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Arbeitnehmerüberlassung: Einschränkung des Konzernprivilegs

Frank Moormann

BAG-Entscheidung löst Überprüfungsbedarf aus

 

In Deutschland unterliegt die Arbeitnehmerüberlassung (oder: Leiharbeit) den strengen Regularien des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG). Für die Überlassung zwischen Unternehmen eines Konzernverbunds gelten jedoch umfangreiche Erleichterungen (Konzernprivileg). Das BAG hat nunmehr jedoch den Anwendungsbereich des Konzernprivilegs bei längerfristigen Überlassungen deutlich eingeschränkt, weswegen betroffene Konzernunternehmen ihre Arbeitnehmerüberlassungen einer erneuten Prüfung unterziehen sollten.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Bei der Arbeitnehmerüberlassung wird der Arbeitnehmer (AN) eines Arbeitgebers (Verleiher) vorübergehend an einen anderen Unternehmer (Entleiher) überlassen. Das Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher besteht fort; der Arbeitnehmer ist jedoch in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert und unterliegt dessen Direktionsrecht/Weisungsbefugnis. Eine solche Arbeitnehmerüberlassung bedarf grundsätzlich einer Erlaubnis der zuständigen Agentur für Arbeit.

Es gibt jedoch einige Ausnahmen von der Erlaubnispflicht, von denen dem Konzernprivileg wohl die größte praktische Bedeutung zukommt. Danach bedarf es keiner Erlaubnis bei Überlassungen „zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird“ (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG). Mit diesem Konzernprivileg soll Unternehmensgruppen die Möglichkeit eingeräumt werden, flexibel auf unterschiedliche Personalbedarfe zu reagieren.

Bei derartigen AN-Überlassungen besteht allerdings die Gefahr, dass ein Leiharbeitnehmer einen Anspruch auf Dauerbeschäftigung beim Entleiher ableiten könnte.

Die große praktische Bedeutung der abstrakt klingenden Regelung im AÜG – auch im Mittelstand – erschließt sich mit einer Kurzbeschreibung des Falls, über den das Bundesarbeitsgericht kürzlich zu entscheiden hatte: Im Streitfall war ein als Sitzfertiger bei einem Automobilkonzern beschäftigter Arbeitnehmer fast 12 Jahre lang für ein (anderes) Konzernunternehmen auf dessen Werksgelände tätig. Er reklamierte die fehlende Erlaubnis nach dem AÜG, die daraus folgende Unwirksamkeit des Überlassungsvertrags und damit das Bestehen eines Anstellungsverhältnisses zwischen ihm und dem Entleiher.

Im Instanzenzug hatte das LAG Niedersachsen die Klage mit Urteil vom 9.11.2023 abgewiesen und die Auffassung vertreten, dass die beiden in der Vorschrift genannten Sachverhalte (Einstellung und Beschäftigung zum Zwecke der Überlassung) kumulativ vorliegen mussten, um das Konzernprivileg zu versagen, entsprechend dem Wortsinn der Formulierung „und“. Das Konzernprivileg sollte also bereits dann greifen, wenn die Einstellung des Arbeitnehmers nicht zum Zwecke der Überlassung erfolgt war.

 

 

Lösung

Das sieht das BAG allerdings anders und deutet das „und“ in der Vorschrift als Aufzählung im Sinne eines „oder“ (BAG Urt. v. 12.11.2024 – 9 AZR 13/24). Für die Anwendung des Privilegs darf danach der Arbeitnehmer weder zum Zwecke der Überlassung eingestellt noch zu diesem Zwecke beschäftigt werden. Letzteres nimmt das Gericht jedenfalls dann an, wenn der Arbeitnehmer über mehrere Jahre hinweg durchgehend als Leiharbeitnehmer in einem anderen Konzernunternehmen eingesetzt wird, was hier eindeutig der Fall war.

 

 

Praxishinweis:

Aufgrund der einschränkenden Auslegung des Konzernprivilegs durch das BAG haben sich die Risiken bei konzerninternen Arbeitnehmerüberlassungen deutlich erhöht. Es empfiehlt sich, längerfristige Überlassungen an ein Konzernunternehmen zu vermeiden und zumindest eine zwischenzeitliche Beschäftigung auch im Stammhaus vorzunehmen. In Anbetracht der drohenden Rechtsfolgen (Bußgelder, Anstellungsverhältnis mit dem Entleiher) ist außerdem eine fachliche Beratung ratsam.

 

RA/StB Frank Moormann, Partner der PKF Fasselt Partnerschaft mbB, Braunschweig

 

BC4/2025

BC20250420

 

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