Montag, 24.4.2017
OLG Brandenburg: Vorgeschriebene mündliche Verhandlung im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

VV RVG 3104 Anm. I Nr. 1

Mit VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG soll erreicht werden, dass der Verfahrensbevollmächtigte, der im Hinblick auf den auch in Familienstreitsachen geltenden Grundsatz der Mündlichkeit (§ 128 I ZPO) erwarten kann, in der mündlichen Verhandlung eine Terminsgebühr zu verdienen, keinen Gebührennachteil erleidet, wenn durch eine andere, in VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG genannte Verfahrensgestaltung auf eine mündliche Verhandlung verzichtet wird. Es entspricht einer effektiven Verfahrensführung, in einem Verfahren, in dem ein Beteiligter eine mündliche Verhandlung und somit das Entstehen einer Terminsgebühr erzwingen kann, einen Anreiz zu schaffen, das Verfahren auch ohne mündliche Verhandlung zu beenden, ohne dass der Verfahrensbevollmächtigte Gefahr läuft, die ansonsten „sichere" Terminsgebühr zu verlieren.

OLG Brandenburg, Beschluss vom 29.03.2017 - 15 WF 40/17, BeckRS 2017, 105696

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LG Berlin: Kammern uneins über Widerrufsmöglichkeiten bei Änderungen bestehender Mietverträge
Zwei Kammern des Berliner Landgerichts haben unterschiedliche Meinungen dazu, ob die Verbraucherschutzvorschriften über einen Widerruf auch bei bestehenden Mietverträgen anwendbar sind. Während die Zivilkammer 63 dies in einem Rechtsstreit am 10.03.2017 bejaht hat (Az.: 63 S 248/16), ist die Zivilkammer 18 des LG in einem am 14.09.2016 verkündeten Berufungsurteil davon ausgegangen, dass die allgemeinen Vorschriften über den Verbraucherschutz nur für den Abschluss eines (neuen) Mietvertrages gelten (Az.: 18 S 357/15). Ansonsten seien widersprüchliche Folgen zu befürchten. Mehr lesen
Italienisches Gericht erkennt Gehirntumor eines Vieltelefonierers als Berufskrankheit an
In Italien hat ein Gericht erstmals weltweit den Gehirntumor eines Mannes, der beruflich bedingt mehrere Stunden täglich mit seinem Handy telefonierte, als Berufskrankheit anerkannt. Über den Fall berichtete der "Spiegel" am 21.04.2017 auf seinen Internetseiten. Mehr lesen
DocMorris muss Automatenapotheke in Baden-Württemberg nach nur 2 Tagen wieder schließen
Der Versandhändler DocMorris muss seine umstrittene Automatenapotheke in Baden-Württemberg schon nach gut 48 Stunden wieder schließen. Der Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel sei strengen Anforderungen des Gesetzgebers unterworfen, begründete das Regierungspräsidium Karlsruhe die Entscheidung. Die Abgabe in Hüffenhardt erfolge nicht in einer Apotheke und sei auch nicht von der Versandhandelserlaubnis des in den Niederlanden ansässigen Unternehmens umfasst. Mehr lesen
Freitag, 21.4.2017
Russland: Oberstes Gericht verbietet Zeugen Jehovas

Das Oberste Gericht Russlands hat die Zeugen Jehovas als extremistisch verboten und ihr Vermögen eingezogen. Die Glaubensgemeinschaft müsse ihre Russland-Zentrale in St. Petersburg und 395 örtliche Organisationen auflösen, so die Richter am 20.04.2017 in Moskau. Die Zeugen Jehovas kündigten an, ihren Fall vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu tragen.

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BVerfG bestätigt Verurteilung eines NPD-Politikers wegen Beleidigung eines Künstlerehepaars aus Jamel

Ein NPD-Politiker ist mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung wegen Beleidigung eines Künstlerehepaares aus Jamel, das sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht hat seine Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das von den Fachgerichten angenommene Überwiegen der Belange der persönlichen Ehre sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und verletze nicht die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers (Beschluss vom 13.03.2017, Az.: 1 BvR 1438/15).

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BVerfG: LG Würzburg muss über Strafbarkeit eines Publizisten wegen Beihilfe zur Volksverhetzung neu entscheiden

Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde eines Publizisten gegen seine Verurteilung wegen Beihilfe zur Volksverhetzung durch Leugnen des Völkermords an den Juden stattgegeben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Würzburg zurückverwiesen. Die Strafgerichte hätten den Sinngehalt der Äußerung des Publizisten unzutreffend erfasst und zudem die erforderliche Abwägung mit der Meinungsfreiheit unterlassen (Beschluss vom 28.03.2017, Az.: 1 BvR 1384/16).

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Juristinnenbund verurteilt Kritik an steigendem Frauenanteil in der Justiz
Der Deutsche Juristinnenbund (djb) kritisiert die Auffassung des Fernsehjournalisten Joachim Wagner, dass die Entwicklung zu einem höheren Frauenanteil bei Richter- und Staatsanwaltschaft negative Auswirkungen habe. Dies geht aus einer Mitteilung des Verbands vom 20.04.2017 hervor. Die Kritik beziehe sich auf ein Interview im Kundenmagazin eines Fachverlags. Darin heiße es: "Durch Schwangerschaften, Elternzeit und hohe Teilzeitquoten verlängert sich die Dauer der Verfahren, verschärfen sich Organisationsprobleme und verschlechtert sich die Erreichbarkeit von Richterinnen für Bürger und Rechtsanwälte." Nach Auffassung des djb ist keine dieser Behauptungen mit Fakten unterlegt. Mehr lesen
AG München: Vermieter darf Nach Tod seiner Mieterin deren im Mietobjekt wohnenden Familienangehörigen kündigen
Die unterlassene Information des Vermieters über den Tod der Mieterin über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinweg ist vertragswidrig und berechtigt den Vermieter zur Kündigung des Mietverhältnisses gegenüber den Verwandten, die vor dem Tod in die Wohnung eingezogen sind und seitdem dort weiter wohnen. Dies ergibt sich aus einem mittlerweile rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts München vom 18.08.2016 (Az.: 432 C 9516/16). Mehr lesen
VG Mainz verneint Besitzstandsschutz für verpachtete Taxikonzessionen
Ein Unternehmer kann sich nicht auf Besitzstandsschutz als "Altunternehmer" berufen, wenn er seine Taxigenehmigungen in der Vergangenheit durchgehend verpachtet hatte. Dies hat das Verwaltungsgericht Mainz mit Urteil vom 05.04.2017 klargestellt. Nach Auffassung des Gerichts wurde die Wiedererteilung der abgelaufenen Genehmigungen im entschiedenen Fall zu recht abgelehnt (Az.: 3 K 626/16.MZ). Mehr lesen
OLG Hamm: Kfz-Fachwerkstatt muss Rückrufaktion kennen
Eine Kfz-Fachwerkstatt muss auch bei sogenannten "Grauimporten" Rückrufaktionen eines Herstellers der von ihr betreuten Kfz-Modelle kennen und den Kunden bei beauftragten Inspektionsarbeiten auf eine für die Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs bedeutsame Rückrufaktion und die insoweit gebotenen Reparaturen hinweisen. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 08.02.2017 entschieden (Az.: 12 U 101/16, BeckRS 2017, 104109). Das Urteil ist nicht rechtskräftig, die Revision wird beim BGH unter dem Az. VII ZR 51/17 geführt. Mehr lesen
BGH: Zuständigkeitsregelung des § 215 VVG ist auch auf Altverträge anwendbar

EGVVG Art. 1 I, 1 II; VVG §§ 5a, 215; BGB § 278

Der Regelungsbereich der Übergangsvorschrift in Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG erfasst nicht die Gerichtsstandsregelung des § 215 VVG. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil entschieden. Bei Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen sei § 215 Abs. 1 S. 1 VVG daher auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar, obgleich der Vertragsschluss noch vor der Reform des Versicherungsvertragsrechts zum 01.01.2008 erfolgte. Greife Art. 1 Abs. 1 EGVVG nicht ein, verbleibe auch für eine Anwendung des Art. 1 Abs. 2 EGVVG kein Raum.

BGH, Urteil vom 08.03.2017 - IV ZR 435/15 (OLG Bamberg, LG Würzburg), BeckRS 2017, 105014

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LG Berlin: Land Berlin unterliegt in Rechtsstreit um Verwendung der Domain "www.berlin.com"
Das Land Berlin kann den Verantwortlichen einer Webseite nicht daran hindern, die Domain "www.Berlin.com" zu betreiben, wenn bei Aufruf der Seite durch einen Disclaimer deutlich wird, dass es sich nicht um die offizielle Berlin-Seite des Landes handelt. Dies hat das Landgericht Berlin in einem am 27.02.2017 verkündeten Urteil klargestellt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es kann Berufung beim Kammergericht eingelegt werden (Az.: 3 O 19/15). Mehr lesen
Türkei: Chef der Anwaltskammer kündigt Klage gegen Referendum an
Nach Beschwerden über Unregelmäßigkeiten beim Verfassungsreferendum will die türkische Anwaltskammer Klage beim Verfassungsgericht einreichen. Das Vorgehen des Hohen Wahlrats, nicht gestempelte Unterlagen für gültig zu erklären, widerspreche "Geist und Buchstaben des Gesetzes", sagte Anwaltskammer-Chef Metin Feyzioglu der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Ausgabe vom 21.04.2017). Sollte das Gericht nicht tätig werden, werde man sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wenden. Justizminister Bekir Bozdag und Staatschef Recep Tayyip Erdogan hatten Bemühungen zur Annullierung des Referendums zuvor als aussichtslos bezeichnet. Mehr lesen
Bundesrat will Geldwäschegesetz ändern
Der Bundesrat verlangt Änderungen an dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (BT-Drs. 18/11555). Wie der parlamentarische Pressedienst am 20.04.2017 berichtete, wird in der von der Bundesregierung als Unterrichtung (BT-Drs. 18/11928) vorgelegten Stellungnahme der Länder gegen die Herausnahme von Geldspielgeräten und von bestimmten Pferdewetten aus dem Geltungsbereich des Geldwäschegesetzes protestiert. Mehr lesen
OLG Frankfurt am Main weist Befangenheitsgesuch im Rennbahn-Streit zurück
Das Befangenheitsgesuch der Stadt Frankfurt am Main gegen die Vorsitzende Richterin und die stellvertretende Vorsitzende des Zweiten Zivilsenats im Streit um die Räumung und Herausgabe des in Frankfurt Niederrad gelegenen Rennbahngeländes bleibt erfolglos. Dies geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19.04.2017 hervor. Der Termin zur mündlichen Verhandlung am 05.05.2017 bleibt damit bestehen (Az.: 2 U 174/16). Mehr lesen
VG Köln: Oberbürgermeister darf sich wertend zu Bürgerentscheid äußern
Der Oberbürgermeister von Bonn darf zum Bürgerentscheid über die Zukunft des Kurfürstenbads die Empfehlung abgeben, mit Nein zu stimmen. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 18.04.2017 hervor. Der Eilantrag des Bürgerbegehrens "Kurfürstenbad bleibt!" gegen die Stadt Bonn bleibt damit erfolglos (Az.: 4 L 1613/17). Mehr lesen
VG Düsseldorf: Ausschluss der "Linken" von Podiumsdiskussionen der Landeszentrale für politische Bildung rechtmäßig
Die Entscheidung der Landeszentrale für politische Bildung NRW, die Partei "Die Linke" (Landesverband NRW) zu Podiumsdiskussionen in Berufskollegs nicht zuzulassen, ist rechtmäßig. Das hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 20.04.2017 entschieden und damit den Antrag der Partei abgelehnt, mit dem diese die Teilnahme im Eilverfahren erstreiten wollte. Die Einschätzung der Landeszentrale, die Partei habe in NRW bislang eine geringe Bedeutung, sei nicht zu beanstanden (Az.: 20 L 1740/17). Mehr lesen
Donnerstag, 20.4.2017
Verbraucherschützer klagen gegen Geldautomaten-Gebühr

Die Gebühren, die einige Finanzhäuser seit kurzem von eigenen Kunden fürs Geldabheben am Bankautomaten verlangen, sorgen für Ärger: Verbraucherschützer ziehen vor Gericht. “Wir haben klare Belege, dass drei Institute ihre Kunden vorher nicht ausreichend über die Preisänderung informiert haben“, sagte Finanzmarktwächter Kay Görner am 20.04.2017 gegenüber der Presse. "Ein Verfahren gegen eine Berliner Genossenschaftsbank läuft bereits vor dem Landgericht Halle."

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BGH: Ermittlung ausländischen Rechts

ZPO § 293; FamFG § 26; Art. 2659 I Nr. 1 Codice civile

Der Tatrichter hat ausländisches Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wie er sich diese Kenntnis verschafft, liegt in seinem Ermessen. Ermessensfehlerhaft ist es, die Ermittlung des fremden Rechts auf die Heranziehung der Rechtsquellen zu beschränken. Stets muss auch die konkrete Ausgestaltung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländische Rechtsprechung, berücksichtigt werden. Der Tatrichter muss insoweit die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen. (Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschluss vom 09.02.2017 - V ZB 166/15, BeckRS 2017, 104200

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