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Zur Haftung eines Lohnbuchhalters

Christian Thurow

LG Stuttgart Urt. v. 4.6.2025 – 27 O 280/24

 

Inwieweit ist ein Lohnbuchhalter für Sozialversicherungsbeiträge haftbar, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer fehlerhaft sozialversicherungsfrei abgerechnet wurde? Begrenzt eine sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung den Schaden? Und sind im Zweifelsfall die erworbenen Anwartschaften schadensmindernd anzusehen? Mit diesen Fragen hat sich das Landgericht (LG) Stuttgart auseinandergesetzt.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Nach Gründung einer GmbH übernahm eine Steuerberatungskanzlei die Lohnbuchführung. Bei den anfänglichen Gesprächen wurde besprochen, dass der Geschäftsführer sozialversicherungsfrei abgerechnet werden sollte, was dann auch so vorgenommen wurde.

Bei einer sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung Bund für die ersten zwei Jahre nach Gründung der GmbH wurde dies nicht beanstandet. Bei einer drei Jahre späteren Betriebsprüfung wurde jedoch die Behandlung des Gesellschafter-Geschäftsführers als sozialversicherungsfrei bemängelt, da dieser aufgrund seiner Minderheitsbeteiligung an der GmbH keinen maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben konnte. Insgesamt forderte die Rentenversicherung daher einen Betrag von rund 115.000 € nach, welchen die GmbH als Schadenersatzforderung gegenüber dem Lohnbuchhalter geltend machte.

 

 

Lösung

Das LG Stuttgart gibt der Klägerin vollumfänglich recht. Grundsätzlich ist der Lohnbuchhalter nicht verpflichtet, die Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status eigenständig zu klären. Allerdings muss der sozialversicherungsrechtliche Status geklärt sein. Im Zweifelsfall muss der Lohnbuchhalter daher den Mandanten zu einer Klärung auffordern. Fehlt eine verbindliche Weisung des Mandanten oder sonstige Klärung, nimmt der Lohnbuchhalter die Einstufung damit selbst vor und haftet somit bei schuldhafter Fehleinschätzung.

Im Ausgangsfall lag keine verbindliche Vorgabe des Mandanten vor, wonach der Gesellschafter-Geschäftsführer sozialversicherungsfrei abzurechnen sei. Zwar wurde der Sachverhalt besprochen, aber nicht eindeutig vorgegeben. Der Lohnbuchhalter muss sich daher die sozialversicherungsfreie Abrechnung als eigenen Fehler zurechnen lassen.

Der Grund für die Versagung der Sozialversicherungsfreiheit lag in der zu geringen Beteiligungsquote des Geschäftsführers. Dies wurde nach der zweiten Betriebsprüfung durch Übertragung von Anteilen an den Geschäftsführer geändert. Wäre der Sozialversicherungsstatus bereits in der Gründungsphase richtig geklärt worden, hätte die korrekte Anteilsverteilung bereits von Anfang an stattfinden können. Somit begrenzt die erste Betriebsprüfung, welche den Sachverhalt nicht bemängelt hat, den ersatzpflichtigen Schaden nicht.

Auch die erworbenen Anwartschaften mindern den Schaden nicht, da der Versicherungsfall ein naturgemäß ungewisses künftiges Ereignis darstellt. Der Vorteil in Form von Rentenversicherungsanwartschaften muss daher unberücksichtigt bleiben, solange der Versicherungsfall nicht eingetreten ist.

Somit muss der Lohnbuchhalter der GmbH den entstandenen Schaden vollumfänglich ersetzen.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

BC 7/2025

BC20250720

 

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