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Abzug von finalen ausländischen Betriebstättenverlusten

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 5.2.2014, I R 48/11

 

Der Abzug sog. „finaler“ ausländischer Betriebstättenverluste stellt einen regelmäßigen Streitpunkt zwischen Unternehmen und dem Finanzamt dar. In den meisten Fällen entscheiden die Finanzgerichte dabei zugunsten des Steuerpflichtigen. So auch der BFH in seinem am 23.4.2014 veröffentlichten Urteil.

 

 

Praxis-Info!

 

 Problemstellung

Eine deutsche GmbH unterhielt eine Betriebstätte in Belgien. Nach Jahren der Verluste wurde die Betriebstätte an eine belgische Kapitalgesellschaft verkauft, deren alleinige Gesellschafter ebenfalls Gesellschafter der deutschen GmbH waren. Die aufgelaufenen Verluste der belgischen Betriebstätte wurden als finale ausländische Betriebstättenverluste berücksichtigt.

Das Finanzamt widersprach dem Abzug der Verluste, unterlag jedoch vor dem erstinstanzlichen Finanzgericht Niedersachsen. Finanzamt und Bundesfinanzministerium (BMF) sind anschließend in die Revision gegangen.

 

 

Hinweis:

Steuerzeitraum für den Ausgangsfall ist das Wirtschaftsjahr 1998/1999. Auf eine Darstellung der BFH-Ausführungen zum EStG 1997 wird nachfolgend verzichtet, da dieses für einen Großteil der Steuerpflichtigen nicht mehr relevant sein dürfte.

 

Lösung

Der BFH hat in seiner Urteilsbegründung die Revision von Finanzamt und BMF verworfen. Folgende zentrale Argumente werden dabei angeführt:

  • Betriebstättengewinne sind regelmäßig – ebenso wie Betriebstättenverluste – aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen.
  • Allerdings sind aufgrund der unionsrechtlich verbürgten Niederlassungsfreiheit sog. „finale Betriebstättenverluste“, also solche Verluste, die im Belegenheitsstaat der Betriebstätte definitiv nicht mehr verwendet werden können, ausnahmsweise abzugsfähig.
  • Das von Finanzamt und BMF angeführte Argument, die allein nach belgischem Steuerrecht rechtlich bestehende abstrakte Möglichkeit der künftigen Verlustnutzung schließe die „Finalität der Verluste” aus, ist aus Sicht des BFH falsch. Allein die Tatsache, dass eine solche Möglichkeit theoretisch vorkommt, reicht nicht aus, um die Finalität abzusprechen. Vielmehr muss auch ein Bezug zu den tatsächlichen Gegebenheiten existieren. Das heißt: Es müssen Anzeichen vorhanden sein, die eine spätere Nutzungsmöglichkeit der Verluste als wahrscheinlich erscheinen lassen. Im Ausgangsfall ist dies seit dem Wirtschaftsjahr 1998/1999 nicht der Fall, was ebenfalls zu berücksichtigen ist.
  • Die weitere von Finanzamt und BMF vorgebrachte Begründung, die Veräußerung der Betriebstätte sei willentlich oder freiwillig erfolgt, um finale Verluste zu erzeugen, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Der Verkauf der Betriebstätte an ein konzernverbundenes Unternehmen stellt alleine keine ausreichende Begründung für die erhobene Anschuldigung dar. Weitere Argumente in dieser Sache wurden nicht vorgetragen. Der BFH gibt auch zu bedenken, dass die GmbH im Jahr 1999 wohl kaum die spätere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu diesem Thema vorwegnehmen konnte. Somit scheidet eine missbräuchliche Gestaltung aus.

 

 

Praxishinweis:

Trotz mehrerer Urteile des EuGH zum Thema „ausländische Betriebstättenverluste“ ist der Begriff „finaler Verlust” noch nicht auf EuGH-Ebene konkretisiert. Der BFH hat hierzu bereits seine Rechtsauffassung gebildet, die auch in diesem Urteil zum Ausdruck kommt. Allerdings kann es hierbei durch einen abschließenden Beschluss des EuGH noch zu Veränderungen kommen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 5/2014

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