Prof. Dr. Christian Zwirner
FG Niedersachsen Urt. v. 11.2.2025 – 8 K 169/23 (Revision zugelassen)
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Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hat entschieden, dass die Kosten für die Auflösung eines Zinsswaps als Betriebsausgabe abgezogen werden dürfen – obwohl es sich dabei eigentlich um ein Termingeschäft handelt. Voraussetzung ist, dass das Geschäft zur Absicherung der normalen Geschäftstätigkeit abgeschlossen wurde oder der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dient (gemäß § 15 Abs. 4 S. 4 EStG).
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Hintergrund
Die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus Termingeschäften ist gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 EStG beschränkt. Ein sog. Termingeschäft liegt vor, wenn der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.
Verluste aus solchen Geschäften dürfen weder mit anderen gewerblichen Einkünften noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Ein Verlustvor- oder -rücktrag nach § 10d EStG ist ausgeschlossen.
Die beschränkte Verrechenbarkeit gilt dann nicht, wenn das Termingeschäft
– entweder zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten oder Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehört
– oder der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dient (vgl. § 15 Abs. 4 S. 4 EStG).
Sachverhalt
Die Klägerin, ein Unternehmen im Bereich der Windkraft, nahm 2008 ein langfristiges Darlehen zur Finanzierung eines Windparks auf. Der Fälligkeitstermin der letzten Rate war auf den 31.3.2023 notiert. Bis zum 31.3.2018 war der Zinssatz festgeschrieben. Für die Zeit danach wäre das Darlehen somit variabel verzinst worden – sofern keine neuen Zinsvereinbarungen getroffen werden.
Im Jahr 2014 schloss die Klägerin aus diesem Grund mit der Darlehensgeberin für die Restlaufzeit nach 2018 einen Zinsswap ab. Der Zinsswap war so ausgestaltet, dass die Klägerin regelmäßig einen festen Zinsbetrag an die Darlehensgeberin zahlte, während die Darlehensgeberin ihr im Gegenzug einen variablen Zinsbetrag zahlte. Falls der variable Zinssatz negativ gewesen wäre, hätte die Klägerin zusätzlich auch diesen negativen Betrag an die Darlehensgeberin zahlen müssen.
Später wurde der Zinsswap-Vertrag gegen Zahlung eines Ablösebetrags vorzeitig aufgelöst; es wurde eine feste Verzinsung für die Restlaufzeit des Darlehens vereinbart. Den Ablösebetrag hatte die Klägerin als Betriebsausgabe geltend gemacht.
Das Finanzamt lehnte den Betriebsausgabenabzug unter Verweis auf § 15 Abs. 4 S. 3 EStG ab.
Entscheidung des FG Niedersachen
Das FG Niedersachsen teilte nicht die Auffassung der Finanzverwaltung und entschied zugunsten der Klägerin. Aus Sicht der Richter handelt es sich zwar bei dem Zinssatz-Swapgeschäft um ein Termingeschäft gemäß § 15 Abs. 4 S. 3 EStG, allerdings greift zugunsten der Klägerin die Rückausnahme nach § 15 Abs. 4 S. 4 EStG. Bei der vorliegenden Zinssatz-Swap-Vereinbarung hatte die Klägerin ein Geschäft zur Absicherung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs getätigt, sodass es kein Spekulationsgeschäft war. Die Klägerin hatte den Zinsswap abgeschlossen, um sich gegen steigende Zinsen nach 2018 abzusichern. Das ursprüngliche Darlehen war nur bis zum 31.3.2018 festverzinst, sodass nach dieser Zeit der Zinssatz variabel steigen konnte. Dagegen hatte sich die Klägerin frühzeitig mit einem Zinsswap geschützt. Für die Restlaufzeit des Darlehensvertrags sicherte sie sich so mit einem Festzins ab, der immer noch weit unter dem Darlehenszinssatz aus dem Jahr 2008 lag. Dadurch wurde kein weiteres Risiko eingegangen. Die Klägerin hat vorzeitig die Kosten übernommen, die über die Laufzeit des Swaps angefallen wären.
Fazit
Durch das Urteil des FG Niedersachsen konnte klargestellt werden, dass trotz Vorliegens eines Termingeschäfts – hier in Form eines Zinsswaps – im Sinne des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG der Aufwand dennoch als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann. Grund dafür ist die sog. Rückausnahme gemäß § 15 Abs. 4 S. 4 EStG. Solange das Geschäft der Absicherung des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dient, greift diese Rückausnahme und die Abzugsbeschränkung findet keine Anwendung. Das FG Niedersachsen hat die Revision zum BFH zugelassen.
WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)
BC 6/2025
BC20250616