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Wegzugsbesteuerung auf Investmentfonds – Neuregelung im Jahressteuergesetz 2024

Prof. Dr. Christian Zwirner und Michael Vodermeier

 

Mit dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) ist die Besteuerung von Anteilen an Investmentfonds neu geregelt worden. In Anlehnung an § 6 AStG finden nun auch bei privat gehaltenen Anteilen an Investmentfonds sog. Wegzugstatbestände Anwendung. Diese waren bislang von der Wegzugsbesteuerung ausgenommen. Der Gesetzgeber hat nunmehr diese Lücke geschlossen, indem die stillen Reserven bei der Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland besteuert werden. Hiervon sind jedoch nicht alle Investitionen betroffen, da der Gesetzgeber Schwellenwerte für die Besteuerung eingeführt hat.

 


 

Praxis-Info!

Mit dem JStG 2024 erfolgten wesentliche Erweiterungen und Änderungen im Investmentsteuergesetz. Die Neuregelungen betreffen unter anderem die Wegzugsbesteuerung betreffend (Spezial-)Investmentanteile für unbeschränkt steuerpflichtige Privatanleger durch § 19 Abs. 3 InvStG und § 49 Abs. 5 InvStG.

Mit der Wegzugsbesteuerung sollen grundsätzlich nicht realisierte Erträge aus Vermögenswerten, sog. stille Reserven, bei einem Wegzug in das Ausland besteuert werden. Bislang wurden nur stille Reserven aus Anteilen an Betriebsvermögen, z.B. Anteile an Kapitalgesellschaften, besteuert. Stille Reserven in sonstigen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, z.B. privat gehaltene Anteile an Investmentfonds, wurden bislang nicht von den Regelungen der Wegzugsbesteuerung erfasst. Diese Lücke im Steuergesetz wurde nun für alle Wegzugstatbestände nach dem 31.12.2024 geschlossen.

Die Wegzugsbesteuerung von Investmentfonds umfasst zukünftig allerdings nicht alle Fondsinvestitionen, sondern nur diejenigen, die gewisse Schwellenwerte überschreiten. Der Gesetzgeber gibt hierbei für Investmentfonds vor, dass entweder eine Beteiligung in Höhe von mindestens 1% am Investmentfonds gehalten werden muss oder die Anschaffungskosten mindestens 500.000 € betragen müssen. Hierdurch sollen nur gewichtige Beteiligungen erfasst werden.

Bei Spezialinvestmentfonds gelten diese Schwellenwerte nicht. Dies begründet der Gesetzgeber durch den Charakter eines Spezialinvestmentfonds, welcher für institutionell spezielle Anleger und Anlegergruppen konzipiert ist.

Die Wegzugsbesteuerung wird analog zu den Wegzugstatbeständen des § 6 AStG ausgelöst, d.h., wenn der Wohnsitz oder die unbeschränkte Steuerpflicht im Inland aufgegeben wird. Dabei werden die stillen Reserven (unrealisierte Wertsteigerungen) ohne Zufluss in Form eines fiktiven Veräußerungsgewinns (sog. dry income tax) besteuert. Zudem gelten die aus dem AStG bekannten Rückkehrerregelungen, welche bei einem nur temporären Wegzug den Steueranspruch entfallen lassen. Auch ist die Möglichkeit der Stundung gegeben, damit die finanzielle Belastung durch die Steuerlast gemindert wird.

Die praktische Bedeutung der Neuregelungen des Investmentsteuergesetzes ist für Privatanleger nicht von der Hand zu weisen. Die Änderungen betreffen alle Investmentanteile des Privatvermögens. Darunter fallen unter anderem auch Aktienfonds, Wertpapieraktien und sog. Publikumsinvestmentfonds, zu denen auch die sehr beliebten ETF-Fonds gehören.

Für viele Steuerpflichtige, die bereits über größere Investments in Fonds verfügen, bringt die neue Regelung zusätzliche steuerliche Fallstricke mit sich, die häufig zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen können. Besonders für langfristige Investitionen, bei denen Investoren ihre Fondsanteile über Jahre gehalten haben und zukünftig ins Ausland ziehen wollen, kann die Veränderung zu einem steuerlichen Dilemma führen. Denn es entsteht in diesem Fall eine Steuerlast auf nicht realisierte Gewinne, die im Ausland nicht zwangsläufig durch eine Steuererleichterung gemildert wird. Eine potenzielle Lösung für diese Steuerpflichtigen könnte sein, ihre Fondsanteile vor dem Wegzug zu veräußern, um die Steuerpflicht zu vermeiden. Diese Option ist jedoch nicht für alle Investoren praktikabel, da sie häufig mit der Verwirklichung von Steuergewinnen verbunden ist, die nicht gewünscht ist.

Aktuelle Zweifel hinsichtlich der Europarechtskonformität können derzeit noch nicht bestätigt werden. Zudem bestehen in der Literatur Bedenken hinsichtlich der Wahl der Anschaffungskosten als Schwellenwert, anstatt des gemeinen Werts von Anteilen. In beiden Fällen ist eine entsprechende Rechtsprechung abzuwarten.

Die Ausweitung der Wegzugsbesteuerung auf Anteile an Investmentfonds durch das Jahressteuergesetz 2024 stellt einen bedeutenden Schritt in der Steuerpolitik dar und sorgt für eine deutlich strengere Besteuerung von Kapitalerträgen bei Wegzügen. Für betroffene Steuerpflichtige hat diese Änderung eine zusätzliche steuerliche Komplexität zur Folge, welche bei geplanten Wegzügen einkalkuliert werden muss.

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

WP/StB Michael Vodermeier, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 3/2025 

BC20250307

 

 

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