahrens". Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden und am 06.04.2017 die Haftung einer Mutter für Käufe ihres Sohnes über die Premiumdienstenummer 0900 verneint. Nach Auffassung der Richter findet die Regelung in § 45i Abs. 4 Satz 1 TKG auf die telefonisch veranlasste Ausführung eines Zahlungsdienstes keine Anwendung. Der BGH hat mit der Entscheidung zudem klargestellt, dass die Verlängerung einer Rechtsmittelbegründungsfrist durch Verfügung des Vorsitzenden keiner Unterschrift bedarf (Az.: III ZR 368/16). Mehr lesen
EuGH-Generalanwalt: Landwirtschaftliche Erzeugerorganisationen können unionsrechtswidrige Kartellverstöße begehen

Nach Ansicht von Generalanwalt des Gerichthofs der Europäischen Union Nils Wahl können landwirtschaftliche Erzeugerorganisationen und ihre Vereinigungen unionsrechtswidrige Kartellverstöße begehen. Dies ist nach seinen Schlussanträgen vom 06.04.2017 insbesondere dann der Fall, wenn unter mehreren Erzeugerorganisationen oder ihren Vereinigungen oder zwischen solchen Organisationen und anderen Akteuren des Marktes Absprachen über den Preis oder die auf den Markt gebrachten Mengen getroffen oder Informationen ausgetauscht werden (Az.: C-671/15).

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OLG Hamm: Keine Bewährung bei tödlichem Verkehrsunfall nach verkehrswidrigem Überholmanöver
Ein nicht vorbestrafter Kfz-Fahrer, der bei einem vorsätzlich verkehrswidrigen Überholmanöver einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein Verkehrsteilnehmer tödlich und drei weitere zum Teil schwer verletzt werden, kann mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zu bestrafen sein, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung auszusetzen ist. Diese Entscheidung des Strafrichters des Amtsgerichts Ahaus, bestätigt durch die kleine Strafkammer des Landgerichts Münster, hatte auch im Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm Bestand (Beschluss vom 23.03.2017, Az.: 4 RVs 33/17). Mehr lesen
EGMR stützt Kirchensteuer für Konfessionslose
Konfessionslose können weiterhin über ihren Ehepartner an der Kirchensteuer beteiligt werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat an der deutschen Regelung nichts auszusetzen, wie sich aus einer Entscheidung vom 06.04.2017 ergibt (Az.: 10138/11 und andere). Mehr lesen
VG Berlin: Pressespiegel dürfen auch an Sonn- und Feiertagen erstellt und verteilt werden
Elektronische Pressespiegel dürfen auch an Sonn- und Feiertagen erstellt und verteilt werden. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10.03.2017. In seiner Begründung verweist das Gericht darauf, dass es sich auch bei einem Pressespiegel um ein klassisches Instrument der Presseberichterstattung handele. Damit komme der gesetzliche Ausnahmetatbestand des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zur Anwendung. Das VG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen (Az.: VG 14 K 13.15). Mehr lesen
BVerwG: Ganderkesee-Höchstspannungsleitung kann gebaut werden
Der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau und den Betrieb einer kombinierten 380 kV-Höchstspannungsfrei- und -erdkabelleitung zwischen den Umspannwerken Ganderkesee und St. Hülfe bei Diepholz ist bestandskräftig. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit mehreren Urteilen vom 06.04.2017 die dagegen gerichteten Klagen von fünf Privatklägern und des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Landesverband Niedersachsen, abgewiesen. Die Richter verneinten die Verletzung geltenden Naturschutzrechts. Auch mögliche Beeinträchtigungen für die Landwirtschaft hielten sie für hinnehmbar (Az.: 4 A 2.16, 4 A 3.16, 4 A 4.16, 4 A 5.16, 4 A 6.16 und 4 A 16.16). Mehr lesen
EuGH: Forge de Laguiole darf Eintragung der Marke Laguiole nur für bestimmte Bereiche widersprechen

Die Gesellschaft Forge de Laguiole kann der Eintragung der Marke Laguiole auf Unionsebene insbesondere im Bereich Messerschmiedewaren und Bestecke widersprechen. Nicht widersprechen kann sie hingegen der Eintragung in den Bereichen, in denen sie nicht tatsächlich tätig ist, wie der Gerichtshof der Europäischen Union am 05.04.2017 entschieden hat (Az.: C-598/14 P).

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