Mit dem „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts“ vom 20.2.2013 (BGBl. I 2013, S. 285, BStBl. I 2013, S. 188) haben sich Änderungen zu den Entfernungspauschalen ergeben.
Zentraler Punkt der ab 1.1.2014 in Kraft tretenden Neuregelungen ist die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte, die an die Stelle der regelmäßigen Arbeitsstätte tritt (siehe ausführlich BMF-Schreiben vom 30.9.2013, IV C 5 – S 2353/13/10004). Aus diesem Grund wird künftig nicht mehr von der „Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte“, sondern von der „Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte“ gesprochen.
„Tätigkeitsstätte“ ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung. Fahrzeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Tätigkeitsgebiete ohne ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind keine Tätigkeitsstätten in diesem Sinne. Das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers ist – wie auch schon bisher – keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten und kann daher auch keine erste Tätigkeitsstätte sein. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer einen oder mehrere Arbeitsräume anmietet, die der Wohnung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. |
Die Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € für jeden vollen Entfernungskilometer ist grundsätzlich unabhängig vom Verkehrsmittel zu gewähren – auch bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Dabei kommt es nicht auf die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen an. Im Folgenden werden die wesentlichen Neuerungen bei der Entfernungspauschale in komprimierter Form wiedergegeben.
1. Fahrten zwischen Wohnung und einem sog. „Sammelpunkt“
Für Fahrten zwischen Wohnung und einem sog. „Sammelpunkt“ gelten die Regelungen der Entfernungspauschale entsprechend. Im Klartext: Liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor und bestimmt der Arbeitgeber durch arbeits-/dienstrechtliche Festlegung, dass der Arbeitnehmer sich dauerhaft typischerweise arbeitstäglich an einem festgelegten Ort, der die Kriterien für eine erste Tätigkeitsstätte nicht erfüllt, einfinden soll (Sammelpunkt), um von dort seine unterschiedlichen eigentlichen Einsatzorte aufzusuchen oder von dort seine berufliche Tätigkeit aufzunehmen (z.B. Treffpunkt für einen betrieblichen Sammeltransport, Busdepot, Fährhafen, Liegeplatz des Schiffes, Flughafen), werden die Fahrten des Arbeitnehmers von der Wohnung zu diesem vom Arbeitgeber festgelegten Ort „wie“ Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt; für diese Fahrten darf nur die Entfernungspauschale angesetzt werden.
Ein steuerfreier Arbeitgeberersatz der Fahrtkosten in Höhe der Entfernungspauschale kommt nicht in Betracht; allerdings kann ein entsprechender Arbeitgeberersatz mit 15% pauschal besteuert werden. Bei einer Firmenwagengestellung durch den Arbeitgeber ist auch für diese Fahrten ein geldwerter Vorteil nach der 0,03%-Bruttolistenpreisregelung oder der Fahrtenbuchmethode anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG). |
2. Fahrten zwischen Wohnung und dem nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“
Für Fahrten zwischen Wohnung und dem nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ gelten die Regelungen der Entfernungspauschale gleichermaßen entsprechend. Das heißt: Soll der Arbeitnehmer aufgrund der Weisungen des Arbeitgebers seine berufliche Tätigkeit typischerweise arbeitstäglich in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet ausüben (z.B. bei Hafenarbeitern, Schornsteinfegern, Forstarbeitern oder Briefzustellern), findet für die Fahrten von der Wohnung zu diesem weiträumigen Tätigkeitsgebiet ebenfalls die Entfernungspauschale Anwendung.
Wird das weiträumige Tätigkeitsgebiet immer von verschiedenen Zugängen aus betreten oder befahren, ist die Entfernungspauschale aus Vereinfachungsgründen bei diesen Fahrten nur für die kürzeste Entfernung von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang des weiträumigen Arbeitsgebietes anzuwenden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).
Hinweis: Ein steuerfreier Arbeitgeberersatz der Fahrtkosten von der Wohnung zum weiträumigen Arbeitsgebiet in Höhe der Entfernungspauschale kommt ebenfalls nicht in Betracht; allerdings kann ein entsprechender Arbeitgeberersatz mit 15% pauschal besteuert werden. Bei einer Firmenwagengestellung durch den Arbeitgeber ist auch für diese Fahrten ein geldwerter Vorteil nach der 0,03%-Bruttolistenpreisregelung oder der Fahrtenbuchmethode anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EStG). |
3. Mehrere Dienstverhältnisse
Bei Arbeitnehmern, die in mehreren Dienstverhältnissen stehen und die zu mehreren auseinanderliegenden ersten Tätigkeitsstätten von ihrer Wohnung aus fahren, ist die Entfernungspauschale für jeden Weg zur ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen, wenn der Arbeitnehmer am Tag zwischenzeitlich in die Wohnung zurückkehrt. Die Einschränkung, dass täglich nur eine Fahrt zu berücksichtigen ist, gilt nur für den Fall einer, nicht aber für den Fall mehrerer erster Tätigkeitsstätten.
Werden hingegen täglich mehrere erste Tätigkeitsstätten – aufgrund mehrerer Dienstverhältnisse – ohne Rückkehr zur Wohnung nacheinander angefahren, so ist für die Entfernungsermittlung der Weg zur zuerst aufgesuchten ersten Tätigkeitsstätte als Umwegstrecke zur nächsten ersten Tätigkeitsstätte zu berücksichtigen; die für die Ermittlung der Entfernungspauschale anzusetzende Entfernung darf höchstens die Hälfte der Gesamtstrecke betragen.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer fährt an 220 Tagen vormittags von seiner Wohnung A zur ersten Tätigkeitsstätte B, nachmittags weiter zur ersten Tätigkeitsstätte C und abends zur Wohnung in A zurück. Die Entfernungen betragen - zwischen A und B 30 km,
- zwischen B und C 40 km und
- zwischen C und A 50 km.
Behandlung: Die Gesamtentfernung beträgt 30 + 40 + 50 km = 120 km, die Entfernung zwischen der Wohnung und den beiden ersten Tätigkeitsstätten 30 + 50 km = 80 km. Da dies mehr als die Hälfte der Gesamtentfernung ist, sind (120 km : 2) = 60 km für die Ermittlung der Entfernungspauschale anzusetzen. Die Entfernungspauschale beträgt 3.960 € (220 Tage x 60 km x 0,30 €). |
a) Allgemeines
Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer
– für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder für Fahrten zum nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG) sowie
– für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlte Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Fahrten zum nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG)
pauschal mit 15% erheben, soweit diese 0,30 € pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie den Höchstbetrag von 4.500 € im Kalenderjahr nicht übersteigen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zum Ansatz der Werbungskosten des Arbeitnehmers). Ausgenommen hiervon sind behinderte Menschen, die (gemäß § 9 Abs. 2 EStG) die tatsächlichen Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten ansetzen können. Ausschlaggebend für die Höhe des pauschalierbaren Betrags ist demnach der Betrag, den der Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder für die Fahrten zum nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ als Werbungskosten geltend machen kann.
b) Höhe der pauschalierbaren Sachbezüge und Zuschüsse
Bei ausschließlicher Benutzung eines eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftwagens ist die Höhe der pauschalierungsfähigen Sachbezüge und Zuschüsse des Arbeitgebers auf die Höhe der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale von 0,30 € beschränkt, allerdings ohne Begrenzung auf den Höchstbetrag von 4.500 €. Aus Vereinfachungsgründen kann davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG erfolgen.
Anderes gilt bei ausschließlicher Benutzung eines Motorrads, Motorrollers, Mopeds oder Mofas: In diesem Fall sind die pauschalierbaren Sachbezüge und Zuschüsse des Arbeitgebers auf die Höhe der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte 0,30 €) als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale, begrenzt auf den Höchstbetrag von 4.500 €, beschränkt. Aus Vereinfachungsgründen kann hier ebenfalls davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten zum nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ erfolgen.
– Bei ausschließlicher Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel,
– bei entgeltlicher Sammelbeförderung,
– für Flugstrecken sowie
– bei behinderten Menschen
ist eine Pauschalierung der Sachbezüge und Zuschüsse in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG) für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten zum nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ zulässig.
Bei der Benutzung verschiedener Verkehrsmittel (insbesondere sog. Park & Ride-Fälle) ist die Höhe der pauschalierbaren Sachbezüge und Zuschüsse des Arbeitgebers auf die Höhe der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG als Werbungskosten abziehbaren Entfernungspauschale beschränkt (für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte 0,30 €). Eine Pauschalierung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel kommt erst dann in Betracht, wenn diese die insgesamt im Kalenderjahr anzusetzende Entfernungspauschale, ggf. begrenzt auf den Höchstbetrag von 4.500 €, übersteigen. Aus Vereinfachungsgründen kann auch in diesen Fällen davon ausgegangen werden, dass monatlich an 15 Arbeitstagen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder Fahrten zum nächstgelegenen Zugang eines „weiträumigen Tätigkeitsgebiets“ erfolgen.
In Park & Ride-Fällen sind die tatsächlichen Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel auch dann anzusetzen, wenn sie die Entfernungspauschale, welche sich für diese Teilstrecke ergibt, übersteigen. Für die Teilstrecke Pkw ist hingegen die Entfernungspauschale maßgebend. |
Beispiel zu einem Park & Ride-Fall: Ein Arbeitnehmer fährt an 220 Arbeitstagen im Jahr mit dem eigenen Pkw 25 km zu einer verkehrsgünstig gelegenen Straßenbahnhaltestelle und von dort aus noch 5 km mit der Straßenbahn zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte. Die kürzeste maßgebende Straßenverbindung beträgt 29 km. Die Monatskarte für die Straßenbahn kostet 44 € (44 € × 12 Monate = 528 €). Teilstrecke Pkw: 220 Arbeitstage × 25 km × 0,30 € = 1.650,– € Teilstrecke Straßenbahn: 220 Arbeitstage × 4 km × 0,30 € = 264,– € Tatsächliche Aufwendungen (44 € × 12 Monate) = 528,– € Anzusetzen sind die höheren tatsächlichen Aufwendungen 528,– € Werbungskosten insgesamt 2.178,– € |
[Anm. d. Red.]
BC 12/2013
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