BFH Urt. v. 16.9.2024 – III R 35/22

Führt die Absicht, ein Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner technischen Nutzungsdauer zu veräußern, zu einer zwingenden Zuordnung zum Umlaufvermögen? Der BFH beantwortet diese Frage in seinem Urteil eindeutig.
Praxis-Info!
Problemstellung
Im Ausgangsfall investierte die Klägerin in mehrere Schiffscontainer, welche unter der Verwaltung des verkaufenden Unternehmens blieben. Der Verkäufer zahlte eine monatliche Miete für die Container und vereinbarte einen Rückkauf nach fünf Jahren. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Betrieb des Verkäufers stellte die Klägerin (die Käuferin) erstmals eine Bilanz auf, in der sie die Container dem Anlagevermögen zuordnete und neben der AfA auch eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von rund 43.000 € vornahm.
Aus Sicht von Finanzamt und erstinstanzlichem Finanzgericht waren die Container aufgrund der Veräußerungsabsicht nicht dem Anlage-, sondern dem Umlaufvermögen zuzuordnen. AfA und Teilwertabschreibung seien somit nicht zu berücksichtigen.
Lösung
Nach Auffassung des BFH hat das erstinstanzliche Finanzgericht den wesentlichen Sachverhalt nicht abschließend beurteilt, sodass der Fall zurückgewiesen wird. Ausdrücklich widerspricht der BFH dem Finanzgericht darin, dass die Container aufgrund der Weiterveräußerungsabsicht automatisch dem Umlaufvermögen zuzuordnen sind.
Das Anlagevermögen hat dem Unternehmen „dauernd“ zu dienen. Dauernd bedeutet dabei nicht „immer“ oder „für alle Zeiten“, sondern längerfristig. Es kommt dabei maßgeblich auf die Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im Betrieb an. Die Absicht, ein Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner technischen Nutzungsdauer zu veräußern, führt nicht zwingend zu einer Zuordnung zum Umlaufvermögen.
Zur Zweckbestimmung eines Wirtschaftsguts im Geschäftsbetrieb ist zu beachten: - Diese hängt zum einen subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen ab.
- Zum anderen müssen objektive Merkmale vorliegen (nachvollziehbar sein), z.B. die Art des Wirtschaftsguts sowie die Art und Dauer der Verwendung im Betrieb.
„Die Feststellung der dauernden betrieblichen Zweckbestimmung eines Wirtschaftsguts liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet“, so der BFH. |
Allerdings hat es das Finanzgericht unterlassen zu klären, ob tatsächlich das wirtschaftliche Eigentum an den Containern vom Verkäufer auf die Klägerin übergegangen ist. Das Finanzgericht hat darauf hingewiesen, dass der Übergang mangels Konkretisierung bzw. Existenz der Container möglicherweise gar nicht stattgefunden hat. Ohne Übergang des wirtschaftlichen Eigentums kann aber bei der Klägerin keine Bilanzierung der Container im Anlagevermögen erfolgen. Das Finanzgericht wird daher die Frage des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs abschließend klären müssen.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 1/2025
BC20250108