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Firmenwagen: Nachträglicher Einbau der Sonderausstattung erhöht nicht den geldwerten Vorteil

Jürgen Plenker

BFH-Urteil vom 13.10.2010, VI R 12/09

 

Der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in einen auch zur Privatnutzung überlassenen Firmenwagen ist nicht als Sonderausstattung in den Bruttolistenpreis einzubeziehen und führt somit nicht zu einem höheren geldwerten Vorteil.

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen Firmenwagen, der auch privat genutzt werden kann, ist der geldwerte Vorteil – vorbehaltlich der Anwendung der Fahrtenbuchmethode – mit monatlich 1% des Listenpreises im Zeitpunkt der Erstausstattung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG).

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber – ein Unternehmen, das Flüssiggas vertreibt – seinen Außendienstmitarbeitern Firmenfahrzeuge zur Verfügung gestellt, die auch privat genutzt werden konnten. Die Fahrzeuge wurden geleast und in zeitlicher Nähe nach der Auslieferung für den Betrieb mit Flüssiggas umgerüstet. Die Leasinggebühren und alle weiteren Aufwendungen für die Fahrzeuge (einschließlich des Umbaus) wurden vom Arbeitgeber getragen. Der Umbau der Fahrzeuge war Bestandteil diverser Werbeaktionen des Arbeitgebers. Die auf den Gasbetrieb umgerüsteten Fahrzeuge erhielten entsprechende Werbeaufkleber, mit denen auf das Autogasgeschäft des Arbeitgebers aufmerksam gemacht wurde.

Im Gegensatz zum Arbeitgeber behandelte das Finanzamt die Umrüstungskosten des Arbeitgebers als Sonderausstattung. Dies führte zwangsläufig zu einer höheren Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Brutto-Listenpreisregelung. Als Folge erließ das Finanzamt gegenüber dem Arbeitgeber einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.

 

Lösung

Der BFH hat dem Arbeitgeber recht gegeben und den Nachforderungsbescheid aufgehoben. Die Firmenfahrzeuge des Arbeitgebers seien im Zeitpunkt der Erstzulassung nicht werkseitig mit einer Flüssiggasanlage ausgestattet gewesen. Daher seien die Kosten für den nachträglichen Einbau der Anlage auch nicht als Sonderausstattung in die Bemessungsgrundlage der 1%-Brutto-Listenpreisregelung einzubeziehen. Die Bemessungsgrundlage der 1%-Brutto-Listenpreisregelung sei stets bezogen auf den Zeitpunkt der Erstzulassung nach dem inländischen Bruttolistenpreis zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer zu ermitteln.

 

Praxishinweise:

  • Der Auffassung der Finanzverwaltung in R 8.1 Abs. 9 Nr. 1 Satz 6 LStR, wonach auch die Kosten für nachträglich eingebaute Sonderaustattungen zu berücksichtigen sind, hat der BFH damit eine eindeutige Absage erteilt. Neben der hier vorgenommenen nachträglichen Umrüstung des Fahrzeugs für den Betrieb mit Flüssiggas gehören zur Sonderausstattung eines Firmenwagens u.a. Navigationsgeräte, Diebstahlsicherungssysteme und Klimaanlagen. Die bei einem nachträglichen Einbau anfallenden Kosten bleiben bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Bruttolistenpreisregelung ebenfalls unberücksichtigt.
  • Unerheblich war im Streitfall, dass die Fahrzeuge in zeitlicher Nähe zur Auslieferung für den Betrieb mit Flüssiggas umgerüstet wurden. Eine Sonderausstattung, die zur Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Brutto-Listenpreisregelung führt, liegt nach Ansicht des BFH ausschließlich dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig im Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist. Diese Sonderaustattungen erhöhen nach wie vor mit den sich aus der Preisliste des Herstellers ergebenden Werten den Bruttolistenpreis.
  • Mit dem nach der 1%-Brutto-Listenpreisregelung ermittelten geldwerten Vorteil sind zudem sämtliche geldwerten Vorteile abgegolten, die sich aus der Möglichkeit einer privaten Nutzung des Firmenwagens ergeben können. Unselbständige Ausstattungsmerkmale – wie im Streitfall die Flüssiggasanlage – sind nicht getrennt/gesondert zu bewerten.
  • Bei reimportierten Fahrzeugen, die mit zusätzlichen Sonderausstattungen versehen sind, die sich nicht im inländischen Listenpreis niedergeschlagen haben, ist der Wert der Sonderausstattung zusätzlich zu berücksichtigen. Soweit das reimportierte Fahrzeug geringwertiger ausgestattet ist, ist der Wert der Minderausstattung durch einen Vergleich mit einem adäquaten inländischen Fahrzeug angemessen zu berücksichtigen. Auch hier ist unter Zugrundelegung der oben angeführten Rechtsprechung des BFH für die Frage, ob Sonderausstattungen einzubeziehen sind oder nicht, der Zeitpunkt der Erstzulassung maßgebend.
  • Durch das Abstellen auf den Zeitpunkt der Erstzulassung brauchte der BFH nicht zu entscheiden, ob der Einbau der Flüssiggasanlage in die Firmenfahrzeuge des Arbeitgebers – wegen des Vertriebs von Flüssiggas und des somit durch die Aufkleber beabsichtigten Werbeeffekts – möglicherweise ausschließlich eigenbetrieblichen Interessen des Arbeitgebers diente.

 

Dipl.-Finanzwirt Jürgen Plenker

 

BC 3/2011 

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