„Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.“ Diese universale Volksweisheit trifft auch auf die jüngste Erklärung der EU-Staats- und Regierungschefs nach ihrem Treffen am 8.11.2024 in Budapest zu, in welcher eine radikale Vereinfachung der Unternehmensberichtspflichten angekündigt wurde.
Praxis-Info!
Unter Punkt 4 der Budapester Erklärung wird die „Einleitung eines revolutionären Vereinfachungsprozesses, der für einen klaren, einfachen und intelligenten Regelungsrahmen für Unternehmen sorgt und den Verwaltungs-, Regulierungs- und Meldeaufwand, insbesondere für KMU, drastisch verringert“ gefordert. Im ersten Halbjahr 2025 sollen dazu konkrete Vorschläge vorgelegt werden, um die Berichtspflichten um mindestens 25% zu senken.
So weit, so nobel. Das Problem liegt darin, dass die meisten der großen Unternehmen in den letzten Jahren viele Ressourcen darauf verwendet haben, ein konformes Berichtswesen zu CSRD, CSDDD, EU-Taxonomie-Verordnung und weiteren Vorschriften einzurichten. Teilweise wurden hierzu sogar neue Stellen geschaffen. Eine Vereinfachung und ein Abbau – so begrüßenswert das Vorhaben auch ist – wird hier erst einmal zu weiterem Umstellungsaufwand führen. Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen soll der Kern der Vorschriften erhalten bleiben. Bei einer angestrebten Verringerung der Berichtspflichten um 25% wird dies aber nur durch eine Umstellung eines Großteils der Berichtsformate zu erreichen sein. Dies ist mit entsprechendem Beratungs-, Programmier- und Trainingsaufwand verbunden. Außerdem wird eine Umstellung der Berichtsformate einen Zeitreihenvergleich erschweren. Anstatt der angestrebten Entlastung wird also erst einmal ein erheblicher Mehraufwand auf die Unternehmen zukommen.
Wünschenswert wäre es, wenn sich die nationalen und europäischen Gesetzgeber vor der Einführung neuer Gesetze Gedanken um den damit verbundenen Bürokratieaufwand machen. Nachträgliche „Vereinfachungen“ – insbesondere kurze Zeit nach der eigentlichen Einführung – bewirken erst einmal das Gegenteil einer Entlastung für Unternehmen.
Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)
BC 12/2024
BC20241227