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Betriebsverpachtung: BFH klärt wichtige Praxisfragen zur erweiterten Kürzung

Patrick Loibl und Maximilian Lang

BFH Urt. v. 30.10.2024 – IV R 19/22

 

Das Privileg, Miet- und Pachteinahmen nicht der Gewerbesteuer unterwerfen zu müssen, ist an enge Voraussetzungen geknüpft. In einem aktuellen Urteil hat der BFH grundlegende Fragen zur Gewährung der sog. erweiterten Kürzung bei Betriebsverpachtungen geklärt.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ermöglicht es Unternehmen, den Gewerbeertrag um den Teil zu mindern, der auf die Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz entfällt. Grundlegender Zweck dieser Totalbefreiung ist es dabei, Grundstücksunternehmen, die lediglich aufgrund ihrer Rechtsform (insbesondere Kapitalgesellschaften und gewerblich geprägte Personengesellschaften) gewerbesteuerpflichtig sind, hinsichtlich ihrer gewerbesteuerlichen Belastung Einzelpersonen oder Personengesellschaften, die ausschließlich vermögensverwaltende Grundstücksverwaltung betreiben, gleichzustellen.

Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben diesem eigenes Kapitalvermögen verwaltet. Streitig war bislang, ob eine Betriebsverpachtung – also die Überlassung eines gesamten Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile – diese Begünstigung ausschließt. Der BFH hat nun mit Urteil vom 30.10.2024 (Az.: IV R 19/22) wieder etwas mehr Klarheit geschaffen, unter welchen Umständen eine Betriebsverpachtung dennoch mit der erweiterten Kürzung vereinbar sein kann.

 

 

Lösung

 

1. Sachverhalt und Klarstellungen des BFH

Eine klagende KG betrieb bis Ende 1987 ein Autohaus in einem eigenen, auf dem Grundstück ihrer Gesellschafter errichteten Gebäudekomplex. Ende des Jahres 1987 vermietete sie die zuvor genutzten Flächen an die X AG, die dort das Autohaus weiter betrieb. Parallel verkaufte die KG der X AG die gesamte Betriebsausstattung.

In den Streitjahren 2011 bis 2013 nutzte die Klägerin lediglich ein kleines Büro im Gebäudekomplex für eigene Verwaltungstätigkeiten, während die übrigen Flächen an die X AG und weitere Firmen fremdvermietet waren oder leer standen.

Bereits in seinem Urteil vom 19.12.2023 (Az.: IV R 5/21) hatte der BFH festgestellt, dass die Beendigung einer originär gewerblichen Tätigkeit einer gewerblich geprägten Personengesellschaft nicht deren Gewerbesteuerpflicht beendet, sondern vielmehr die gewerbliche Prägung wieder auflebt und die Gewerbesteuerpflicht auch nach Beendigung der originär gewerblichen Tätigkeit fortbesteht. Die originär gewerbliche Tätigkeit werde nicht fortgeführt, wenn der Betrieb unterbrochen ist oder ruht. Eine die erweiterte Kürzung ausschließende originär gewerbliche Tätigkeit könne also nicht pauschal aus dem ruhenden/unterbrochenen Betrieb und dessen Verpachtung hergeleitet werden (Rechtsprechungsänderung!). Diese Auffassung hat der BFH in seiner oben genannten neueren Entscheidung vom 30.10.2024 in drei zentralen Punkten präzisiert:

  • Betriebsverpachtung nicht automatisch kürzungsschädlich: Eine Betriebsverpachtung steht der erweiterten Kürzung nicht entgegen, wenn ausschließlich eigener (bebauter) Grundbesitz vermietet wird und dieser die „prägenden Betriebsgegenstände“ darstellt. Entscheidend ist, dass keine weiteren schädlichen Leistungen (z.B. Mitverpachtung von Mobiliar) erbracht werden. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin die Betriebsausstattung bereits 1987 verkauft, sodass sich die Vermietung auf Grundbesitz beschränkte. Der BFH betont, dass Besonderheiten des überlassenen Grundbesitzes, die dazu führen, dass der Grundbesitz die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des unterbrochenen Gewerbebetriebs bildet, für sich genommen nicht ausreichen, um die Grenze zur Gewerblichkeit zu überschreiten und damit die erweiterte Kürzung zu versagen.
  • Eigener Grundbesitz im Sonderbetriebsvermögen: Der BFH bekräftigt, dass auch Grundbesitz, der sich im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters befindet, als „eigener“ Grundbesitz im Sinne des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG gilt. Damit wird klargestellt, dass die Zuordnung des Vermögens innerhalb einer Personengesellschaft keine Rolle spielt, solange es sich um betrieblich genutzten Grundbesitz handelt.
  • Abgrenzung schädlicher Nebentätigkeiten: Der Senat differenziert zwischen unschädlichen und schädlichen Nebentätigkeiten. Unschädlich sind demnach Leistungen, die der Sicherung des Grundbesitzes dienen. Als Beispiele nennt der BFH in Abhängigkeit von Objektart und -größe die Objektbewachung, Werbemaßnahmen oder die Reinigung von Gemeinschaftsflächen im Vermietungsobjekt und der zur Verwaltung genutzten Büroräume. Schädlich seien dagegen Tätigkeiten mit gewerblichem Charakter, so beispielsweise die aktive Bewirtschaftung von Parkplätzen für Dritte oder die Erbringung von Serviceleistungen, die über die reine Vermietung hinausgehen.

 

 

2. Einordnung in die bestehende Rechtsprechung

Bislang gingen die Verwaltungspraxis und die Rechtsprechung davon aus, dass Betriebsverpachtungen regelmäßig zur Versagung der erweiterten Kürzung führen, da typischerweise auch nicht begünstigtes Vermögen (z.B. Maschinen) einbezogen wird (vgl. u.a. BFH Urt. v. 14.6.2005 – VIII R 3/03, BStBl. II 2005, 778). Mit seinen aktuellen Urteilen relativiert der BFH diese Auffassung und stellt klar, dass die reine Grundbesitzüberlassung – auch in der Form einer Fortführung des Betriebs durch den Mieter/Pächter – nicht pauschal gegen das Ausschließlichkeitsgebot verstößt.

Zugleich bestätigt der BFH das strenge Ausschließlichkeitsgebot: Bereits geringfügige gewerbliche Nebentätigkeiten führen zum vollständigen Verlust der Kürzung. Ausnahmen wegen Geringfügigkeit seien nicht geboten. Die Münchener BFH-Richter unterstreichen jedoch, dass Dienstleistungen, die für die wirtschaftliche Verwaltung des Grundbesitzes unverzichtbar sind, unschädlich sind, sofern sie im Interesse des Vermieters liegen und nicht als eigenständige gewerbliche Tätigkeit ausgestaltet sind.

 

 

3. Praktische Implikationen für Unternehmen

Das Urteil bietet steuerlichen Gestaltungsspielraum, erfordert aber zugleich eine sorgfältige Dokumentation und Abgrenzung:

  • Prüfung der Vermietungsobjekte: Unternehmen müssen sicherstellen, dass ausschließlich Grundbesitz vermietet wird. Beispielsweise sollten Betriebsvorrichtungen oder Fremdvermögen nicht Teil der Verpachtung sein. Der Verkauf von Betriebsausstattung – wie im Fall der Klägerin – sollte vertraglich eindeutig fixiert werden, um spätere Zweifel auszuräumen.
  • Kritische Bewertung von Nebentätigkeiten: Dienstleistungen wie Parkplatzmanagement oder Sicherheitskontrollen müssen daraufhin überprüft werden, ob sie der eigenen Vermögenssicherung dienen oder als gewerbliche Zusatzleistungen anzusehen sind.

 

 

Praxishinweis:

Insgesamt gesehen, schafft das BFH-Urteil Klarheit dahingehend, dass Betriebsverpachtungen nicht per se die erweiterte Kürzung ausschließen. Gleichzeitig unterstreicht es die Notwendigkeit einer präzisen Vertragsgestaltung und der sauberen Abgrenzung von Nebentätigkeiten; denn diese sind nur dann kürzungsunschädlich, wenn es sich dabei um zwingend notwendige, auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gerichtete Tätigkeiten handelt.

 

StB Patrick Loibl, Partner der PKF IVT, München

RA Maximilian Lang, Manager, PKF IVT, München

 

BC 7/2025

BC20250711 

 

 

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