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News & Beiträge

Unternehmensschließungen auf Rekordniveau

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Alarmsignale auf der Basis neuer Creditreform-Zahlen mahnen zur Vorsicht

 

Nach Creditreform-Angaben vom 21.5.2025 verlor die deutsche Wirtschaft im Jahr 2024 fast 200.000 Unternehmen. Damit ist die Zahl der Schließungen so hoch wie seit 2011 nicht mehr. Vor allem die Industrie leidet; gleichwohl müssen alle Wirtschaftsbereiche mit Druck aus dem Ausland und den bis dato schlechten Rahmenbedingungen umgehen. Insgesamt haben bundesweit 196.100 Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit 2024 eingestellt. Mit den Betrieben verschwindet auch wertvolles Know-how aus Deutschland.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

 

 

 

Abb.: Unternehmensschließungen – Entwicklung 2018 bis 2024

 

 

Die Besorgnis erregenden Zahlen gehen aus einer gemeinsamen Untersuchung von Creditreform und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim hervor. Demnach stieg die Zahl der Unternehmensschließungen im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 16%. Für Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung,  sind die Schließungszahlen in allen Wirtschaftsbereichen alarmierend. „Vor allem die Industriebetriebe leiden unter den hohen Energiekosten in der Produktion, während der Wettbewerbsdruck durch ausländische Anbieter steigt.“

Allein in energieintensiven Bereichen wurden 1.050 Betriebsschließungen registriert – ein Anstieg um 26% im Vergleich zum Vorjahr. In der Chemie- und Pharmaindustrie gaben 360 Unternehmen auf – der höchste Stand seit über 20 Jahren.

 

 

Branchen- und Größenanalyse

 

1. Technologie-Dienstleistungen ohne Zukunft in Deutschland?

Auch im Bereich der technologieintensiven Dienstleistungen stieg die Zahl der Schließungen überdurchschnittlich stark um 24%. Dazu zählen u.a. IT, Produktentwicklung, Umwelttechnik und Diagnostik. Im Jahr 2024 schlossen rund 13.800 Unternehmen dieser Branche. Dr. Sandra Gottschalk, Senior Researcher beim ZEW Mannheim, weist darauf hin, dass eigentlich dieser Sektor als Zukunftsbranche wachsen müsste, dies aber durch einen gravierenden Fachkräftemangel ausgebremst werde: „Die daraus resultierenden Engpässe zwingen Unternehmen dazu, um knappe Ressourcen zu konkurrieren. Das führt dazu, dass nicht genug Aufträge angenommen werden können, um wirtschaftlich zu arbeiten.“

 

 

2. Negativtrends in der Wohnungswirtschaft und im Gesundheitswesen

Auch in der Wohnungswirtschaft setzte sich der Negativtrend fort: Die Zahl der Schließungen stieg hier um 20%. Allein 2024 verließen rund 9.700 Unternehmen den Markt. Auch hier macht sich der fehlende Fachkräftenachwuchs bemerkbar. Hantzsch warnt: „Das sind schlechte Nachrichten für die neue Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag eigentlich einen ‚Wohnungsbau-Turbo‘ angekündigt hat.“

Die angespannte Lage im Gesundheitswesen zeigt sich ebenfalls in steigenden Schließungszahlen. Im Jahr 2024 verzeichnete die Branche ca. 10.800 Marktaustritte – ein Anstieg von gut 8% im Vergleich zum Vorjahr. Die flächendeckende Versorgung mit Apotheken und Arztpraxen dürfte sich damit weiter verschlechtern.

 

 

3. Trend zur Schließung auch größerer Unternehmen

Auffällig ist der starke Anstieg an Schließungen größerer, wirtschaftlich aktiver Unternehmen – ein Trend, der sich nun im dritten Jahr in Folge fortsetzt. 2024 wurden gut 4.050 solcher Unternehmen abgemeldet – fast doppelt so viele wie in einem durchschnittlichen Jahr. Hantzsch warnt, dass dadurch die deutsche Wirtschaft zunehmend an Substanz und Know-how verliere: „Das ist ein klares Alarmsignal an die Wirtschaftspolitik. Viele Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland, schließen Standorte oder investieren gar nicht mehr in Deutschland.“ 

 

 

4. Nachfolgeprobleme in KMU

Bei kleineren, überwiegend inhabergeführten Unternehmen stieg die Zahl der Schließungen zuletzt nur moderat. In vielen Fällen liegt die Ursache nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern in der demografischen Entwicklung: Immer mehr Eigentümerinnen und Eigentümer der geburtenstarken Jahrgänge erreichen das Rentenalter, ohne geeignete Nachfolger zu finden. „Viele junge Menschen empfinden eine abhängige Beschäftigung als attraktiver und lukrativer als den Weg in die Selbstständigkeit“, ergänzt Gottschalk.

 

 

Praxishinweise:

  • Inhaltliche Rückfragen können an das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH in Mannheim an Frau Dr. Sandra Gottschalk unter der E-Mail sandra.gottschalk@zew.de gerichtet werden (Internet: www.zew.de).
  • Für im Rahmen des Forderungs- und Vertriebsmanagements verantwortliche Bilanzbuchhalter und Controller steigt der Handlungsdruck, mit den hohen Schließungszahlen verbundene Herausforderungen anzunehmen. Die Spannweite der Maßnahmen reicht von Wertberichtigungen über eine intensive Marktbeobachtung bis hin zur Neuaufstellung im Vertrieb, um Ausfälle kompensieren zu können. Das Management insgesamt ist mit der Auswertung von Frühwarnsignalen gefordert, die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle voranzutreiben, um das eigene Unternehmen nicht eines (möglicherweise nicht so fernen) Tages in die Vielzahl der Schließungen oder Insolvenzen einreihen zu müssen. Entsprechende Impulse vermittelt der parallel im BC-Newsletter vom 22.5.2025 veröffentlichte Beitrag von Emmrich über ein aktuell ausgewertetes Restrukturierungsbarometer. Speziell zur Begegnung des Fachkräfteproblems kommt dem Personalbereich eine zunehmend wichtigere Rolle zu.

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 6/2025 

BC20250618

 

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