Mittwoch, 27.9.2017
Strafkammertag in Würzburg: Richter formulieren Forderungskatalog für effektivere Strafverfahren

Fast 80 Vorsitzende Strafrichter aus allen Oberlandesgerichtsbezirken haben auf dem zweiten bundesweiten Strafkammertag, der am 26.09.2017 in Würzburg unter dem Motto "Gerechter Strafprozess braucht gute Gesetze" stattfand, Gesetzesvorschläge erarbeitet, die das Strafverfahren effektiver und praxistauglicher machen sollen. So sollen etwa Zeugenfragebögen in gleichgelagerten Masseverfahren verlesen werden dürfen, die Begründungsanforderungen an Beweisanträge erhöht, die Zahl von Nebenklägeranwälten eingeschränkt und Revisionen erschwert werden.

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Lkw-Bauer Scania muss wegen Absprachen hohe Millionenstrafe zahlen
Die schwedische VW-Tochter Scania muss nach einer Entscheidung der EU-Wettbewerbshüter wegen unerlaubter Preisvereinbarungen rund 880 Millionen Euro Strafe zahlen. Der Lkw-Bauer habe zusammen mit fünf anderen Herstellern die Preise für Lastwagen 14 Jahre lang abgesprochen, teilte die EU-Kommission am 27.09.2017 in Brüssel mit. Zudem sei ausgemacht worden, die Kosten für die Entwicklung neuer Technologien zur Emissionsbegrenzung an die Kunden weiterzugeben. Mehr lesen
OLG Köln: Werbung von 1&1 mit "Das beste Netz" ist irreführend
Die Werbekampagne der Telekommunikationsfirma 1&1 aus August und September 2017 mit der Aussage "Das beste Netz gibt’s bei 1&1" ist irreführend. Das hat das Oberlandesgericht Köln am 19.09.2017 entschieden. Auf Antrag der Telekom Deutschland GmbH hat es das Gericht im Wege der einstweiligen Verfügung unter anderem untersagt, mit der Aussage in Printmedien, auf Plakaten, im Internet und in einem Fernseh-Werbespot zu werben (Az.: 6 W 97/17). Mehr lesen
OLG Hamm: Kaskoversicherer muss bei zu später Unterrichtung vom Unfallschaden nicht zahlen
Teilt ein Versicherungsnehmer – in Kenntnis der ihm obliegenden Anzeigepflicht – seinem Kaskoversicherer einen Unfallschaden erst knapp sechs Monate nach dem Verkehrsunfall mit, kann der Kaskoversicherer berechtigt sein, eine Entschädigung wegen vorsätzlicher Verletzung der Anzeigeobliegenheit zu verweigern. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 21.06.2017 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen bestätigt (Az.: 20 U 42/17, BeckRS 2017, 120555). Mehr lesen
VGH München: Mit Neuerteilung einer Fahrerlaubnis kann bis Abschluss eines Strafverfahrens gewartet werden

FeV §§ 11 I und III, 20 I 1, 22 II; VwGO § 123 I 2

Der Verwaltungsgerichtshof München hat entschieden, dass mit der Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis abgewartet werden kann, bis ein strafrechtliches Verfahren abgeschlossen ist. § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG untersage der Fahrerlaubnisbehörde nur in einem Entziehungsverfahren, nicht aber in einem Erteilungsverfahren, den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, zu berücksichtigen, solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist. Auch die Unschuldsvermutung stehe dem nicht entgegen, vielmehr gelte es, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. (redaktioneller Leitsatz)

VGH München, Beschluss vom 17.08.2017 - 11 CE 17.1437 (VG Regensburg), BeckRS 2017, 122958

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BVerfG verhängt Missbrauchsgebühr wegen Täuschung über unmittelbar bevorstehende Abschiebung nach Afghanistan

Das Bundesverfassungsgericht hat den Antrag eines abgelehnten Asylbewerbers auf Eilrechtsschutz gegen seine drohende Abschiebung nach Afghanistan mit Beschluss vom 14.09.2017 abgelehnt. Zugleich hat es dem Anwalt des Antragstellers wegen Täuschung über das unmittelbare Bevorstehen der Abschiebung eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 2.600 Euro auferlegt (Az.: 2 BvQ 56/17).

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Bericht: Google will nach EU-Rekordstrafe Shopping-Suche auskoppeln
Google will laut einem Medienbericht nach der Rekord-Wettbewerbsstrafe der EU-Kommission seine umstrittene Shopping-Suche in eine eigenständige Einheit auslagern. Dieser neue Google-Bereich solle dann um Anzeigenplätze am oberen Ende der Suchergebnisse gegen Konkurrenten bieten, beschrieb der Finanzdienst Bloomberg den Plan am 26.09.2017 unter Berufung auf informierte Personen. Mehr lesen
Abschaffung von "Obamacare" scheitert auch im dritten Anlauf
Die US-Republikaner sind auch mit dem dritten Anlauf gescheitert, die Krankenversicherung "Obamacare" abzuschaffen und zu ersetzen. Der Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, zog am 26.09.2017 (Ortszeit) offiziell den Stecker: Man werde in dieser Woche nicht mehr abstimmen. Als nächstes wollen die Republikaner nun eine Steuerreform angehen, ein allerdings mindestens ebenso komplexes und aufgeladenes Thema wie eine Gesundheitsreform. Im neunten Monat der Präsidentschaft Donald Trumps hat noch kein größeres seiner Vorhaben Gesetzeskraft erlangt. Mehr lesen
Bundeskabinett beschließt Sozialversicherungsrechengrößen 2018
Das Bundeskabinett hat am 27.09.2017 die Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2018 beschlossen. Danach erhöht sich die Bezugsgröße, die für viele Werte in der Sozialversicherung Bedeutung hat (unter anderem für die Festsetzung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlagen für freiwillige Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Beitragsberechnung von versicherungspflichtigen Selbstständigen in der gesetzlichen Rentenversicherung), auf 3.045 Euro/Monat (2017: 2.975 Euro/Monat). Die Bezugsgröße (Ost) steigt nach Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf 2.695 Euro/Monat (2017: 2.660 Euro/Monat). Die Verordnung bedarf noch der Zustimmung des Bundesrats. Mehr lesen
BAG: Hamburgisches Zusatzversorgungsgesetz verstößt möglicherweise gegen Unionsrecht
Das Bundesarbeitsgericht hat Zweifel, ob § 20 des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes (HmbZVG), wonach die niedrigere Versorgung ruht, wenn einer oder einem Versorgten sowohl eine Ruhegeldversorgung als auch eine Hinterbliebenenversorgung nach diesem Gesetz zustehen, unionsrechtskonform ist. Dies ergibt sich aus einem Urteil vom 26.09.2017. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Regelung gegen den Grundsatz der Entgeltgleicheit (Art. 157 AEUV) verstößt, betonten die Richter (Az.: 3 AZR 733/15). Mehr lesen
BFH ändert Rechtsprechung zu eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen
Wird ein Gesellschafter im Insolvenzverfahren als Bürge für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen, führt dies entgegen einer langjährigen Rechtsprechung nach Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung. Dies stellt der Bundesfinanzhof klar und macht zugleich deutlich, dass sein am 27.09.2017 veröffentlichtes Urteil vom 11.07.2017 (Az.: IX R 36/15) große Auswirkungen auf die Finanzierung von Kapitalgesellschaften durch Gesellschafterdarlehen und die Absicherung von Darlehen durch Bürgschaften des Gesellschafters haben werde. Die neuen Grundsätze will der BFH eigenen Angaben zufolge demnächst in einer Reihe weiterer Fälle konkretisieren. Mehr lesen
Kroatien: Serbischer Rebellenführer wegen Kriegsverbrechen verurteilt

Der prominente serbische Rebellenführer Dragan Vasiljkovic ist wegen Kriegsverbrechen in Kroatien zu Beginn der 1990er Jahre zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das beschloss das Landgericht Split am 26.09.2017.

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BSG: Rundfunkanstalten müssen U2-Umlage auch von Entgelten "freier Mitarbeiter" entrichten

Rundfunkanstalten müssen von Entgelten der Mitarbeiter, die sie als Angestellte melden und für die sie Sozialversicherungsbeiträge entrichten, auch die Umlage U2 für Mutterschaftsaufwendungen entrichten, selbst wenn sie diese Personen arbeitsrechtlich als "freie Mitarbeiter" einstufen. Das hat das Bundessozialgericht am 26.09.2017 entschieden (Az.: B 1 KR 31/16 R).

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Dienstag, 26.9.2017
Neue US-Einreisebeschränkungen für acht Länder verkündet

US-Präsident Donald Trump hat nach Auslaufen der höchst umstrittenen bisherigen 90-tägigen Einreisesperren neue Einreisebeschränkungen für Bürger aus acht Staaten verkündet. Neu auf der Liste sind der Tschad, Nordkorea und Venezuela. Der Sudan ist hingegen nicht mehr von Restriktionen betroffen. Die neuen Regelungen sollen am 18.10.2017 in Kraft treten.

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Berlin ruft wegen Schweinehaltung BVerfG an
Das Land Berlin will die Vorschriften zur Schweinehaltung in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen. Der rot-rot-grüne Senat beschloss am 26.09.2017 in Karlsruhe einen Antrag auf eine Normenkontrollklage zu stellen. "Die Bedingungen in vielen deutschen Schweineställen verstoßen gegen das Tierschutzgesetz und auch gegen die Verfassung", sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). Die Tiere hätten vielfach zu wenig Platz, keine separaten Liegeplätze und unzureichende Abwechslung. Ihre artspezifischen Grundbedürfnisse würden zu wenig beachtet. Mehr lesen
VG Dresden zu asylrelevanter Lage in Libyen: Volksgruppe der Tawergha gefährdet
Das Verwaltungsgericht Dresden hat auf der Grundlage seiner mündlichen Verhandlungen vom 22.09.2017 in sechs Verfahren erstmalig über grundsätzliche Fragen zur aktuellen asylrelevanten Lage in Libyen entschieden. Fünf Klagen blieben erfolglos und wurden abgewiesen. Eine Familie aus der Volksgruppe der Tawergha erzielte einen Teilerfolg. Ihr sprach das Gericht subsidiären Schutz zu (Az.: 12 K 631/16.A, 12 K 1598/16.A, 12 K 2028/16.A, 12 K 2300/16.A, 12 K 4204/17.A sowie 12 K 304/17.A). Mehr lesen
EU-Rechnungshof gibt EuGH und EuG Empfehlungen für Optimierungen
Der Rechnungshof der Europäischen Union hat am 26.09.2017 seine Schlussfolgerungen aus einer Begutachtung des Systems der Bearbeitung der Rechtssachen beim Gerichtshof der Europäischen Union und beim Gericht der Europäischen Union vorgelegt. EuGH und EuG kündigten an, die darin enthaltenen Empfehlungen zur Weiterentwicklung bestimmter Modalitäten der Rechtssachenbearbeitung und zur Organisation der dafür eingesetzten Ressourcen in ihre ständigen Überlegungen zur Optimierung ihrer Arbeitsmethoden einbeziehen zu wollen. Die Empfehlungen des Rechnungshofs, ausführlichere Statistiken zu veröffentlichen, ein integriertes IT-System einzurichten und die Mitgliedstaaten darauf hinzuweisen, dass ausscheidende Mitglieder des Unionsorgans möglichst schnell ersetzt werden sollten, begrüßen die beiden Gerichte. Mehr lesen
OLG Hamm bestätigt Verurteilung eines Ex-Berufssoldaten wegen Volksverhetzung durch Facebook-Kommentare

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Verurteilung eines Mannes wegen Volksverhetzung bestätigt, der in öffentlich abrufbaren Kommentaren auf Facebook kriminelle Ausländer und Flüchtlinge als "Gesochse", "Affen", "Ungeziefer" und kriminelles "Pack" beschimpft hatte und zu der Zeit Berufssoldat war, wie seinem öffentlich zugänglichem Facebook-Profil entnommen werden konnte (Beschluss vom 07.09.2017, Az.: 4 RVs 103/17).

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Prominenter "Cumhuriyet"-Journalist aus Untersuchungshaft entlassen
Nach elf Monaten Untersuchungshaft ist ein wegen Terrorverdacht angeklagter prominenter Journalist der Zeitung "Cumhuriyet" freigelassen worden. Ein Gericht in Istanbul habe am Abend des 25.09.2017 entschieden, den Kolumnisten Kadri Gürsel bis zu einem Urteil unter Auflagen auf freien Fuß zu setzen, meldeten die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu und die regierungskritische "Cumhuriyet". Noch in der Nacht wurde Gürsel aus dem Gefängnis Silivri westlich von Istanbul entlassen, wie die Nachrichtenagentur DHA berichtete. Auf einem DHA-Video war zu sehen, wie Gürsels Ehefrau und seine Kollegen vor dem Gefängnistor warten und den Journalisten nach der Freilassung umarmen. Mehr lesen
BGH: Keine Kenntnis von Zahlungseinstellung allein aufgrund Zahlungsvereinbarung mit Gerichtsvollzieher

InsO §§ 17 II 2, 133 I; ZPO § 806b aF

Erklärt sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereit, muss der Gläubiger allein aus diesem Umstand nicht zwingend darauf schließen, dass der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. (Leitsatz des Gerichts)

BGH, Urteil vom 06.07.2017 - IX ZR 178/16 (LG Köln), BeckRS 2017, 121832

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