Polen: Parlament debattiert über Reform des Obersten Gerichts

Polens Parlament hat am 18.07.2017 über die umstrittene Neuordnung des Obersten Gerichts debattiert. Der Programmpunkt wurde am Morgen kurzfristig auf den Sitzungsplan gesetzt. Im Eiltempo treibt die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) damit die Justizreform voran, die erst am 12.07.2017 ins Parlament eingebracht worden war. Der Gesetzentwurf stieß bei Gegnern und Opposition auf scharfe Kritik.

Nach Protest Änderungen am Entwurf geplant

Der unmstrittene Entwurf sieht vor, alle Richter des Tribunals mit Inkrafttreten der Novelle in den Ruhestand zu schicken – über Ausnahmen sollte ursprünglich der Justizminister entscheiden. Vize-Justizminister Marin Warchol kündigte laut Agentur PAP nun Änderungen an dem Entwurf an. Man wolle den "Bedenken entgegenkommen“ und diese Entscheidung nicht dem Minister, sondern dem Landesrichterrat (KRS) zuschreiben, einem kollegialen Verfassungsorgan zur Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz. Allerdings hatte Polens Regierung auch eine von Juristen kritisierte Reform des KRS gebilligt, mit der sie Kritikern zufolge Einfluss auf die Richterwahl in dem Land nehmen will.

Oberstes Gericht sieht Gewaltenteilung in Gefahr

Als eigentliches Ziel der neuen Reform vermuten Kritiker, dass der PiS nahestehende Juristen am Obersten Gericht mit Sitz in Warschau das Sagen bekommen sollen. Die Reform sei ein Vorwand, um die Mehrheit der derzeit urteilenden Richter zu entlassen, teilte das Oberste Gericht in eigener Sache mit und sah die Gewaltenteilung in Gefahr.

EU-Rechtsstaatsverfahren gegen Polen läuft

Die EU-Kommission hatte vor anderthalb Jahren ein Rechtsstaatsverfahren gegen Polen eingeleitet, da sie nach einer Reform des Verfassungsgerichts dessen Unabhängigkeit bedroht sah.

Redaktion beck-aktuell, 19. Juli 2017 (dpa).

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