Dr. Hans-Jürgen Hillmer
Empfehlungen der Chefs von BASF, E.ON und Bosch anlässlich der Schmalenbach-Tagung vom 10.4.2025

Welche Instrumente, Strukturen und Prozesse sind im Controlling und im Performance-Management nötig, um die Positionierung im Wettbewerb bei zunehmend radikaler Unsicherheit zu sichern und auszubauen? Und wie werden die Mitarbeiter im Controlling und Finanzbereich in der wachsenden Schnelllebigkeit von Trends und Herausforderungen den an sie gestellten Erwartungen gerecht? Antworten gaben führende Vertreter aus dem deutschen Top-Management.
Praxis-Info!
Problemstellung
In einem durch tiefgreifenden Wandel geprägten Umfeld fand am 10.4.2025 die Schmalenbach-Tagung in Köln statt. Zur Eröffnung warnte Prof. Dr. Stefan Asenkerschbaumer (Präsident der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., Vorsitzender des Aufsichtsrats der Robert Bosch GmbH, Geschäftsführender Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG (RBIK)), dass die Stimmung in den Unternehmen so schlecht wie lange nicht ist. Alte Erfolgsrezepte im Performance-Management (zu verstehen als Steuerung des Gesamterfolgs) verfangen nicht mehr. Es reicht jedenfalls nicht aus, sich auf Lorbeeren der Vergangenheit auszuruhen, was aber eigentlich schon immer gilt. Vielmehr muss der Blick auf die Risiken und Chancen von morgen gerichtet werden. Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen, heute insbesondere die Schnelligkeit von Veränderungen mit vielfältigen Wechselwirkungen.
Lösung
Entscheidender Erfolgsfaktor für die Unternehmenssteuerung ist im heutigen Umfeld die Anpassungs- und Innovationsfähigkeit. Performance Management ist keine Aufgabe, die an das Controlling delegiert werden kann. Mitarbeitende müssen befähigt werden, mit den Herausforderungen umgehen zu können. Es kommt auf die Geschicklichkeit an, mit der gut ausgebildete Mitarbeitende verfügbare Ressourcen und Know-how rasch, flexibel und mit hoher Unsicherheitstoleranz zu neuen Lösungen formen (so auch die BWL-Professoren Barbara E. Weißenberger und Peter Kajüter in einem Vorbericht zur Tagung in der F.A.Z. vom 31.3.2025, S. 16). Die Zukunft liegt in der Verbindung von strategischer Weitsicht und operativer Excellenz. Das erfordert neue Denkweisen und neue Kompetenzen. Nachfolgend werden einige Empfehlungen zusammengestellt, die CEOs führender deutscher Unternehmen am 10.4.2025, noch geprägt von den Zollturbulenzen der vorherigen Tage, aussprachen:
Der Vorstandsvorsitzende der BASF SE, Dr. Markus Kamieth, hob hervor, dass aktuelle Ereignisse die gerade veröffentlichte neue Unternehmensstrategie ständig infrage stellten. Man müsse sich auf das fokussieren, was man selbst beeinflussen kann. Die Weltwirtschaft werde sich in den nächsten Monaten ganz anders entwickeln, als man bisher gedacht habe. Man habe die Produktion dort ansiedeln können, wo die Kunden zu Hause sind. Das helfe, die aktuellen Verwerfungen zu bewältigen. Eine globale Rezession werde aber auch bei der BASF massive Auswirkungen haben. Die grüne Transformation sei zwar nicht grundsätzlich infrage zu stellen, müsse aber hinsichtlich der politischen Zielsetzungen flexibler gehandhabt werden. Die Mobilisierung von Privatkapital für Innovationen hält Kamieth für unterentwickelt. Die staatliche Projektförderung von Innovationsvorhaben solle auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Der Vorstandsvorsitzende E.ON SE, Dr. Leonhard Birnbaum, sieht sein Unternehmen insofern besonders betroffen, dass man große Investitionsvorhaben auf lange Sicht plane, und empfahl ebenfalls, sich auf die eigene Leistungsfähigkeit zu fokussieren. Wichtig sei, wie Europa sich jetzt aufstelle. Es sei schlicht unmöglich, vorherzusehen, was einzelne Präsidenten tagtäglich entscheiden. Man dürfe daher auch gar nicht versuchen, sich in entsprechenden Kurzfristprognosen zu verzetteln. Ohne Privatkapital werde es trotz Sondervermögen nicht gehen. Also müsse man aus der Energiewende ein „gutes Geschäft machen, nicht ein wohlmeinendes“. Statt Taxonomie-Bürokratie müsse ein europäischer Kapitalmarkt gefördert werden.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Robert Bosch GmbH, Prof. Dr. Stefan Asenkerschbaumer, appellierte, in der gesamten Organisation ein gleichlaufendes Verständnis für den notwendigen Wandel an sich zu etablieren: Transformation kostet Geld und erfordert Innovation, die auch kostet. Ein F&E-Budget von über 8 Mrd. € pro Jahr sei bei Bosch zur Verfügung gestellt worden. Neben dem Ausbau des Kapitalmarkts müsse der Binnenmarkt in Europa ausgeweitet werden. Dieser ist, so ergänzte Kamieth, viel zu zersplittert mit länderspezifischen, teilweise 27 Einzelregulierungen. Mit Berichtspflichten allein sei nichts zu erreichen. Zweckmäßiger seien marktorientierte Steuerungssysteme.
Kamieth pointierte: CSRD habe nur Kosten verursacht, nicht Entscheidungen befördert. Ein ausufernder Geschäftsbericht von fast 500 Seiten plus Vergütungsbericht sei durch Einzelne (auch ihn) nicht mehr nachvollziehbar und grenze an Absurdität. Bei Investoren sei das Interesse an Nachhaltigkeitsinformationen sehr übersichtlich bis gar nicht vorhanden. Birnbaum pflichtete ihm aus E.ON-Sicht bei. Nachhaltigkeit an sich sei zu fördern, schädliche Vorschriften hingegen werfen Europa eher aus der Bahn: „Besser wird etwas nur, wenn man es anders macht, nicht wenn man darüber berichtet.“ Aus Bosch-Sicht ist Vereinfachung besonders wichtig, Asenkerschbaumer fragte: „Können 1.000 Berichtspunkte nicht auf 200 oder 100 reduziert werden?“ Erforderlich sei ein entsprechender Dialog mit den Regulierungsbehörden.
- Geleitet wurde dieser Kongressabschnitt von der Vizepräsidentin der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane. Mehr zur Veranstaltung siehe unter www.schmalenbach.org.
- Zum Koalitionsvertrag mahnte Kamieth in der Beurteilung mehr Zuversicht an, er sieht sogar mehr Positives als erwartet.
- Was nun zu tun ist: Aus dem aktuellen PwC Global CEO Survey wurde zu Beginn der Tagung von der PwC-Chefin Petra Justenhoven zitiert, dass 37% der befragten CEOs bezweifeln, dass ihr Unternehmen in 10 Jahren noch tragfähig ist. Unternehmen haben daher Resilienz aufzubauen: Kontinuierliche Anpassungsfähigkeit in hoher Geschwindigkeit steht ganz vorne. Ergänzend kommt es auf ein proaktives Risk Management, auf ein ständiges Hinterfragen des Geschäftsmodells und eine Echtzeit-Performance-Messung an.
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Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld
BC 5/2025
BC20250510