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News & Beiträge

Strafbarkeitsrisiken für Berater

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Anwendungsfälle im Rahmen der Sanierungsberatung

 

Wer Beratungsaufträge annimmt, sollte neben dem Beratungshonorar auch die strafrechtlichen Risiken im Auge haben, die sich aus den Beratungstätigkeiten entwickeln können. Eine zu große Nähe zu den Mandanten sollte zugunsten einer professionellen Distanz vermieden werden.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Anlässlich der 4. Sanierungsberater-Jahrestagung wurde in München am 22.5.2025 auf Strafbarkeitsrisiken für Berater im Kontext von Unternehmenssanierungen eingegangen. Die Richterin am Landgericht (LG) Dortmund Dr. Larissa Senuysal ordnete den Berater im Fokus strafrechtlicher Ermittlungen wie folgt ein: Das an sich schon „verminte Umfeld“ der Unternehmenskrise trifft auf Interessenskonflikte des Sanierungsberaters, auf Anordnungen über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) und nicht selten auf Strafanzeigen von Gläubigern.

Soweit nicht von der Staatsanwaltschaft von der Strafverfolgung abgesehen wird oder das Strafverfahren nicht bereits im Vorfeld eingestellt bzw. durch Strafbefehl erledigt wird, droht eine öffentliche und ggf. presseträchtige Hauptverhandlung, die zudem ggf. langwierig, nervenaufreibend und kostenintensiv (Stichwort „Verteidigerhonorar“) sein kann und einen sehr erheblichen Reputationsverlust für den betroffenen Berater zur Folge haben kann. Man solle als Berater alle Möglichkeiten ausschöpfen (z.B. Einstellung gegen Geldauflage), um das Verfahren abzuwenden. Denn sonst drohen zudem als Nebenfolgen einer strafrechtlichen Verurteilung u.a. ein

  • strafrechtliches Berufsverbot (§ 70 StGB), Verstoß hiergegen seinerseits strafbar gemäß § 145c StGB
  • berufsrechtlicher Widerruf der Bestellung bzw. der Zulassung
  • zivilrechtliche Schadensersatzansprüche von Gläubigern insbesondere gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem jeweiligen Straftatbestand

 

 

Problemdimensionen

Zu unterscheiden sind Täterschaft und Teilnahme. Täterschaft wird gemäß § 25 Abs. 1, 1. Fall StGB so definiert, dass ein (Allein-)Täter ist, „wer die Straftat selbst (…) begeht“, also sämtliche Tatbestandsmerkmale einer bestimmten Strafnorm in eigener Person unmittelbar erfüllt. Bei der Teilnahme sind Anstiftung (§ 26 StGB) und Beihilfe (§ 27 StGB) zu unterscheiden. Anstifter ist, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlicher und rechtswidriger Haupttat bestimmt hat (§ 26 StGB); Gehilfe ist, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Haupttat Hilfe geleistet hat (§ 27 StGB).

Als Quintessenz der komplexen Rechtslage fasste die Referentin zusammen: Strafbarkeit des Beraters wegen Beihilfe liegt vor, wenn …

  • er positive Kenntnis von strafbarem Verhalten des Mandanten hat und dieses Verhalten durch Beratungsleistungen fördert (psychisches Bestärken ausreichend);
  • das Risiko eines strafbaren Verhaltens des Mandanten für ihn erkennbar so hoch ist, dass das „Für-möglich-halten“ an Wissen grenzt und der Berater sich durch Beratungsleistungen hiermit solidarisiert;
  • der Berater selbst an deliktischen Handlungen mitwirkt.

Die Referentin mahnte zur Vorsicht: Der Grat zwischen legalem Rechtsrat und Teilnahme an einer Straftat ist in der Sanierungsberatung oft sehr schmal. In Grenzfällen gelte, dass „es den sicheren Weg im Grenzbereich nicht gibt.“ 

Bei der Anstiftung ist zu unterscheiden zwischen dem Hervorrufen des Tatentschlusses (§ 26 StGB) eines anderen zu dessen vorsätzlich begangener, rechtswidriger Haupttat und der Mitursächlichkeit der Einwirkung des Anstifters für den Tatentschluss (nur ein zu 100% Entschlossener kann nicht mehr angestiftet werden, sog. omnimodo facturus).

 

 

Beispiel 1:

Der Berater rät – in Kenntnis der Insolvenzreife der Gesellschaft – dem Vertretungsorgan (zunächst) keinen Eröffnungsantrag zu stellen, weil anderenfalls erfolgversprechende Sanierungsversuche gefährdet wären.

 

 

Beispiel 2:

Der Berater lässt sich zu einem Zeitpunkt, in dem die Zahlungsunfähigkeit des Mandanten bereits bekannt ist, Sicherheiten zur Sicherung seiner Honoraransprüche gewähren (z.B. Sicherungsübereignung von Firmeninventar).

 

 

Maßnahmen zur Risikominimierung

Als Grundvoraussetzung sind die sichere Kenntnis der (strafrechtlichen) Rechtslage und der Aufbau eines Risikobewusstseins – insbesondere in gefahrgeneigten Beratungsbereichen (wie der Insolvenzverschleppung) – zu empfehlen.

Mit der in München referierenden Richterin vom LG Dortmund ist die Wahrung einer professionellen Distanz zum Mandanten anzuraten (vor allem wenn dieser unter Berufung auf jahrelange Bekanntschaft „Loyalität“ einfordert). Unverzichtbar ist eine umfassende Dokumentation der Beratungshandlungen, auch um auf Nachfrage in entsprechenden Ermittlungsverfahren Transparenz hinsichtlich der Sachverhalte bieten zu können.


 

 

Praxishinweise:

  • Anwendungsfälle betreffen neben der Insolvenzverschleppung insbesondere das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, die Mitwirkung an Bankrotten und die Gläubigerbegünstigung.
  • Ein den BC-Lesern nahestehender Sonderfall betrifft die Buchführungs- und Bilanzierungstätigkeiten sowie die Erstellung von Steuererklärungen durch den Steuerberater in Kenntnis von der Insolvenzverschleppung, über den das OLG Köln Beschl. v. 3.12.2010, III-1 Ws 146/10, DStR 2011, 1195) entschieden hat. Die angeklagte Steuerberaterin hatte eine GmbH steuerlich betreut und die Jahresabschlüsse erstellt. Der Insolvenzverwalter der GmbH sah in der Fortführung des Mandats nach Eintritt der Insolvenzreife der GmbH eine Beihilfe zu der vom Geschäftsführer der GmbH verübten Insolvenzverschleppung. Das OLG Köln entschied aber, dass das Verhalten der Steuerberaterin aufgrund der Erklärungen des Geschäftsführers und seiner Bereitschaft, eigenes Vermögen zur Rettung der GmbH einzusetzen, noch als „berufstypisch” und „sozialadäquat” anzusehen sei. Insbesondere habe die Steuerberaterin den Geschäftsführer mehrfach auf die schlechte finanzielle Situation des Unternehmens und die Konsequenzen einer möglichen Insolvenzverschleppung hingewiesen und ihm ein pflichtgemäßes Handeln eindringlich nahegelegt. Daher sei ihr keine „Solidarisierung“ mit dem Unrecht der Haupttat anzulasten (vgl. auch Anm. von Eichborn zu dem oben genannten OLG-Beschluss, DStR 2011, 1195).

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 6/2025

BC20250623

 

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