CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

News & Beiträge

KI in der (Steuer-)Beratung

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Wesentliche Impulse anlässlich der Münchner Steuerfachtagung vom 26./27.3.2024

 

Die Einsatzmöglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) im Beratungsgeschäft, die in München aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wurden, sind vielfältig. Die für „das Umkrempeln des Beratungsgeschäfts“ (so der Vorstandsvorsitzende Esterer der WTS Group) notwendige Denkhaltung sollte sich nicht darauf fokussieren, der KI Entscheidungen zu übertragen. Vielmehr kommt es darauf an, in Interaktion mit der maschinellen Unterstützung bessere Ergebnisse zu entwickeln.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Mit dem umfangreichen Themenblock „Einsatz von generativer KI in der Kanzlei von morgen“ wurde am 27.3.2025 der zweite Tag der Münchener Steuerfachtagung eröffnet. Es ging um Anwendungsmöglichkeiten von KI in der Betriebsprüfung, um die Nutzung generativer KI in der Finanzgerichtsbarkeit und um ein Panel „KI meets Steuern“ (mit Berufsstand, Finanzverwaltung und Gerichten).

Studien belegen, dass Berater mit KI-Einsatz schneller und qualitativ höherwertige Ergebnisse erzielen als solche ohne. Arbeitet der Berater mit KI im Team, verbessern sich die Ergebnisse nochmals. Von Michel Braun (Digital Transfer Pricing & AI Certified Tax Advisor, WTS, Düsseldorf) skizzierte Gefahren sind insbesondere

  • die sog. Schatten-KI jenseits des erlaubten Einsatzes,
  • das unbewusste Verwenden geheimzuhaltender Daten und
  • die Halluzinationen, die es zu vermeiden gilt.

Das Beschwören von Gefahren dürfe aber nicht zu einer ablehnenden Haltung führen, denn letztlich ist der KI-Einsatz im Beratungsgeschäft, folgt man den Expertenmeinungen in München, alternativlos.

 

 

Lösungshinweise

Im Grunde genommen wird es nicht darauf ankommen, ob Beratende und andere Beteiligte auf KI setzen sollen, sondern wie, so auch Michael Krebbers, Richter am FG Düsseldorf. Er skizzierte die KI-Leistungen für die Justiz bei der

  • Aktendurchdringung (Überblick zum Prozessstoff),
  • Aktenaufbereitung (Erstellung von Tatbestandsentwurf),
  • Sachverhaltsermittlung (Aufklärung nicht gerichtsbekannter Umfeldbedingungen),
  • Recherche,
  • Überprüfung des Urteilsentwurfs (Abgleich mit vorheriger Rechtsprechung) und
  • Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse.

Der Gefahr eines zu unkritischen Übernehmens von KI-Ergebnissen müsse man sich bewusst sein. Entscheidungsersatz dürfe es nicht geben, nur Unterstützung. Einen Perspektivwechsel sieht Krebbers in der Predictive Analytics (vorausschauenden Analyse) z.B. von Prozessversicherern, weil richterliche Entscheidungen besser vorhersehbar sind. Eine teilautomatisierte Rechtsfindung sieht er für zivilrechtliche Massenverfahren, nicht im Steuerrecht. Er jedenfalls wolle sich sein richterliches Fingerspitzengefühl bewahren. Das persönliche Miteinander sei durch nichts zu ersetzen, so die Anmerkung von Stefan Groß (StB, Certified Information Systems Auditor (CISA), PSP, München).

Zur KI-Thematik wies StB Fabian Mantsch (Mitgründer und CEO der Taxpeer GmbH, Bonn) auf den Fachkräftemangel in der Steuerwelt hin. KI könne aushelfen, die drohende Lücke zu schließen. Bei der KI geht es um den Wandel der Menschen, nicht um einen technologischen Wandel (Zitat von Gini Rometty, IBM-CEO von 2012 bis 2020). Erforderlich ist demnach eine aufgeschlossene Haltung gegenüber KI: „Wir müssen es schaffen, den Fortschritt zu feiern, nicht die Perfektion.“ Über ein personalisiertes Lernen lasse sich die Aus- und Fortbildung revolutionieren.   Ständige Veränderung wird die Regel sein, nicht der jahrzehntelang gewohnte Job. Entscheidend ist, die Generationen zusammenzubringen; das Erfolgsrezept lautet: Erfahrung mit Innovationsfähigkeit koppeln.

Fritz Esterer (StB, Vorstandsvorsitzender, WTS Group AG, München) leitete die Paneldiskussion und warnte einführend davor, den Anschluss an China und die USA (nicht) zu verlieren. Stefan Groß bezeichnete den KI-Einsatz in der Beratung als alternativlos. Esterer hält auch mit der steuerlichen Betriebsprüfung einen völlig neuen Dialog für möglich, wenn „Waffengleicheit“ realisiert wird; allerdings ist dann „das Versteckspielen vorbei“. Datenanalyse kann mit KI demokratisiert werden, so Stefan Groß, ist also als Fachgebiet nicht mehr nur Spezialisten vorbehalten. Esterer  fordert Mut, die Herausforderung anzunehmen, dass der gesamte „Berufsstand umzukrempeln“ ist.

Thomas Hoppe (StB, WTS Digital, Stuttgart) demonstrierte im Rahmen einer „KI Battle 2.0“, wie Verlagslösungen (u.a. Otto Schmidt, Deubner, Haufe) beim KI-Einsatz unterstützen können, konkret mit Recherche zu einem steuerlichen Thema und Subsumption eines Sachverhalts sowie Lösungsvorschlag. So wurde die KI gebeten, Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Organschaft zusammenzustellen, im Ergebnis eine Liste mit den 10 wichtigsten Urteilen einschließlich kurzer Zusammenfassungen zum Urteilsinhalt. Dies liefert die Basis, um einen konkret anstehenden Sachverhalt einzuordnen bzw. durch die KI einordnen zu lassen.

 

 

Praxishinweise:

  • Was für steuerlich Beratende gilt, kann ohne Einschränkung auf andere Beratungsfelder, die z.B. durch selbstständige Bilanzbuchhalter ausgefüllt werden, übertragen werden. Über entsprechende Qualifizierungen sind Informationsvorsprünge gegenüber sich träg verhaltenden Steuerberatern erzielbar, die man wegen der hinlänglich bekannten Berufsstandvorbehalte aber nicht als Gegner, sondern als Kooperationspartner sehen sollte.
  • Wenn führende Vertreter in München, wie oben zitiert, appellieren, den gesamten Berufsstand der Steuerberatung umzukrempeln, dann sind Bilanzbuchhalter gut beraten, schon mal die Ärmel hochzukrempeln, um die zweifellos auf sie ausstrahlenden Herausforderungen des KI-Einsatzes anzunehmen. Hinter dem Schlagwort der „Demokratisierung der Datenanalyse“ (siehe oben) verbirgt sich nicht weniger als eine Jahrhundert-Chance, über den KI-Einsatz auf bisher Spezialisten vorbehaltenes Herrschaftswissen zuzugreifen und damit im Beratungswettbewerb bzw. unternehmensintern zu punkten.
  • Am Vortag wurde auf der Münchner Steuerfachtagung am Beck-Stand die neue KI-Errungenschaft „Frag den Schmidt“ vorgestellt. Interessierte BC-Leser seien insoweit auf entsprechende Informationsmöglichkeiten auf dem BVBC-Bundeskongress verwiesen, der am 8./9.5.2025 in Mannheim unter Teilnahme der BC-Redaktion stattfinden wird.
  • Das hier fokussierte Thema „KI-Einsatz“ und Standardthemen wie Bürokratieabbau sowie Steuervereinfachungen werden die Fachwelt sicher auch im nächsten Jahr beschäftigen: Die 65. Münchner Steuerfachtagung für den 18./19.3.2026 terminiert. 

 

    Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

     

     

    BC 4/2025

    BC20250418

     

    Rubriken

    Anzeigen

    BC Newsletter

    beck-online Bilanzrecht PLUS

    wiwicareer-vahlen

    Teilen

    Menü