OLG Düsseldorf: Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten müssen für Übertragung im Kabelnetz bezahlen

In dem seit 2013 andauernden Rechtsstreit um "Einspeiseentgelte" für die Nutzung des Kabelnetzes durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten hat der Erste Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 12.07.2017 zugunsten der Kabelnetzbetreiber entschieden. Die Rundfunkanstalten müssen demnach für die Nutzung des Kabelnetzes insgesamt circa 3,5 Millionen Euro zahlen. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verpflichtet sind, für die Verbreitung ihres Rundfunkprogramms über das Kabelnetz Entgelte zu zahlen. Streitgegenständlich waren allein die Entgelte für das Jahr 2013 und das erste Quartal 2016 (Az.: VI-U (Kart) 16/13).

Rundfunkanstalten kündigten "Einspeisevertrag"

Noch bis 2012 hatten die beklagten Rundfunkanstalten der Netzbetreiberin jährlich über 20 Millionen Euro gezahlt. Grundlage für die Zahlungen war ein im Jahr 2008 zwischen den Beteiligten geschlossener "Einspeisevertrag". Im Frühjahr 2011 hatten sich die beklagten Rundfunkanstalten jedoch gemeinsam dazu entschlossen, den Einspeisevertrag zu kündigen und fortan keine Zahlungen mehr zu leisten.

OLG: Kündigungen sind kartellrechtswidrig

Nach Auffassung des Senats ist der zwischen den Beteiligten in 2008 geschlossene Einspeisevertrag nicht wirksam gekündigt worden, sodass die Rundfunkanstalten weiterhin verpflichtet sind, Einspeiseentgelte zu zahlen. Die Kündigungserklärungen der Rundfunkanstalten seien kartellrechtswidrig. Sie verstießen gegen § 1 GWB, weil sie nicht aufgrund individueller wirtschaftlicher Erwägungen erfolgt seien, sondern auf der Grundlage einer unzulässigen Absprache zwischen den Rundfunkanstalten. Es bestehe eine tatsächliche Vermutung, dass der unstreitig stattgefundene Informationsaustausch zwischen den Rundfunkanstalten ursächlich für die im Juni 2012 erklärten Kündigungen war. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Rundfunkanstalten die Kündigungen jeweils aufgrund eines eigenständig gefassten Entschlusses erklärt hätten, bestünden nicht. Dokumente, Entscheidungsvorlagen, Protokolle oder Beschlüsse der zuständigen Gremien, die auf ein selbstständiges Handeln der Anstalten deuteten, seien nicht vorgelegt worden. Genau das habe der Bundesgerichtshof aber in seinem Revisionsurteil vom 12.04.2016 (NZKart 2016, 371) in diesem Zusammenhang verlangt.

Einspeisevertrag als solcher wirksam

Der Senat führte außerdem aus, der Einspeisevertrag sei als solcher wirksam. Er begegne insbesondere keinen kartellrechtlichen Bedenken. Die Entgeltsetzung verstoße nicht gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des § 19 GWB; ebenso wenig sei ein Verstoß gegen die rundfunkrechtlichen Entgeltvorgaben des § 52d Rundfunkstaatsvertrag oder ein sogenannter Preishöhenmissbrauch festzustellen. Eine wirtschaftliche Übermacht der Klägerin im Verhältnis zu den beklagten Rundfunkanstalten bestehe nicht. Die Vertragsparteien unterlägen hinsichtlich der Signaleinspeisung einer wechselseitigen Abhängigkeit. Eine wettbewerbsrechtlich relevante Ausbeutung der Rundfunkanstalten liege nicht vor.

LG Köln hatte Klage zunächst abgewiesen

In erster Instanz hatte das Landgericht Köln die Klage der Netzbetreiberin abgewiesen. Das zunächst ergangene Berufungsurteil des erkennenden Senats wurde vom BGH in der Revisionsinstanz zum Teil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.07.2017 - VI-U (Kart) 16/13

Redaktion beck-aktuell, 19. Juli 2017.

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