FG Hamburg Urt. v. 15.5.2024 – 2 K 76/22 (rkr.)
Bei einer Paletten-Förderanlage in einer 2-geschossigen Lagerhalle, in der bereits ein Lastenaufzug vorhanden ist, handelt es sich um eine Betriebsvorrichtung, deren Mitvermietung die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ausschließt.
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Problemstellung
Im Streitfall wurden drei miteinander verbundene Lagerhallen vermietet, von denen eine eingeschossig und zwei weitere Lagerhallen zweigeschossig sind. Die zweigeschossigen Lagerhallen verfügen sowohl über einen Lastenaufzug als auch über eine Paletten-Förderanlage. Die Paletten-Förderanlagen sind fest mit dem Hallenboden und dem rückwärtigen Mauerwerk verbunden und befinden sich direkt hinter dem jeweiligen Hallentor am Eingang der jeweiligen Lagerhalle für den Weitertransport von per Lkw angelieferten Paletten. Ein gesonderter Mietvertrag über die Paletten-Förderanlagen an die Mieterin besteht nicht.
Aufgrund der Mitvermietung der Paletten-Förderanlage nahm das Unternehmen (Vermieter) hierfür eine erweiterte Gewerbesteuerkürzung (gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG) vor. Begründung: Ohne die Mitvermietung der Paletten-Förderanlagen sei keine wirtschaftlich sinnvoll gestaltete Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung möglich. Die Paletten-Förderanlagen seien keine Betriebsvorrichtungen, sondern gewerbesteuerlich unschädliche Gebäudebestandteile. Die Paletten-Förderanlagen wären neben den vorhandenen Lastenaufzügen notwendig (z.B. während der Wartung und TÜV-Überprüfung der Lastenaufzüge). Sollten die Paletten-Förderanlagen dennoch als Betriebsvorrichtungen klassifiziert werden, seien diese fest mit dem Grund und Boden verbunden.
Das Finanzamt versagte die erweiterte Kürzung des Gewerbesteuerertrags. Dies sei bei mitvermieteten Paletten-Förderanlagen als Betriebsvorrichtungen ausgeschlossen. Die Mitvermietung der Paletten-Förderanlagen sei nicht zwingend notwendig im Sinne von „unentbehrlich“. Eine sinnvolle Verwaltung und Nutzung der betreffenden Lagerhallen wäre auch ohne die Paletten-Förderanlagen möglich (z.B. Lagerung von Waren).
Lösung
Das Finanzgericht schließt sich der Auffassung des Finanzamts an. Eine erweiterte Kürzung des Gewerbesteuerertrags ist bei mitvermieteten Paletten-Förderanlagen als Betriebsvorrichtungen unzulässig.
- Nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2% des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt (einfache Kürzung).
- Nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, zu gewähren (erweiterte Kürzung).
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Ziel der erweiterten Gewerbesteuerkürzung (gemäß § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG) ist u.a.: Die Erträge aus der Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz sollen von der Gewerbesteuer ausgenommen werden. Es wird eine Doppelbelastung mit Grundsteuer und Gewerbesteuer vermieden. |
Im Streitfall hat die Vermieterin nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet, sondern mit den Paletten-Förderanlagen Betriebsvorrichtungen vermietet. Die Paletten-Förderanlagen dienten unmittelbar dem ausgeübten Gewerbe der Mieterin (Einlagerung von Waren in erheblichem Umfang). Die Paletten-Förderanlagen stehen somit in einem besonderen Zusammenhang mit dem Warenumsatz der Mieterin und nicht nur mit der Gebäudebenutzung. Von untergeordneter Bedeutung ist, dass die Mieterin die Hallen auch als Vorratslager nutzt.
Zum Grundvermögen gehören u.a. der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile und/oder mit dem Grundstück fest verbunden sind. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden.
So haben beispielsweise Lastenaufzüge – anders als Personenaufzüge und Rolltreppen, die in einem mehrstöckigen Gebäude unbewegliche Treppen ersetzen – keine unmittelbare Gebäudefunktion, sondern eine betriebliche Funktion.
Die Mitüberlassung der Paletten-Förderanlagen ist nicht als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen. Eine Nutzung des Grundvermögens als Lagerhalle wäre auch ohne die Paletten-Förderanlagen ausschließlich über die vorhandenen Lastenaufzüge wirtschaftlich sinnvoll möglich. Dass die Lastenfahrstühle an 10 Tagen im Jahr ausfallen, steht dieser Beurteilung nicht entgegen (übliche planbare Ausfallzeiten). Bei Paletten-Förderanlagen, die neben Lastenaufzügen vorhanden sind, handelt es sich um sog. „Extraeinbauten“, die aufgrund der erhöhten Umschlagsmöglichkeiten den Mietwert (moderat) erhöhen.
[Anm. d. Red.]
BC 11/2024
BC20241122