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Nachhaltigkeitszug kann nach Befreiung von Bürokratielasten wieder Fahrt aufnehmen

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Bundesratsinitiative unterstreicht Handlungsbedarf

 

Mit den sog. Omnibus-Initiativen der EU fühlt sich mancher Nachhaltigkeitsskeptiker bestätigt. Auch in den Reihen der Förderer der Nachhaltigkeitstransformation ist Verunsicherung nicht zu übersehen. Mit Weitblick betrachtet, öffnet sich aber eine andere Perspektive: Die jetzt auf den Weg gebrachten Einschnitte bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung werden der Nachhaltigkeitstransformation die Flügel verleihen, die ihr bislang vielleicht mancherorts noch fehlten – weil im nun gelichteten Urwald der Regulierungsanforderungen die Notwendigkeit der Klima- und Digitalisierungstransformation als das eigentlich Wichtige klarer erkennbar ist und der Blick weniger durch die Frustration über Bürokratielasten getrübt wird.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

In deutschen Unternehmen ist die Dynamik, Nachhaltigkeit zu verankern, ins Stocken geraten, so das Ergebnis des Sustainability Transformation Monitor 2025 (kurz STM), über den im BC-Newsletter vom 20.3.2025 bereits berichtet wurdeMehr Sorgen als in den Vorjahren macht deutschen Unternehmen insbesondere die Unsicherheit in Bezug auf politische Vorgaben und Regulatorik. Mit einer Stellungnahme vom 11.4.2025 hat nun der Bundesrat ein schnelles Umsetzen der EU-Pläne zur Verschiebung von Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten eingefordert.

 

 

Lösung

Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 11.4.2025 die Bestrebungen der EU-Kommission begrüßt, bürokratische Lasten für Unternehmen zu reduzieren (https://www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/25/1053/10.html?nn=4352768#top-10). Ein beschleunigter Bürokratieabbau stärke die EU und Deutschland als Wirtschaftsstandorte sowie deren Wettbewerbsfähigkeit und sichere zudem Arbeitsplätze. Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregierung in der Stellungnahme u.a. auf, sich für eine zügige Umsetzung der Änderungsrichtlinie einzusetzen. Außerdem bittet er die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass im EU-Gesetzgebungsverfahren zu den einzelnen Gesetzespaketen der Anwendungszeitraum entsprechend angepasst wird. Solange die entsprechenden Gesetze nicht verabschiedet sind, sei für die Unternehmen nicht klar, welche Regelungen im Einzelnen ab dem 1.1.2027 für sie gelten. Das betrifft konkret die Änderungen zweier Richtlinien. Dabei handelt es sich um die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung („CSRD“) und die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit („CSDDD“), auch bekannt als Lieferkettenrichtlinie.

(1) Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die CSRD soll sicherstellen, dass Anleger über die erforderlichen Informationen verfügen, um Risiken zu verstehen, denen Unternehmen durch den Klimawandel und andere Nachhaltigkeitsaspekte ausgesetzt sind. Durch die vorgeschlagenen Änderungen werden rund 80% der Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der CSRD herausgenommen. Für Unternehmen, die nach wie vor in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, soll die Meldepflicht um zwei Jahre bis ins Jahr 2028 verschoben werden. Zudem soll die Pflicht zur Berichterstattung einfacher und effizienter gestaltet werden. 

(2) Lieferkettenrichtlinie: Die CSDDD verpflichtet etwa 6.000 große EU-Unternehmen und etwa 900 Nicht-EU-Unternehmen, negative Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt zu ermitteln und zu bekämpfen. Die Pflicht gilt auch für Tochterunternehmen und Aktivitätsketten. Der Änderungsvorschlag sieht u.a. vor, die Anwendung der Sorgfaltspflichten im Bereich der Nachhaltigkeit um ein Jahr auf den 26.7.2028 zu verschieben. Zudem sollen die Anforderungen vereinfacht werden.

Die Stellungnahme 111/25 (Beschlussdrucksache: „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien (EU) 2022/2464 und (EU) 2024/1760 bezüglich der Termine, ab denen die Mitgliedstaaten bestimmte Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung und die Sorgfaltspflichten von Unternehmen erfüllen müssen“) geht an die Bundesregierung, die sie bei der Ausarbeitung ihrer Position berücksichtigt. Der Bundesrat hat zudem beschlossen, die Stellungnahme direkt an die EU-Kommission zu senden.

Dass das Eingrenzen von Berichterstattungspflichten nicht als Abschied von der Nachhaltigkeitstransformation fehlgedeutet werden dürfe, wurde beispielsweise am 10.4.2025 in Köln anlässlich der hochrenommierten Schmalenbach-Tagung vom Vorstandsvorsitzenden der BASF SE, Dr. Markus Kamieth, betont. Die grüne Transformation sei nicht grundsätzlich infrage zu stellen, müsse aber hinsichtlich der politischen Zielsetzungen flexibler gehandhabt werden.

Vor diesem Hintergrund ist der Appell umso wichtiger, dass die EU-Pläne zur Verschiebung von Nachhaltigkeits- und Sorgfaltspflichten nicht als Feigenblatt für eine Trendumkehr missbraucht oder als ein vermeintliches Ruhekissen missverstanden werden. Insoweit verdient Unterstützung, dass der Bundesrat in Deutschland eine rasche Umsetzung dieser Entlastungen anmahnt.

 

 

Praxishinweise:

  • Am 3.4.2025 hatte das Europäische Parlament für ein späteres Inkrafttreten von neuen EU-Regeln zu Sorgfaltspflichten und zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gestimmt. Mit 531 Ja-Stimmen, 69 Nein-Stimmen und 17 Enthaltungen, so eine taggleich veröffentlichte Meldung des EU-Parlaments, unterstützten die Abgeordneten den Vorschlag der EU-Kommission sehr eindrucksvoll.
  • Laut Pressemitteilung vom 14.4.2025 (vgl. IDW Aktuell vom 14.4.2025) hat auch der Rat der Europäischen Union grünes Licht für den sog. „Stop-the-Clock“-Vorschlag (Vorschlag für eine Richtlinie COM(2025)80 der Europäischen Kommission) gegeben. Der entsprechende Rechtsakt wurde am 16.4.2025 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die Änderungen bis zum 31.12.2025 in nationales Recht umsetzen. Detaillierte Informationen zu den Eingrenzungen der Berichterstattungspflichten enthält der Beitrag von Müller in der kommenden BC-Ausgabe 5/2025.
  • Mittelständler sind dennoch weiterhin gut beraten, sich nicht aus der Nachhaltigkeitstransformation zu verabschieden und – soweit bereits auf den Weg gebracht – entsprechende Berichterstattungsaktivitäten weiter zu verfolgen. Das ergibt sich schon allein daraus, dass anders als die oben adressierten Vorgaben für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD und CSDDD) die entsprechenden Berichtspflichten für Finanzinstitute (SFDR) zeitlich und inhaltlich (noch) nicht angepasst werden. Nach ihrem Arbeitsprogramm 2025 wird die EU-Kommission erst im 4. Quartal 2025 eine Anpassung der SFDR vorschlagen. Die Finanzinstitute sind aber bis auf Weiteres zur Erfüllung ihrer Berichtspflichten auf die Informationen aus den Unternehmen angewiesen und werden diese daher ggf. auch einfordern.
  • Zudem darf man zumindest hoffen, dass mit der neuen Bundesregierung auch „steuerliche Chancen durch den Green Deal“ geschaffen werden (vgl. dazu im DB-Gastkommentar vom 17.4.2025 die nachfolgenden Hinweise des Steuerrechtsexperten Juhn): „Neben Sonderabschreibungen für taxonomiekonforme Investitionen, die Unternehmen den Umstieg auf nachhaltige Technologien erleichtern können, sind auch Freibeträge in Aussicht gestellt worden. Diese sollen den finanziellen Spielraum für Unternehmen erhöhen, die etwa im Rahmen der Umweltziele Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel oder Kreislaufwirtschaft in entsprechende Maßnahmen investieren.“ Wenn auch die konkrete Ausgestaltung – etwa welche Freibeträge und in welchem Umfang – noch Gegenstand weiterer nationaler und EU-politischer Abstimmungen sind, so sollten Unternehmen sich frühzeitig mit der Thematik auseinandersetzen, um bei der Anpassung an zukünftige Regelungen keine Chancen zu verpassen.
  • Und die Gefahr ist groß: Zu häufig wird gejammert, dass z.B. CO2-Abgaben oder Beitragspflichten zusätzliche Belastungen darstellen, und zu oft wird dabei nicht genügend beachtet, dass gleichzeitig auch neue steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten entstehen. Deren strategische Nutzung kann, so der unterstützenswerte Hinweis von Christoph Juhn (FOM Hochschule Bonn, Partner der JUHN Partner GmbH Steuerberatungsgesellschaft in Köln), nicht nur die Abgabenlast senken, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern – was wiederum für zukünftige Jahre die Chancen verbessert, zu vorösterlichen Zeiten wie dem heutigen Gründonnerstag Osterkörbchen mit Leckereien aller Art für Groß und Klein füllen zu können.
  • Orientiert man sich beim Befüllen des Osterkorbs an steuerlich bedeutsamen Aspekten des Koalitionsvertrags, so lohnt sich der Blick in die vom IDW am 17.4.2025 veröffentlichte Einordnung des Entwurfs des Koalitionsvertrags aus Sicht der Wirtschaftsprüfung, da sich in einer am Ende zusammengestellten Auflistung nicht weniger als 42 (!) „Ostereier“ für Personengruppen und Institutionen aller Art finden – viel Erfolg beim Ostereiersuchen unter https://www.idw.de/idw/idw-aktuell/idw-ordnet-entwurf-des-koalitionsvertrags-aus-sicht-der-wirtschaftspruefung-ein.html!

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 5/2025

BC20250516

 

 

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