FG Niedersachsen Urt. v. 9.5.2023 – 2 K 202/22 (Revision eingelegt, Az. BFH: X R 16/23)
Der Gewinn im Sinne der Gewinngrenze gemäß § 7g Abs. 1 S. 2 EStG ist nicht allein der Steuerbilanzgewinn, sondern beinhaltet auch außerbilanzielle Korrekturen wie die Hinzurechnung des Gewerbesteueraufwands nach § 4 Abs. 5b EStG.
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Problemstellung
Der Inhaber eines Gewerbebetriebs erzielte diverse Einkünfte (u.a. aus Vermietung und Verpachtung, Land- und Forstwirtschaft, selbständiger Arbeit). Für die Anschaffung eines Radladers sowie eines Mobilbaggers im Frühjahr 2021 (voraussichtliche Anschaffungskosten ca. 92.000 €) wurde ein Investitionsabzugsbetrag gebildet. Nach Berücksichtigung der Hinzurechnung der Gewerbesteuer (gemäß § 4 Abs. 5b EStG) in Höhe von 25.722 € ergab sich für das Veranlagungsjahr 2020 ein Gewinn von 215.543,39 €.
Nach Einschätzung des Finanzamts könne der Investitionsabzugsbetrag nicht berücksichtigt werden. Begründung: Der steuerliche Gewinn – bereinigt um die Zu- und Abrechnungen nach § 7g EStG – betrage mehr als 200.000 €.
Dem widersprach der Betriebsinhaber. Für die Berechnung der Betriebsgrößengrenze nach § 7g EStG sei nur auf den Steuerbilanzgewinn abzustellen, der lediglich 189.821,39 € betrage (215.543,39 € ./. 25.722 €). Somit sei die steuerschädliche Gewinngrenze von 200.000 € nicht überschritten.
Lösung
Das Finanzgericht folgt der Auffassung des Finanzamts. Demnach kann der Investitionsabzugsbetrag nicht in Anspruch genommen werden, weil der Gewinn des Betriebs des Inhabers im Jahr des Abzugs die Gewinngrenze nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG von 200.000 € überschritten hatte.
Voraussetzungen für die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags Nach § 7g EStG können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten (bis zum Veranlagungsjahr 2019 noch 40%) gewinnmindernd abziehen (Investitionsabzugsbetrag). Der Investitionsabzugsbetrag kann – neben weiteren Voraussetzungen nach § 7g Abs. 1 S. 2 EStG – nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige seinen Gewinn nach § 4 EStG oder § 5 EStG ermittelt und der Gewinn im Wirtschaftsjahr, in dem die Abzüge vorgenommen werden sollen – ohne Berücksichtigung der Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG und der Hinzurechnungen nach § 7g Abs. 2 EStG –, 200.000 € nicht überschreitet. |
In der Literatur und von der Finanzverwaltung werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, wie der nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG entscheidungserhebliche Gewinn zu ermitteln ist:
- Die Finanzverwaltung verlangt, außerbilanzielle Korrekturen der Steuerbilanz sowie Hinzu- und Abrechnungen bei der Einnahmen-Überschussrechnung zu berücksichtigen (BMF 15.6.2022, BStBl. I 2022, 945, Rz. 13). Es dürfe nicht allein der steuerbilanzielle Gewinn herangezogen werden.
- Teile des Fachschrifttums stellen hingegen allein auf den steuerbilanziellen Gewinn ab (keine Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen und Kürzungen). Maßgeblich sei nur der Gewinn, der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der jeweiligen Rechnungsperiode abbilde. Unter Beachtung des Folgerichtigkeitsgebots lasse dies nur den Schluss zu, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers das durch die jeweilige Gewinnermittlungsmethode gewonnene Ergebnis für die Bestimmung des Grenzwerts maßgeblich sein solle.
Das Finanzgericht folgt der Auffassung der Finanzverwaltung. Begründung: Nach dem Wortlaut der Norm ist der nach § 4 EStG oder § 5 EStG ermittelte Gewinn für die Einhaltung der Gewinngrenze von 200.000 € entscheidend (keine Beschränkung auf den Gewinn nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG). Bezug genommen wird auf die gesamte Vorschrift des § 4 EStG, also einschließlich der außerbilanziellen Korrekturen nach § 4 Abs. 5 und Abs. 5b EStG.
[Anm. d. Red.]
BC 4/2024
BC20240408