Dr. Hans-Jürgen Hillmer
BFH-Urteil vom 6.8.2013, VIII R 33/11
Die steuerrechtliche Berücksichtigung eines Mietverhältnisses zwischen Ehegatten setzt zunächst voraus, dass es nicht zum Schein abgeschlossen ist. Des Weiteren sind Mietverträge zwischen nahen Angehörigen in der Regel steuerlich nicht anzuerkennen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (sog. Fremdvergleich). Maßgebend für die Fremdüblichkeit ist dabei die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten.
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Problemstellung
Streitig waren Mietaufwendungen für Räume, welche die Ehefrau zur Erzielung gewerblicher Einkünfte für den Betrieb einer selbstständig ausgeübten Diät- und Ernährungsberatung in einem Haus ihres Ehemanns genutzt hat. Es war vereinbart worden, dass anstelle der Miete (Höhe damals: 900 DM) „bis auf Weiteres als Gegenwert die Nutzung des jeweiligen Geschäftswagens“ angesetzt werden sollte.
Das Finanzamt hatte die Mietaufwendungen für die Diät- und Ernährungsberatungspraxis aufgrund einer Außenprüfung nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt, weil das Mietverhältnis weder fremdüblich vereinbart noch eine betragsmäßige Ausgewogenheit von Nutzungsüberlassung und Kostenaufwand gegeben sei.
Nachdem die Klage vom Finanzgericht (in EFG 2012, S. 23, veröffentlichtes Urteil) als unbegründet abgewiesen worden war, machten die Kläger die Verletzung materiellen Rechts u.a. wie folgt geltend: Die in § 5 des Mietvertrags vereinbarte Überlassung des Geschäftswagens zur Nutzung anstelle der Miete (im Wege eines verkürzten Zahlungswegs) sei auch ohne konkrete Bezeichnung des Geschäftswagens kein Hindernis für die Anerkennung des vorgelegten Mietvertrags.
Lösung
Ob ein Vertrag zwischen nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen ist oder nicht, wird in erster Linie anhand eines Fremdvergleichs beurteilt (vgl. für Arbeitsverhältnisse mit Ehegatten zuletzt die im BC-Newsletter vom 31.10.2013 besprochene Entscheidung des BFH vom 17.7.2013, X R 31/12). Dies führte den BFH im Streitfall dazu, der ablehnenden Auffassung des Finanzgerichts (FG) beizupflichten und die behaupteten Mietaufwendungen wegen fehlender Fremdüblichkeit des Mietvertrags zwischen den Ehegatten nicht als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG anzuerkennen.
Denn auch wenn ein Mietverhältnis nicht nur zum Schein abgeschlossen wurde (§ 41 Abs. 2 AO), kommt es darauf an, ob die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (= Fremdvergleich). Nach ständiger BFH-Rechtsprechung ist als maßgebend für die Fremdüblichkeit die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten anzusehen und vom FG als Tatsacheninstanz zu prüfen. In dieser Hinsicht hat (nach Einschätzung des BFH) das FG ohne Rechtsfehler die Fremdüblichkeit des behaupteten Mietvertrags mit der fehlenden Klarheit und Eindeutigkeit der Mietzahlungsvereinbarung begründet.
Zwar kommen als Mietentgelte (im Sinne von § 21 EStG) neben Geldleistungen (Mietzins) auch Sachleistungen in Betracht, die der Nutzende als Gegenleistung an den Vermieter erbringt. Zudem betont der BFH, nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen schließe notwendigerweise die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Aber andererseits sind an den Nachweis eines ernsthaften Vertragsverhältnisses umso strengere Anforderungen zu stellen, je mehr die Umstände auf eine private Veranlassung hindeuten.
Diese letztlich den Streitfall (der auf selbstständige Bilanzbuchhalter, Unternehmensberater etc. leicht übertragbar ist) prägende private Veranlassung habe das FG zu Recht in der Mietentgeltvereinbarung in Form der Überlassung des „jeweiligen“ Geschäftswagens zur Nutzung gesehen. Nach Auffassung des BFH hätte sich kein fremder Dritter auf eine Regelung eingelassen, die – wie im Streitfall unstrittig war – keine Vereinbarungen hinsichtlich eines bestimmten Fahrzeugs, eines bestimmten Fahrzeugtyps oder einer bestimmten Fahrzeugklasse enthält. Auch das Fehlen einer Beschränkung des Nutzungsrechts auf die Person des Vermieters sowie fehlende Vereinbarungen über eine Kilometerbegrenzung und über Regelungen für einen Schadensfall habe das FG zu Recht als Zeichen einer nur unter nahen Angehörigen vorstellbaren und deshalb fremdunüblichen Vereinbarung angesehen.
Als weiteres Beweisanzeichen für eine private Veranlassung führte der BFH (wie schon zuvor das FG) das Missverhältnis zwischen den Aufwendungen der Klägerin für das (zur Nutzung überlassene) Fahrzeug und der geschuldeten Miete an. Denn die reinen Leasingkosten lagen immer deutlich über den geschuldeten Mietzahlungen (teilweise doppelt so hoch).
Mit der Berufung auf das zuletzt genannte Missverhältnis knüpft der BFH wiederum an die schon im Urteil vom 17.7.2013 (siehe oben) aufgezeigten Grenzen bei Übermaß an: Dieser Grundsatz kippt erst dann, wenn das Gleichwertigkeitsverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in einem solchen Ausmaß gestört ist, dass ein sog. Rechtsbindungswillen der Vertragsparteien zu verneinen wäre. Für die Praxis leitet sich daraus die klare Empfehlung ab, solche Missverhältnisse zu vermeiden. Insbesondere bei der Geltendmachung von Vertragsverhältnissen mit Angehörigen ist Augenmaß gefragt; weniger ist hier wie so oft mehr und gefährdet nicht den Ansatz an sich. Umgekehrt gilt aber: Es darf nicht an der notwendigen Vereinbarungstiefe mangeln; hier ist also eine nur rudimentäre (unzureichende, ansatzweise) Vertragsgestaltung tendenziell schädlich. Wer diese Grundsätze berücksichtigt, kann umso eher mit steuerlicher Anerkennung rechnen. Das betrifft sogar den im Streitfall gefahrenen Porsche-Pkw, der von der Klägerin im Rahmen ihrer selbstständig betriebenen Heilpraktikerpraxis (ausgeübt neben der Diät- und Ernährungsberatung) als Betriebsvermögen angesetzt worden war. Ob ein(e) Heilpraktiker/in (oder z.B. auch ein(e) Bilanzbuchhalter/in) sich dienstlich mit einem Fahrrad oder mit einem Sportwagen bewegt, ist zunächst einmal steuerrechtlich unerheblich und insbesondere auch dem Ermessen der Finanzbehörden nur sehr begrenzt unterworfen. Allerdings setzt die Wahl der Sportwagen-Variante dann umso mehr voraus, sich bei dem zu vermeidenden Anschein der privaten Veranlassung nicht in Konflikt mit bekanntermaßen eher streng gehandhabten Anforderungen – wie denen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch – zu begeben. Fehlen solche ordnungsgemäßen Angaben (wie im Streitfall), besteht – dies betont der BFH abschließend ohne Wenn und Aber – keinerlei Raum für eine freie Schätzung des Anteils der Privatnutzung.
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Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 11/2014
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