Dr. Hans-Jürgen Hillmer
Effizienzgewinne mit Senkung hoher Emissionslasten
Viele Unternehmen unterschätzen ihre IT-bedingten Emissionen, da diese häufig schwer nachvollziehbar sind. Während der Schifffahrt ihre CO2-Emissionen immer häufiger zur Last gelegt werden, stehen IT-Verantwortliche kaum im Kreuzfeuer entsprechender Kritik – obwohl der Beitrag der IT ähnlich hoch anzusetzen ist. Gefordert wird deshalb, Nachhaltigkeit zu einem Bestandteil der IT-Strategie zu machen.
Praxis-Info!
Problemstellung
Nachhaltigkeit und der IT-Einsatz in Form von Künstlicher Intelligenz (KI) – zwei aktuell oft in einem Atemzug genannte Erfolgsfaktoren in der Unternehmensführung. Allerdings unterschätzen viele Unternehmen die CO2-Emissionen ihrer IT; dies ist ein Problem, das mit dem zunehmenden KI-Einsatz sehr rasch großflächig an Bedeutung gewinnen wird. Umso mehr Besorgnis muss es auslösen, wenn offenbar weniger als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland sich bisher ernsthaft mit dem Energiesparen bei Computern und Co. (Hard- und Software) beschäftigt. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag von Lufthansa Industry Solutions (LHIND) durchgeführte Umfrage unter mehr als 1.000 Arbeitnehmenden. Das erstaunt, weil die IT nach Angaben der Studien-Autoren bereits weltweit für ungefähr die gleiche Menge an CO2-Emissionen verantwortlich ist wie die Schifffahrt. Deshalb mahnt Kevin Haase, IT-Strategy Consultant bei LHIND und einer der Autoren der Studie, an, im Rahmen der Entwicklung einer wirksamen Nachhaltigkeitsstrategie auch auf eine erhöhte Effizienz der IT zu setzen. Er unterscheidet mit „Greening by IT“ und „Greening of IT“ zwei Konzepte: Während „Greening by IT“ den Einsatz von IT zur Verbesserung der Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen beschreibt, konzentriert sich „Greening of IT“ auf Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs innerhalb der IT selbst.
Lösung
Wie Unternehmen Nachhaltigkeit zu einem festen Bestandteil ihrer IT-Strategie machen können und mit welchen Quickwins ihre IT nicht nur grüner, sondern auch effizienter wird, zeigt das neue LHIND-Whitepaper „Greening of IT: Mehr Effizienz und weniger Emissionen“. Als konkrete Maßnahmen sind z.B. die Verlängerung der Nutzungsdauer von IT-Geräten oder der Einsatz von Refurbished-Hardware (überholter Hardware) in Betracht zu ziehen. Der Nachhaltigkeitsexperte Haase nennt als weitere sinnvolle Maßnahmen
- die Implementierung energieeffizienter Cloud-Lösungen,
- das ganz bewusste Teilen von IT-Ressourcen sowie
- die Förderung von Remote-Arbeit (Heimarbeit) als Mittel zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks.
„Für Cloud-Anwendungen reichen weniger leistungshungrige Endgeräte aus“, ergänzt Co-Autor Bernhard Kube, Chief Technology Officer (CTO) bei LHIND. Zwar habe auch eine Cloud-Lösung ihren eigenen CO2-Fußabdruck, doch in der Gesamtbetrachtung könne ein Unternehmen seine CO2-Bilanz mit Cloud-Architekturen oft verbessern. Nach Kube kommt es immer auf das konkrete Einsatzszenario an: „Auch durch die Art der IT-Architektur und des Anwendungsbetriebs können Unternehmen ihren CO2-Fußabdruck durch die Cloud senken.“
Zusätzlich hebt das LHIND-Whitepaper die Bedeutung der Datenerfassung und -analyse zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks hervor. Hierbei spielt die Einteilung der Emissionen in Scope 1, 2 und 3 (Scope = Geltungsbereich) eine wichtige Rolle. Besonders die Scope-3-Emissionen, die die gesamte Lieferkette umfassen, sind für die IT von großer Bedeutung, da die Produktion von Endgeräten häufig mehr Emissionen verursacht als deren Nutzung.
Allerdings spielt auch die Software eine große Rolle bei einer wirksamen Nachhaltigkeitsstrategie. Das Whitepaper zeigt, wie der Energieverbrauch mit ressourceneffizienter Softwareentwicklung und -architektur gesenkt werden kann. Maßnahmen wie eine effiziente Schnittstellengestaltung sowie die Wahl von Programmiersprachen und Frameworks (Rahmenprogrammen), die weniger Ressourcen benötigen, tragen hier maßgeblich zur Senkung des CO2-Ausstoßes bei.
Ein Beispiel ist die ressourcenoptimierte Programmierung, die oft auch als „Green Coding“ bezeichnet wird. Ein großer Hebel liegt hier bereits bei der Wahl der Programmiersprache und des Frameworks. Hierzu nennen die Whitepaper-Autoren die häufig verwendete Kombination der Programmiersprache Java mit dem Framework SpringBoot. Dazu gibt es zwar eine sehr umfangreiche Bibliothek, die komplexe, vorgefertigte Anwendungskomponenten zur Verfügung stellt. Sie haben aber den Nachteil, dass sie groß und schwerfällig sind. Das führt zu einem hohen Bedarf an Rechenkapazität. Alternativen wie „Go“, „Rust“ oder „Java Quarkus Native“ haben demgegenüber deutliche Vorteile bei Performance und Ressourcenbedarf. Konkret werden Einsparungspotenziale von über 90% beim benötigten Hauptspeicher und deutliche Einsparungen bei den Prozessoren für möglich gehalten.
Praxishinweise: - Darüber hinaus gibt das LHIND-Whitepaper viele weitere Informationen, die Unternehmen dabei unterstützen, ihre IT nachhaltig und effizient zu gestalten. Zwar werde über das „Greening of IT“ bereits seit vielen Jahren diskutiert, nun aber sei ein Bedeutungswandel zu verzeichnen: LHIND-CTO Bernhard Kube nennt seine Erfahrung: „Ging es anfangs vorwiegend um den Ressourcen- und Energieverbrauch, hat sich der Blick jetzt deutlich geweitet und umfasst die gesamte IT-Wertschöpfungskette inkl. der Ressourcen- und Kostenoptimierung in der Cloud.“
- Wenn Unternehmen, die ihre CO2-Emissionen reduzieren und effizienter mit Ressourcen umgehen müssen, dabei auch die IT in den Blick nehmen, dann ist das nicht nur eine Frage der ökologischen Verantwortung, sondern auch der ökonomischen Weitsicht. Das Whitepaper zeigt, wie Nachhaltigkeit fester Bestandteil der IT-Strategie wird und mit welchen Quickwins die IT nicht nur grüner, sondern auch effizienter werden kann.
- Kostenlos abrufbar ist das neue LHIND-Whitepaper „Greening of IT: Mehr Effizienz und weniger Emissionen“ unter https://www.lufthansa-industry-solutions.com/de-de/newsroom-downloads/news/neues-lhind-whitepaper-zeigt-den-weg-zu-einer-nachhaltigen-it-infrastruktur. Lufthansa Industry Solutions ist ein Dienstleistungsunternehmen für IT-Beratung und Systemintegration. Die Lufthansa-Tochter unterstützt ihre Kunden bei der digitalen Transformation. Die Kundenbasis umfasst sowohl Gesellschaften innerhalb des Lufthansa-Konzerns als auch mehr als 300 Unternehmen in unterschiedlichen Branchen.
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Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld
BC 8/2024
BC20240820