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News & Beiträge

Rechtliche Schranken des KI-Einsatzes

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Handlungsbedarf aufgrund EU-VO

 

Mit einem am 30.8.2024 veröffentlichten Knowledge Paper („Wissenspapier“) zur kürzlich in Kraft getretenen EU-Verordnung über Künstliche Intelligenz (AI Act) erhalten Unternehmen, deren Berater und Wirtschaftsprüfende einen Überblick über die umfangreichen und tiefgreifenden Regelungen. Wer solche Normen als Verantwortlicher im Management missachtet oder auch nur geringschätzt, setzt sich unmittelbar erheblichen Haftungsgefahren aus.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Am 12.7.2024 wurde die Verordnung (EU) 2024/1689 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Diese KI-VO-EU ist am 2.8.2024 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt sind gestufte Umsetzungsfristen vorgesehen (6, 12, 24, 36 Monate), wobei im Grundsatz eine 24 Monate lange Umsetzungsfrist besteht. Ab dem 2.2.2025 gilt bereits das Verbot von KI-Systemen mit unannehmbarem Risiko.

Der AI Act stellt nach Einschätzung des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) einen entscheidenden Schritt in der Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf europäischer Ebene dar. Er verfolgt das Ziel, den Einsatz von KI-Systemen sicher und verantwortungsvoll zu gestalten, indem er klare Richtlinien und einen risikobasierten Ansatz einführt. Das IDW begrüßt die Initiative eines europäischen KI-Gesetzes: Klare Richtlinien sind essenziell, um die KI-Transformation sicher und verantwortungsvoll zu gestalten. Allerdings mahnt der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer an, dass der neue Rechtsrahmen nicht zu einem weiteren bürokratischen Hemmschuh für die Unternehmen werden dürfe.

 

 

Lösung

Das Knowledge Paper zeigt, welche KI-Systeme vom AI Act betroffen sind und ab welchem Zeitpunkt. Außerdem geht das Papier auf die praktischen Auswirkungen des AI Act auf Unternehmen und Wirtschaftsprüfer ein. Dabei wird auf die Bedeutung der Integration der neuen Anforderungen in bestehende Führungs- und Compliance-Strukturen hingewiesen. Für Wirtschaftsprüfer empfiehlt das Papier, die Vorgaben des AI Act in das Qualitätsmanagement der Praxis einzubinden. Dem steigenden Bedarf der Unternehmen nach standardisierten KI-Prüfungen könne die Wirtschaftsprüferbranche mithilfe des IDW Prüfungsstandards IDW PS 861 zur Prüfung von KI-Systemen nachkommen.

Zweck der Verordnung ist gemäß Hinweisen der Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Maha Steinfeld (PKF FASSELT Partnerschaft mbB, Duisburg) u.a. die Stärkung des gesamtgesellschaftlichen Vertrauens in KI. Zu diesem Zweck werden Compliance-Anforderungen an KI-Systeme gestellt, die umso strenger sind, je stärker Eingriffe in die Grundrechte drohen (= risikobasierter Ansatz). Für Unternehmen stellt sich vor allem die Frage, welche Anforderungen sie erfüllen müssen, wenn sie KI-Systeme entwickeln oder einsetzen. In der KI-Verordnung wird Folgendes festgelegt (vgl. Steinfeld, News vom 16.7.2024 unter www.pkf.de):

  1. harmonisierte Vorschriften für das Inverkehrbringen, die Inbetriebnahme und die Verwendung von KI-Systemen in der Union;
  2. Verbote bestimmter Praktiken im KI-Bereich;
  3. besondere Anforderungen an Hochrisiko-KI-Systeme und Pflichten für Akteure in Bezug auf solche Systeme;
  4. harmonisierte Transparenzvorschriften für bestimmte KI-Systeme;
  5. harmonisierte Vorschriften für das Inverkehrbringen von KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck;
  6. Vorschriften für die Marktbeobachtung sowie die Governance und Durchsetzung der Marktüberwachung;
  7. Maßnahmen zur Innovationsförderung mit besonderem Augenmerk auf KMU, einschließlich Start-up-Unternehmen.

 

 

Praxishinweise:

  • Die KI-VO umfasst neben ihren Regelungen in insgesamt 113 Artikeln weitere spezifische Vorschriften in 13 Anhängen. Es ist zudem vorgesehen, dass die EU-Kommission Leitlinien für die praktische Umsetzung der Verordnung erarbeitet. Das Knowledge Paper des IDW ist unter dem Titel „EU-Verordnung über künstliche Intelligenz“ unter https://www.idw.de/idw/medien/idw-knowledge-paper/ verfügbar.
  • Die IDW-Mahnung, bei der weiteren Umsetzung in Deutschland den Bürokratieaufwand im Blick zu behalten, dürfte auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) unterstützen. Die Verbandsvertreter hatten kurz zuvor einzelne Vorschläge zu Bürokratieabbau-Maßnahmen unter https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaftspolitik/gruendung-und-nachfolge-unternehmensfinanzierung/unternehmensgruendung/dihk-vorschlaege-zum-buerokratieabbau-bei-gruendungen-121070 präsentiert (siehe dazu den Beitrag des Verfassers im BC-Newsletter vom 22.8.2024).
  • Nach Ansicht des PwC-Experten Loitz ist KI in der Wirtschaftsprüfung kein „Hokuspokus”. Im Gegenteil wimmele es von sog. Use-Cases (Anwendungsbeispielen), an denen man sich eher orientieren sollte als an Visionen um KI, die den heutigen Hype prägen. Auch jenseits von Visionen verdeutlichen die von Loitz angeführten Beispiele für Anwendungen, auf was sich Wirtschaftsprüfer und andere Berufsgruppen einzustellen haben. So nennt Loitz die End-to-End-Erstellung der vielen Berichte und das Auslesen von Verträgen, z.B. für die Leasingbilanzierung. Obwohl die technische Rekonstruktion von Tabellen nicht trivial ist, sei dies heute mit KI gut möglich, und es spare erheblich Zeit, wenn die Prüfer die Zahlen nicht mehr abtippen müssen (so WP/StB/CPA Prof. Dr. Rüdiger Loitz, PwC-Partner in Düsseldorf, BB 2024, Editorial, Heft 36, I). Trainierte KI-Modelle ermöglichen es demnach, z.B. Gutachten (etwa im Pensionsbereich) zu erfassen, um sie End-to-End zu prüfen. Die Prüfung in komplexen Bereichen mit sehr vielen regulatorischen Vorgaben, z.B. bei den International Financial Reporting Standards (IFRS) und der Europäischen Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz: CSRD), lasse sich in erheblichem Maße mit KI unterstützen. Allein bei Compliance-Abgleichen, z.B. bei der Analyse der Anhangangaben, die bisher manuell durchgeführt wurden, können, so Loitz, pro Bericht zwei bis drei Tage eingespart werden.
  • Mit welcher Wucht die IT-Landschaften derzeit infolge des mit der KI verbundenen Wandels umgekrempelt werden und gerade erst eingeführte Data-Warehouse-Systeme schon bald zu sog. Open-Data-Lakehouse-Systemen (Data Lake = Datenspeicher) umgebaut werden müssen, war Berichtsgegenstand anlässlich des sog. Qunis Day 2024 (Qunis versteht sich als Data & Analytics Manufaktur), der am 6.9.2024 unter dem Motto „Make Data work“ durchgeführt wurde, mehr dazu im BC-Newsletter vom 12.9.2024 und unter https://qunisday.qunis.de/.

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 10/2024

BC20241002

 

 

 

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