Freitag, 18.8.2017
AGH Nordrhein-Westfalen: "Staatsnähe" einer Jobcenter-Juristin rechtfertigt Versagung der Rechtsanwaltszulassung

Eine Juristin, die bei einem Jobcenter Arbeit und Grundsicherung in der Geschäftsführung tätig ist und dieses unter anderem in gerichtlichen Verfahren vertritt, kann nicht als Syndikusrechtsanwältin zugelassen werden. Dies hat der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 28.04.2017 entschieden. Denn in diesem Fall liege eine mit dem Leitbild der unabhängigen Anwaltschaft unvereinbare "Staatsnähe" vor, so dass bereits die Zulassung als Rechtsanwältin zu versagen sei (Az.: 1 AGH 66/16, BeckRS 2017, 116825).

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Hongkonger Studentenführer Joshua Wong zu Haftstrafe verurteilt
Der junge Hongkonger Aktivist Joshua Wong ist für seine Beteiligung an den prodemokratischen Demonstrationen im Jahr 2014 zu einer sechsmonatigen Haftstrafe verurteilt worden. Ein Gericht in Hongkong verurteilte am 17.08.2017 außerdem zwei Mitstreiter des 20-Jährigen: Nathan Law muss für acht Monate ins Gefängnis, Alex Chow erhielt eine siebenmonatige Haftstrafe. Alle drei waren im Jahr 2017 wegen "illegaler Versammlungen" zunächst zu Sozialstunden verurteilt worden. Nachdem die Anklage in Berufung gegangen war, wurde das Strafmaß nun erhöht. Menschenrechtler sind entsetzt. Mehr lesen
VGH Mannheim: Sondernutzungssatzung darf Außenbewirtschaftung nicht von kostenloser Gästetoilette abhängig machen
Eine Bestimmung in einer kommunalen Sondernutzungssatzung, die vorsieht, dass eine Sondernutzungserlaubnis für die Außenbewirtschaftung auf öffentlicher Verkehrsfläche, soweit Sitzgelegenheiten beantragt werden, nur erteilt werden kann, wenn eine kostenlose Gästetoilette nachgewiesen wird, verstößt voraussichtlich gegen höherrangiges Recht. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 29.03.2017 hervor (Az.: 5 S 533/17, BeckRS 2017, 109711). Mehr lesen
Deutsche Bank erzielt Millionen-Vergleich in Anleihen-Rechtsstreit
Die Deutsche Bank hat mit Klägern in einem US-Rechtsstreit um angebliche Preisabsprachen am Anleihemarkt einen millionenschweren Vergleich ausgehandelt. Sollte der zuständige Richter der vorläufigen Einigung zustimmen, würde das in Frankfurt ansässige Geldhaus 48,5 Millionen Dollar (41,4 Mio Euro) zahlen. Das geht aus Gerichtsdokumenten vom 18.08.2017 hervor. Mehr lesen
BVerwG konkretisiert Arzneimitteleigenschaft von Import-Blutegeln
Lebende Blutegel, die zum Zweck der Arzneimittelherstellung nach Deutschland importiert werden, können im Zeitpunkt der Einfuhr noch nicht als Arzneimittel eingestuft werden, wenn wesentliche Bearbeitungsschritte zum anwendungsfertigen medizinischen Blutegel erst im Inland erfolgen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.08.2017 klargestellt (Az.: 3 C 18.15). Mehr lesen
BVerwG: Masterabschluss in Psychologie eröffnet Zugang zur Psychotherapeutenausbildung
Der erfolgreiche Abschluss eines Masterstudiengangs in Psychologie an einer inländischen Universität erfüllt die Zugangsvoraussetzung für eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten. Ein zusätzlicher Bachelorabschluss ist daneben nicht erforderlich. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 17.08.2017 entschieden (Az.: 3 C 12.16). Mehr lesen
LG München: Gericht schickt Messerstecher von Grafing in Psychiatrie
Mit einem Messer griff ein geistig verwirrter Mann vier Menschen auf dem Bahnhof von Grafing an – ein Opfer starb bei der Tat im Mai 2016. Dafür schickte das Münchner Landgericht II den Hessen am 17.08.2017 dauerhaft in die Psychiatrie. Die Tat gehe auf die psychische Erkrankung des Beschuldigten zurück, sagte der Richter zur Begründung. "Er war nicht schuldfähig, weil er seine Handlungen nicht steuern konnte." Mehr lesen
BGH: Beim Eingehungsbetrug kann das Ausfallrisiko einer Geldanlage nicht mit dem Vermögensschaden gleichgesetzt werden

StGB § 263

1. Zur Schadensfeststellung bei einem Eingehungsbetrug ist der Geldwert des erworbenen Anspruchs mit dem der eingegangenen Verpflichtung zu vergleichen. Ein Minderwert des im Synallagma Erlangten ist unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen und festzusetzen.

2. Der für § 263 StGB maßgebliche Vermögensschaden muss unmittelbar zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung entstehen. Spätere Entwicklungen berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. (Leitsätze der Redaktion)

BGH, Beschluss vom 28.06.2017 - 4 StR 186/17, BeckRS 2017, 119126

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FG Münster: Steuerzinsen können bei 6% bleiben
Der geltende Zinssatz von 6% für verspätete Steuerzahlungen ist auch in einer Niedrigzinsphase rechtens. Das hat das Finanzgericht Münster am 17.08.2017 entschieden und die Klage eines Ehepaares aus Witten abgewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen (Az.: 10 K 2472/16). Mehr lesen
Donnerstag, 17.8.2017
OLG München: Ad-Blocker verstoßen nicht gegen Kartell-, Wettbewerbs- und Urheberrecht
Open Source-Software, die Werbung auf Websites unterdrückt, verstößt weder gegen Kartell- noch gegen Wettbewerbsrecht. Das Oberlandesgericht München konnte in seinen Urteilen vom 17.08.2017 keine gezielte Behinderung der Websitebetreiber erkennen. Die sogenannten Ad-Blocker stellten zudem auch keinen Verstoß gegen Urheberrecht dar. Mehr lesen
IStGH verurteilt Islamisten zu Schadenersatz wegen Zerstörungen an Weltkulturerbe in Timbuktu

Für die Zerstörung von Weltkulturerbe im westafrikanischen Mali ist ein inhaftierter Dschihadist vom Internationalen Strafgerichtshof zur Wiedergutmachung in Höhe von 2,7 Millionen Euro verurteilt worden. Das Urteil gegen den Ahmad Al Faqi al Mahdi gab der Gerichtshof am 17.08.2017 in Den Haag bekannt.

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VG Koblenz: Sonderumlage für Freibad in Bad Sobernheim rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat der Klage der Stadt Bad Sobernheim gegen ihre Heranziehung zu einer Sonderumlage für das Freibad durch die Verbandsgemeinde Bad Sobernheim stattgegeben. Aufgrund ihrer geringen Größe sei die Klägerin nicht verpflichtet, ein Freibad bereitzustellen. Daher könne ihr auch kein umlagefähiger Sondervorteil entstehen (Urteil vom 08.08.2017, Az.: 1 K 1117/16.KO).

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VG Berlin: Kein Schulplatz im Einschulungsbereich bei Scheinanmeldung
Wer sein schulpflichtiges Kind nur zum Schein in einer Wohnung anmeldet, kann auf diese Weise keinen Schulplatz an einer bestimmten Berliner Grundschule des Einschulungsbereichs erhalten. Seine entsprechende langjährige Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht Berlin im Zuge der diesjährigen Schulkampagne mit Beschluss vom 08.08.2017 bekräftigt (Az.: VG 9 L 416.17). Mehr lesen
FG Münster: Keine Geschäftsführer-Haftung für Lohnsteuerbeträge während der Eigenverwaltung bei Überweisung auf Treuhandkonto nach rechtlicher Beratung

GmbH-Geschäftsführer haften nicht für während der Eigenverwaltung fällig gewordene Lohnsteuerbeträge, die sie aufgrund eines zuvor eingeholten eingehenden Rechtsrats zunächst auf ein Treuhandkonto überwiesen haben. Dies hat das Finanzgericht Münster mit zwei Urteilen vom 23.06.2017 entschieden. Denn ihnen könne keine grobe Fahrlässigkeit (§ 69 AO) vorgeworfen werden, wenn sie sich beratungskonform verhalten haben (Az.: 3 K 1537/14 L und 3 K 1539/14 L, BeckRS 2017, 118888 und BeckRS 2017, 119053).

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FG Münster: Kommunale GmbH darf Verluste aus Schulschwimmen nicht mit Gewinnen aus anderen Bereichen verrechnen

Eine kommunale GmbH darf Verluste aus dem Schulschwimmen nicht mit positiven Einkünften aus anderen Bereichen verrechnen. Dies geht aus einem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 26.04.2017 hervor (Az.: 9 K 3847/15 K,F, BeckRS 2017, 119056).

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BGH: Anspruch auf Nachforderung von Nebenkosten

1. Unterliegt ein Berufungsurteil der Revision, müssen sich die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung aus dem Urteil oder - im Falle des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO - aus dem Sitzungsprotokoll einschließlich der im Urteil oder im Sitzungsprotokoll enthaltenen Bezugnahmen so erschließen, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung stattfinden kann. Weiter muss das Berufungsurteil erkennen lassen, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgegangen ist und welche Berufungsanträge die Parteien zumindest sinngemäß gestellt haben.

2. Für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Betriebskostenabrechnung ist allein entscheidend, ob es die darin gemachten Angaben dem Mieter ermöglichen, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen. Hieran sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Notwendig, aber auch ausreichend ist es, dass der Mieter die ihm angelasteten Kosten bereits aus der Abrechnung klar ersehen und überprüfen kann, so dass die Einsichtnahme in dafür vorgesehene Belege nur noch zur Kontrolle und zur Beseitigung von Zweifeln erforderlich ist.

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VGH Mannheim: Wahlanfechtungsklage gegen Bürgermeisterwahl in Eppelheim abgelehnt
Wegen Unzulässigkeit des Wahleinspruchs hat der baden-württembergische Verwaltungsgerichthof in Mannheim in zweiter Instanz per Beschluss vom 15.08.2017 die Wahlanfechtungsklage eines Eppelheimer Bürgers gegen die Wahl von Patricia Popp (jetzt Rebmann) zur Bürgermeisterin von Eppelheim rechtskräftig abgelehnt und damit ein entsprechendes Urteil der Vorinstanz bestätigt. Die Mannheimer Richter sahen keine wahlrelevanten Vorschriften verletzt (Az.: 1 S 1367/17). Mehr lesen
Niedersachsen verbietet Vollverschleierung an Schulen

Das Tragen einer Vollverschleierung ist an den Schulen in Niedersachsen künftig verboten. Eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes hat der Landtag in Hannover am 16.08.2017 einstimmig beschlossen.

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VG Freiburg: Kein psychiatrisches Gutachten allein wegen Zurechnung eines Fahrerlaubnisinhabers zur "Reichsbürgerbewegung"

Die Zurechnung eines Fahrerlaubnisinhabers zur sogenannten Reichsbürgerbewegung berechtigt die Fahrerlaubnisbehörde nicht zur Anforderung eines psychiatrischen Gutachtens. Denn abwegige und abstruse Äußerungen rechtlicher oder tatsächlicher Art stellten für sich allein noch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme einer die Fahreignung beeinträchtigenden psychischen Gesundheitsstörung dar, stellte das Verwaltungsgericht Freiburg klar. Es gab dem Eilantrag eines von der Stadt Freiburg als sogenannter "Reichsbürger“ eingestuften Fahrerlaubnisinhabers statt (Beschluss vom 09.08.2017, Az.: 4 K 4224/17, nicht rechtskräftig).

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Mittwoch, 16.8.2017
BSG: Kein Anspruch auf Arbeit in Deutschland zu europäischen Sozialversicherungstarifen
Unternehmen aus der Europäischen Union haben grundsätzlich keinen Anspruch auf den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen, durch welche die sozialrechtlichen Bestimmungen am Sitz des Unternehmens dann auch für dessen Beschäftigte gelten, die über Jahre hinweg in Deutschland tätig sind. Dies hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 16.08.2017 entschieden. Die Ablehnung einer Vereinbarung sei allerdings gerichtlich überprüfbar (Az.: B 12 KR 19/16 R). Mehr lesen