BFH Urt. v. 27.11.2024 – X R 1/23
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Die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene bellizistische Zeitenwende scheint nun auch im Steuerrecht Einzug zu halten. So wird in einem aktuellen BFH-Urteil von einer „Waffengleichheit [des Steuerpflichtigen] mit dem FA“ gesprochen. Die roten Roben der erhabenen BFH-Richter entsprechen dabei der Litzenfarbe der Artillerietruppe. Und die kennt bekanntlich weder Freund noch Feind, nur lohnende Ziele.
Praxis-Info!
Problemstellung
Ein Steuerpflichtiger ermittelte seinen Gewinn für das Jahr 2016 auf Basis des Betriebsvermögensvergleichs. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung wurde der Gewinn für das Jahr 2016 von rund 20.000 € auf rund 33.000 € angehoben. Der Kläger reichte dagegen Einspruch ein und legte zur Begründung eine geänderte Gewinnermittlung in Form einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG für 2016 sowie eine Übergangsgewinnermittlung auf den 1.1.2016 vor. Hieraus ergab sich ein Gewinn in Höhe von rund 21.000 €.
Das Finanzamt erkannte den Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht an. Der Steuerpflichtige habe sein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Gewinnermittlung mit Einrichtung der entsprechenden Buchführung ausgeübt und sei nach Eintritt der Bestandskraft der Bescheide nicht mehr berechtigt gewesen, die Wahl zu ändern.
Das erstinstanzliche Finanzgericht gab dem Kläger recht. Im Sinne einer „Waffengleichheit“ müsse dem Steuerpflichtigen das Recht zur Änderung der Gewinnermittlungsart eingeräumt werden, wenn das Finanzamt einen bestandskräftigen Bescheid zulässigerweise im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung ändere. Außerdem komme es so zu einer Gleichbehandlung mit Steuerbescheiden, welche unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen.
Lösung
Der BFH widerspricht in seinem Urteil der Auffassung des Finanzgerichts und des Steuerpflichtigen. Maßgeblich für die Ausübung des Wahlrechts der Gewinnermittlungsart ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. Durch konkludentes (schlüssiges) Handeln – also durch das Aufstellen einer Eröffnungsbilanz, die Einrichtung einer kaufmännischen Buchführung und die Abschlusserstellung auf Basis einer Bestandsaufnahme – gilt das Wahlrecht als ausgeübt. Ein Steuerpflichtiger ist dabei grundsätzlich für drei Wirtschaftsjahre an diese Wahl gebunden, es sei denn, es liegen im Einzelfall besondere Gründe für einen erneuten Wechsel der Gewinnermittlungsart vor.
Der BFH stellt klar, dass die schlichte Unkenntnis aller mit der Ausübung des Wahlrechts verbundenen steuerlichen Folgen nicht die Wirksamkeit der Wahl einer Gewinnermittlungsart beeinflusst. Ein Irrtum über die steuerlichen Folgen der Wahl berechtigt daher nicht zum Wechsel. |
Im Ausgangsfall hatten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht geändert. Der Wechsel diente einzig dazu, eine durch die steuerliche Außenprüfung verursachte Gewinnerhöhung zu neutralisieren, was als Wechselgrund nicht ausreicht. Die ursprünglichen Steuerbescheide waren daher rechtmäßig.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 3/2025
BC20250302